Читать книгу Die Offenbarung des Johannes - ein wunderbares Erwachen aus unserem Albtraum - Wolfgang Wassermann - Страница 25
Der Thron Gottes und seine Umgebung; 4:1-8
ОглавлениеEs ist gut sich an die Art zu gewöhnen, wie das Verborgene, das Heilige, wenn es sich in der Welt manifestiert, schon gleich eine Distanz zu der Welt hier hat. Es lässt nicht zu, dass man das Heilige einfach auf das Reale überträgt sowie umgekehrt und sagt: Das ist hier so. Oft denkt man auch, dass man `innen´ die Menschen sehen werde; auch das ist schon wahr. Missverständlich wäre auch, wenn man sagt, dass das Innere etwas wäre, was überhaupt nicht dargestellt werden kann. Die Bibel – glaub ich – stellt das Innere des Menschen dar, beschreibt es. Wenn wir uns gewöhnen, dass es nicht zeitlich ist, sondern von der Quelle aus der wir leben sich unser Leben darstellt, die wir auch sind, die wir dann `das Innere´ nennen, dann könnten wir zur Bibel eine neue, die wirkliche Art der Beziehung bekommen.
Dennoch gibt es immer das Gefühl: |›Das war so, Tumulte, Kriege, grausame Rache‹| … Im Inneren, im Ewigen ist Rache etwas anderes als im Zeitlichen. Rache heißt recht machen (hebräisch ‹neqamah›), bedeutet wieder aufrichten, was gefallen ist! Es ist also niemals mit den Maßstäben der Aufregung gemessen. Mit den Pferden, die wir immer wieder sehen – dort ist es niemals da, das Aufrichten. Es könnte einmal geschehen, wenn wir uns dem Text der Bibel zuwenden, dass es einmal sanft ist, was `Tod´ bedeutet: Es ist gewandelt, eine Metamorphose, das Selbst bleibt. |›Aber nicht so hier, bei uns; natur-gesetzlich tot ist tot‹| – während in der Bibel diese Art der Wirklichkeit nicht mehr sein wird. Wer jetzt getötet ist, ist gewandelt in einem anderen Leben.
Das Wort Leben und Sein haben sehr nahe etymologische, sprachliche Beziehungen. Man spürt: Leben kann nicht vernichtet werden. Es kann in einer Erscheinung verschwinden und muss dann in einer anderen Erscheinung wieder da sein. Es mag sein, dass die Erscheinung sich sehr mit den Dingen hier abgab und nur Sehnsucht hatte, hier zu herrschen, hier Macht zu haben, hier zaubern zu können. Wenn das Leben sich nach mehr Machbarkeit sehnt, es mag sein, dass das Leben dann in die Unterwelt, in die Hölle geht. Hölle, hebräisch ‹scheol›, bedeutet: Fragen, wovon wir annehmen, dass es eigentlich keine Antwort gibt. Hineingehen in Verzweiflung, in Sinnloses, die Fragen weiß ich in mir, sie haben keine Antworten. Das ist auch eine Metamorphose. Es kann jedoch eine Wandlung sein im aufsteigenden Sinne, dass es leichter wird, die Metamorphose zeigt uns dann: Es ist nicht so schwer, wie wir hier denken, es ist schon alles leicht, relativiert, aufsteigend. Das sind also Metamorphosen, die immer sich sehnen nach dem ewigen Sein. Weil wir die Bibel immer gemessen haben nach den Maßstäben der Zeit, sind wir fast unfähig die Bibel zu verstehen. Wie oft sehen wir, dass in der Bibel steht: Der Mann, der herrscht, die Frau soll nicht reden – als ob die Bibel es für h i e r sagen würde. Es gilt im Ewigen: Wir sind das Weibliche, das Erscheinende – wir urteilen meist nach dem Sichtbaren, dem Erscheinenden (AdV), aber das ist hohl; das Innere, das Männliche, das Nicht-Sichtbare, ist wahr, von dort kommt die Frucht, der Sinn des Ganzen. Wenn man das nicht kennt, dann ist man hart, auch mit den Grenzen von Israel. Land Gottes ist die ganze Welt! Sonst ist das Blasphemie, Sünde wider den Heiligen Geist, ein Konsequenzen ziehen aus dem Heiligen ins Profane. Das Heilige ergießt sich schon ins Profane, es befruchtet das Profane im Verhalten; o h n e dass wir es wissen, geschieht es so.
