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Der Hass wird lauter

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Am 14. September 1930 führte die Wahl zum 5. Reichstag der Weimarer Republik dazu, dass die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 107 Sitze erhielt und damit nach der SPD zweitstärkste Fraktion im Parlament war. Schon seit Januar war die NSDAP in Thüringen Teil der Regierungskoalition und stellte dort mit Wilhelm Frick den Minister für Inneres und Staatsbildung. Frick hatte sich bereits im Reichstag mit antisemitischen und rassistischen Reden hervorgetan und handelte nun auch als Minister entsprechend, etwa indem er einen Lehrstuhl für Sozialanthropologie einrichtete, der sich vor allem mit den nationalsozialistischen Vorstellungen von Rassentheorien beschäftigen sollte. Frick verbot im Dezember 1930 Erich Maria Remarques Roman Im Westen nichts Neues in Thüringen als Schullektüre und »säuberte« öffentliche Sammlungen von den Werken von Künstlern wie Paul Klee, Oskar Kokoschka und Emil Nolde. Vom September 1930 schließlich datiert Fricks Erlass »Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum«, in dem er konkret gegen den Jazz wetterte. Ein Verbot war dies noch nicht, und die Auswirkungen solchen Denkens kamen auch noch nicht wirklich auf den Varietébühnen an.94 Doch Reichskanzler Franz von Papen übernahm Fricks Argumentation und weitete diese 1932 in ein Auftrittsverbot für schwarze Musiker aus, das allerdings eine ganze Weile noch mit Sondergenehmigungen umgangen werden konnte.95

Musik war in diesen Jahren nach wie vor gefragt, die Infrastruktur aber, durch die die Menschen an die Musik kommen konnten, brach nach und nach zusammen. Viele Lokale mussten schließen; etliche der noch jungen Plattenfirmen gingen in Konkurs oder mussten mit größeren fusionieren; viele der Orchester, die zuvor Wochen- oder Monatsengagements in großen Hotels oder Ballsälen hatten, gingen auf Tournee durch die Provinz. In Berlin waren nach wie vor große Orchester zu hören, nur fand die große Menge an Musikern in der Hauptstadt zu Hause nicht mehr genügend Auftrittsmöglichkeiten.

Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 überholte die NSDAP die Sozialdemokraten und erreichte 37,3 Prozent. Die unklaren Mehrheitsverhältnisse führten zu einer Neuwahl am 6. November desselben Jahres, bei der die Nationalsozialisten zwar mehr als vier Prozent verloren, eine stabile Regierungsbildung aber trotzdem nicht möglich war. Reichspräsident Hindenburg ernannte für kurze Zeit Kurt von Schleicher zum Reichskanzler, und am 30. Januar 1933 schließlich Adolf Hitler. Am 1. Februar wurde der Reichstag aufgelöst, Neuwahlen wurden für den 5. März angesetzt. In dieser letzten Reichstagswahl der Weimarer Republik errang die NSDAP 43,9 Prozent; mithilfe des Ermächtigungsgesetzes vom 23. März 1933 war der Weg in die nationalsozialistische Diktatur der nächsten zwölf Jahre geebnet.



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