4:1-8 Danach sah ich und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel und die erste Stimme, die ich mit mir hatte reden hören wie eine Posaune, die sprach: Steig herauf, ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll. Alsbald kam der Geist über mich und siehe ein Thron war gesetzt über den Himmel und der da saß war anzusehen wie Jaspis und Sarder; und ein Regenbogen war um den Thron, anzusehen wie Smaragd. Um den Thron waren 24 Throne und auf den Thronen saßen 24 Älteste, mit weißen Kleidern angetan und hatten auf ihren Häuptern goldene Kronen. Und von dem Thron gingen aus Blitze, Stimmen und Donner; und 7 Fackeln mit Feuer brannten vor dem Thron, das sind die 7 Geister Gottes. Und vor dem Thron war es wie ein gläsernes Meer104 und in der Mitte am Thron und auf dem Thron 4 himmlische Gestalten, voller Augen vorn und hinten. Und die erste Gestalt war gleich einem Löwen und die zweite Gestalt war gleich einem Stier und die dritte Gestalt hatte ein Antlitz wie ein Mensch und die vierte Gestalt war gleich einem fliegenden Adler.105 Und eine jede dieser 4 Gestalten hatte 6 Flügel und sie waren außen und innen voller Augen106 und sie hatten keine Ruhe Tag und Nacht und sprachen: ”Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommt.”
Das sind in uns Gefühle, wo wir uns sehnen und die Worte versagen. Man spürt Gleichnisse wie Edelsteine. Es sind nicht die Steine, es lebt in uns, es sind die Gefühle des Ewigen, die sind schwierig zu übersetzen in Worte, die uns etwas sagen. Thron: man sitzt und es ist Ruhe. Im Hebräischen ist jeder Stuhl107 ein Thron. Es herrscht bei mir Ruhe wenn ich sitze, ich bin auf dem Weg gegangen, ich bin jetzt König und sitze jetzt da. Krone: Auch nicht die irdische Krone aus Gold und Edelsteinen. Es ist wie eine Aura im Ewigen, das Haupt ist umhüllt vom Licht aller Welten.
Wie kann man das Bild sich öffnen lassen, um nicht den Tod und Schrecken zu sehen? Es beruhigt, dass das Versagen im Ewigen schon `eingerechnet´ ist. Es gehört zur Unmöglichkeit die Liebe zu fassen. Die Grundlage von allem Sein, die identisch mit Liebe ist, ist so zu verstehen: Liebe ist ein Wagnis – auch für Gott! Es gibt keinen Menschen, der einen anderen genau versteht. Man spürt aber dann wohl im Inneren, ob man einen Menschen verstanden hat oder nicht; ebenso gegenüber Gott – und wer `fürchtet´ Gott, im Sinne von Weisheit, Gott zu achten, die Schöpfung achten, das Leben, die Ewigkeit? Er scheint viel schenken zu wollen und ich verstehe sein Schenken nicht. In unserem Inneren, in unserem Ewigen, wo wir keine Worte finden es auszudrücken, dort erfahren wir aus der Bibel als Heilige Schrift, die Bedeutung und wie es dort zugeht. Wir verstehen es nicht, aber wir verstehen auch die Liebe nicht. Alle Verse sind gleich wichtig, gehören zur Liebe und schenken etwas. Die Bibel als Ganzes ist gleich heilig. Wir können es nicht fassen. Einfach so lesen, es ist ein Geschenk, bis wir es entdecken, jedem nach seiner Art und Person. (Nichts Schlimmeres gibt es in der Welt, als das, was mit guter A b s i c h t getan wird) [84A4] [siehe unten: … Der das Gute gibt, wird nicht ertragen, 84B4].
… Die Vision des Hesekiel erzählt von Mensch, Löwe, Stier und Adler. Hier in einer etwas anderen Reihenfolge erscheint ein Altar und vier Persönlichkeiten, vier Tiere und 24 Älteste stehen auch um dieses Zentrum herum. Sie stehen nicht, wie sie ein Maler malen würde; wenn das Wort gesagt wird und das Wort ist heilig, ist ganz, dann stehen sie schon IMMER. Man kann das auch leugnen, dass es so ist, das kann schon sein – i n der Quelle, da ist es aber doch da. Dann stehst du zu deiner Quelle in einer ganz schlechten Beziehung, es fließt von dort, aber du magst es nicht. Fortwährend eine Unruhe, es kommen Dinge, die ich nicht verstehe, ich mag es nicht.
Das Bild zeigt die vier Wesen und die 24 Ältesten. Im Hebräischen ist `alt´ und `weise´ das gleiche Wort (es gibt für weise auch noch ein anderes hebräisches Wort). 24 Weise könnte man auch als 24 Alte lesen. Es ist nicht das Alter, sondern Weisheit. Weisheit ist eigentlich die Sehnsucht nach Ewigkeit und die Dinge immer mehr mit den Maßstäben des Ewigen, des Heils messen zu wollen. Ein Narr misst mit den Maßstäben von hier, man misst und es läuft weiter. Man kann es nur selber erfahren, der eigene Beruf sagt darüber nichts.
24 ist die 12 und 12. 12 Stunden des Tages und 12 Stunden der Nacht (in der Theorie – je nachdem, wo man auf der Erde ist, ist es immer anders). 12 Apostel, 12 Tierkreiszeichen, 12 Söhne von Jakob. Jeder der 12 hat eine eigene Funktion. Es zeigt auch: In der Zeit ist es gleichgültig, sie zeigt jeden Moment etwas Anderes. Die Zeit hier wird genährt von der Zeit in Ewigkeit. Deshalb schaute man auch hinauf zu den Sternen, nicht hier, sondern zu Gott. Astrologie108 – es sind Wirkungen da, vom Ewigen auf uns im Zeitlichen und die Wirkungen sind entscheidend. Es ist eine Weisheit vom Jenseits, die wir anerkennen. …
In diesem Heiligtum und um die Mitte herum stehen die 24 Ältesten (die 12 und 12, im Leben, Tag und Nacht). In der Mitte scheint es zu geschehen, der Thron dieses Menschen ist dort. Auch in der Vision des ersten Kapitels bei Hesekiel sind diese Parallelen zur Offenbarung, nicht dass es gleich ist, sondern man versteht, das Eine ist im Anderen. Bei Hesekiel sind es Räder109 mit Leben die sich bewegen, bei Johannes sind es `Bewegungen´ in einem ganz anderen Sinn. Hier wird erzählt, wie es im Menschen ist, weil es in der Welt so ist. Die Welt, das Weltall, nicht physisch, sondern im Sinne des Seins, hat ein Zentrum. Auf dem Thron ist ein göttliches Wesen. Göttlich bedeutet, ein Wesen, das ich immer suche, die Ewigkeit. Die Erfüllung von allem, das ich gedacht habe . Wenn ich etwas Böses gemacht habe, wird es repariert, der Mensch freut sich auf das Gericht. Der Mensch hat nur dann Angst, wenn er meint, der Richter kann nicht alles überblicken. Aber es ist ein Richter da, der alles versteht. …
Dann spüren wir, d iese Sehnsucht des göttlichen Wesens im Zentrum. Das Zentrum kann auch als ein Punkt gesehen werden, da ist nichts (räumlich, mathematisch). Der Liebende gibt den Raum an den Geliebten. Er gibt allen Raum, er räumt alles ein. Er zieht sich zurück ins Nichts, ins Zentrum. Auch heute wissen wir, ein mathematischer Punkt ist Null-Dimensional, ist nichts. Das Zentrum ist das Zurückziehen des Liebenden, da bin ich da – im Hebräischen wird `nichts´ und `ich´ gleich geschrieben. Mein echtes Ich ist eigentlich nichts, ist Alles.110 Im Raum könnte es niemals erreicht werden. Es ist konzentriert auf einem Punkt im Zentrum. Aus der Überlieferung im Judentum heißt es auch: Dort, wo das Allerheiligste im Tempel steht, wo die Bundeslade ist, der Bund zwischen Himmel und Erde, Mensch und Gott, dort wo Gott ist, ist das Zentrum von allem, der Mittelpunkt der ganzen Welt. Es ist ein Ort, der räumlich nicht existiert. Der Tempelberg hat die Maße 500 x 500. Auf der Erde gibt es nur 400.111 500 ist schon jenseits des Möglichen. Der Tempel ist hier, irdisch unmöglich. Doch die Bibel spricht darüber. Ein Tempel mit einer Außenmauer. Eine Außenseite, wie bei uns das Äußerliche bleibt, wie ein Skelett oder die Asche. Das Wesen ist weg, das Grab ist leer, er ist auferstanden. Das Äußere können wir sehen, das Innere ist nicht mehr, kann nur geschenkt werden, nur durch Gnade (Johannes – der Herr ist Gnade) , so kann es kommen, nicht nach Gesetz, nach Machbarkeit. Im Zentrum auf dem Thron ein alter, ein weiser weißhaariger Mensch. Weiß ist die Summe aller Farben im Spektrum. Das Schwarze ist das Nichts, weil wir es nicht sehen können. Das Weiße schwebt auf `Nichts´, das ganze Sein ist auf dem Nichts, eine Polarisierung. Wir spüren, es steht das Ganze auf einem Fundament, das nicht anwesend ist . Von dort kommen die Mitteilungen, Engel mit den sieben Posaunen und dem Buch mit den sieben Siegeln [84A3].
Der Adler kommt auch in anderen apokalyptischen Geschichten vor, in Daniel und Hesekiel . Dieser Adler, von dem werden merkwürdige Dinge erzählt, auch wieder Begriffe, die eigentlich nur zu einer Traumwelt gehören. Ich begnüge mich nicht mit der Traumwelt, also nehme ich die ganze unbewusste Welt des Menschen, mit dem ganzen Verborgenen im Menschen. Das Verborgene ist soweit unbewusst, dass wir es niemals übersetzen können in das Bewusste, selbst ins Unbewusste dringt es nicht vor, das uns nähersteht, als das Verborgene. Das Verborgene, könnte man sagen, ist Unbewusstes vom Unbewussten, weit, weit weg. Doch in den Geschichten aller Kulturen finden wir die Botschaften des Verborgenen.
Es wird erzählt, von einer Gämse, einem Steinbock, der ganz hochsteigt im Gebirge und versucht so hoch zu kommen in der Welt, wie man sich nur vorstellen kann. Also nicht wie wir heute sagen würden, im Raum, es müsste eine Rakete sein, denn es bedeutet hier, so hoch wie es in der Vorstellung des Menschen möglich ist. Im Übertragenen Sinne ist es vollkommen gleichgültig, ob es Raketen oder Flugzeuge sind, es sind nur Übersetzungen in den technischen, `magischen´ Alltag. Diese Gämse steigt hinauf, und wenn sie ganz oben ist, dann gebiert sie ihr Junges, die Frucht, und lässt zur gleichen Zeit das Junge fallen, es stürzt hinab. Merkwürdige Traumvorstellung, wird aber als eine mythologische Tatsache in der jüdischen Überlieferung erzählt, aber auch in anderen Überlieferungen kommt es ein bisschen modifiziert vor. Dann kommt aber der Adler und fängt dieses abstürzende Junge auf seinen Flügeln auf und bringt es sicher zur Erde. Wie kann der Adler genau dort an der Stelle sein, wo das Junge herunterfällt? Das ist merkwürdig – ja, schon bevor es fällt, hat es schon seine Stütze, seinen `Auffänger´. Es wird darauf hingewiesen, wenn wir die Psalmen lesen, Psalm 145 hat eine Reihenfolge nach dem hebräischen Alphabet, der erste Vers fängt mit dem Alef an, der zweite Vers mit dem Beth, usw. Merkwürdigerweise stimmt es nicht ganz, denn dort nach dem hebräischen Buchstaben Mem, die 40, welcher auch für den Begriff die Zeit, das Wasser steht, sollte nachher der Buchstabe 50 kommen, das hebräische Zeichen Nun. Nun ist aber auch das Zeichen für das Wort Fallen (Fallen fängt mit Nun an). Es will sagen, diese Zeichen bedeuten, der Fall dieses Jungen, der Frucht des Bockes, der fällt. Der Mensch möchte immer wieder diese Hybris. Hinaufsteigen, er erhält oben eine Frucht, hat aber mit der Frucht merkwürdigerweise keine Barmherzigkeit, er gibt sie der Welt preis, und die Frucht, das Kind fällt – er kann nichts dafür. Diese Gämse bzw. der Steinbock wird an einer Spitze geboren und es muss fast fallen. Dann steht deshalb, bevor der Vers mit der 50, dem Buchstaben Nun kommt, der Vers mit dem Buchstaben 60 und dieser Vers fängt an mit den Begriffen `unterstützen´, dem Fallenden `Stütze geben´. Alles was fällt hat – vorher schon – das Auffangen, das ist ein Gesetz kann man sagen. Es ist schon vor weg die Heilung da, der Adler fliegt und nimmt es als Retter auf seinen Flügeln auf. Zufall kann man sagen, ja, es fällt dem Adler zu, er fängt es auf und bringt es heil hinunter. Die Tierwelt , als Erlebnisse, Erfahrungen im menschlichen Leben, dass wir das Gefühl in uns haben, etwas kann uns schützen.
Der Adler hat eine merkwürdige doppelte Funktion, der hebräische Name נשר ‹nescher› ist tatsächlich der Adler, aber zu gleicher Zeit auch ein anderes Tier, der Geier, der Aasgeier. Das Tier, welches das Tote spürt, aber im Gegensatz zum Adler der auffängt, stürzt sich der Geier auf das Aas um es zu fressen. Diese beiden Bilder sind Bilder des gleichen Wortes, denn in Hebräisch ist Geier und Adler ‹nescher›, man kann nur aus dem Zusammenhang wissen, meint man einen Geier oder einen Adler ? Das bedeutet in den Überlieferungen, in vielen, vielen Erzählungen, dass Es im Menschen selber ist. Hast du bei dir dieses Gefühl: Ich falle, es gibt keine Rettung – dann ist der Geier da. Hast du aber bei dir das Gefühl: Ich falle, aber es macht doch nichts, es wird schon gut sein – dann bedeutet es, der Adler ist da.
Hier ist im Menschen apokalyptisches da, ein tiefer Fall in den Tod, im Albtraum ohne Stütze. Im Albtraum ist zum Glück dann immer das Erwachen da, mit oder ohne Schrei. Dieses Gefühl im Menschen, es ist wie es auch ist, ich falle aber es ist schon gut, dann ist der Adler das Befreiende, sonst ist der Adler das Todbringende. Nach der Überlieferung sagt man, der Adler der Römer sei der Todesadler, der Geier ; der Adler des Königs ist der richtige Adler, der weiße Adler. Man unterscheidet hier merkwürdigerweise im Menschen selber, wie stehst du dem gegenüber, wie man dem Erlöser gegenübersteht. Stehst du so, dass du jetzt den weißen Adler erkannt hast, der dich auffängt, oder ist es für dich der Tod. Du selber entscheidest, was es ist – du bist es.
Und so stehen dann diese Tiere, dieser Drache und die anderen Wesen die dort eine Rolle spielen, auch als Anwesenheit im Menschen. Das Tier ist auf dem Weg zum Menschen, das Tier sehnt sich vom Menschen angenommen zu werden, sehnt sich auch vom Menschen erlebt zu werden. Deshalb sind in der Genesis im 1. Kapitel, die Tiere schon vor dem Menschen da, der Mensch schließt die Reihe. Im 2. Kapitel der Schöpfungsgeschichte, wo Gott nicht als der Richter allein vorkommt, sondern auch als der Barmherzige, der Gütige , wo er im doppelten Namen steht (Elohim in der ersten Schöpfungsgeschichte und JHWH Elohim in der zweiten, siehe GBW, S 39; SIW, S. 55), dort steht der Mensch zuerst und dann kommen die Tiere zu ihm. Es ist eine umgekehrte Reihenfolge und zeigt, dass unsere Herkunft eine doppelte ist. Wir haben die Herkunft, in der das Tier sozusagen vor uns ist, auf dem Weg zu uns ist, nach den Gesetzen (auch in der Evolutionstheorie). In der zweiten Geschichte, die Geschichte im Zeichen der Güte der Barmherzigkeit, sind wir da und bestimmen die Möglichkeit, dass das Tier sein kann. Das eine zeigt das Gesetzmäßige, das andere das Barmherzige, Gütige, dass das Tier durch u n s seinen Ort, seinen Namen bekommt und vollständig seine Anwesenheit durch uns manifestieren kann.
Dieses Tier ist für uns etwas Merkwürdiges. In der ersten Geschichte ist das Tier, das am 6. Tag vor dem Menschen kommt, der Fall. Denn das listigste der Tiere ist die ‹nachasch›, die Schlange, Wasserschlange, der Drache. Schlange bedeutet auch nicht, das Tier, das wir so sehen. Die Schlange im Sinne der Bibel ist etwas, das aus der Natur uns nicht gönnt, dass wir das erleben. Man erklärt das, weil die Welt auf Liebe gebaut ist, könnte die Liebe nur sein und verstanden werden, wenn dem gegenüber auch Hass und Neid wäre. Hass und Neid gehören zum Erlebnis der Liebe. Und so sehen wir, dieser Hass drückt sich aus, in einem Wesen, dass uns also nicht gönnt hier zu sein, wie wir uns nicht gönnen oder manchmal auch anderen nicht gönnen – |›lieber haben wir, dass der andere einmal gequält wird, dann sieht er einmal, wie die Realität ist, er muss das einmal kennenlernen‹| – und andererseits , gerade weil die Gefahr besteht, dass er einmal sieht wie die Realität ist, will ich das verhüten und werde zusehen, dass er vorher aufgefangen wird, und nicht: |›Erst einmal reinfallen muss, dann mal sehen wie es ist und dann brav und zitternd zu mir kommt: Ach lieber Herr, ich habe das nicht gewusst und werde ihnen jetzt immer gehorchen‹|. Hier im Menschen ist etwas Merkwürdiges, es ist dieses Animalische, es zeigt die Schlange in uns. Deshalb wird die Schlange listig genannt, hebräisch ‹arum›, das ist exakt das gleiche Wort wie nackt ‹arom›. Dort, wo erzählt wird, dass die Menschen nackt sind, könnte man genauso übersetzen, sie seien listig (statt: … und sie erkannten, dass sie nackt waren, 1Mo 3:7), dort wo die Schlange als listig genannt wird (Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Feld … 1Mo 3:1), könnte man mit nackt übersetzen. Mit anderen Worten, wir interpretieren im Übersetzen. Das ist auch ganz richtig, aber wir sehen, es ist das gleiche Wort. Warum ist die Schlange, wenn sie nackt ist, listig? Weil das Animalische sich nicht nackt zeigen kann, das wäre dann, als ob das Prinzip: Wesen und Erscheinung, das Gleiche ist . Dass der Mensch nackt ist, ja weil er, mit seinem Dasein im Bild Gottes, einfach den Ausdruck des Göttlichen hat. Man meint das Animalische im Menschen, wenn es sich nackt zeigt, ist es Hass. Der Neid des Animalischen, das auch in sich das Dämonische trägt, das nicht gönnt. Dass der Mensch das ist, das will fast gesetzmäßig sagen: Wenn Liebe ist, wenn es Liebe verstehen kann, dann gibt es auch Hass. Wie groß ohne klein nichts bedeutet, wie gut ohne böse nichts bedeutet, so bedeutet Liebe ohne die Potenz des Hasses auch nichts [78B2].