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DIE REFORMEN UNTER IVAN IV. – UND DIE SCHRECKEN

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Der Beginn der Herrschaft Ivans IV. fiel zusammen mit einem riesigen Brand im Juni 1547, der große Teile Moskaus einäscherte. 25.000 Höfe brannten nieder, ungefähr 2700 Menschen fanden den Tod. Die Feuersbrunst löste einen wütenden Volksaufstand aus, der sich auch gegen die Herrschaft der Bojaren richtete, die bis zu Ivans Krönung das Moskauer Reich regiert hatten. Die Folgen von Brand und Aufstand waren Hungersnöte und eine zerrüttete Wirtschaft. So stand der junge Zar vor gewaltigen Aufgaben, um sein Reich in eine bessere Zukunft zu führen und seine Herrschaft zu festigen.

Die Reformen, die Ivan IV. zusammen mit seinem »auserwählten Rat«, izbrannaja rada – einer Gruppe teilweise jüngerer Männer, die sich um den jungen Zar geschart hatte –, in den folgenden Jahren umsetzte, schufen die Grundlagen der neuen, zentral herrschenden Autokratie in Russland.

Eine erste wichtige Reform unter Ivan IV. war die Einführung eines einheitlichen Heiligenkalenders und die Kanonisierung der russischen Nationalheiligen in den Jahren 1547 bis 1549. Damit zentralisierte und vereinheitlichte der Zar – nicht ohne Makarijs intensive Unterstützung – die Kirche in seinem Reich und verknüpfte so das Russische immer stärker mit dem orthodoxen Christentum hin zu einer russisch-orthodoxen Identität.

Den Kanonisierungssynoden folgte 1551 die sogenannte Hundertkapitel-Synode, stoglav, die ausführlich auf hundert Fragen des Zaren antwortete und damit der jungen Moskauer Reichskirche ihre nötigen inneren und äußeren Normen gab.


Der Getriebene wird zum Jäger: Seit seiner Kindheit hasste Ivan IV. die machtbesessenen Bojaren. Als Erwachsener konnte er über deren Wohl oder Wehe urteilen.

Nahezu parallel zu diesem religiösen Fundament trieb Ivan IV. als nächste Reform 1550 eine Neubearbeitung des Gesetzbuches, sudebnik, von 1497 voran. Der alte sudebnik konnte nämlich den neuen Anforderungen der zentralisierten Monarchie nicht mehr genügen. Gleichzeitig leitete Ivan IV. eine Reihe von wichtigen Verwaltungsreformen ein – von der Einführung der dörflichen Selbstverwaltung bis hin zur Einsetzung von Statthaltern. Auf diese Weise erhielten lokale Adlige mehr Macht, da sie selbst die Richter der Bezirksgerichte wählen durften. Während hier Macht zugunsten vernünftiger und ortsnaher Entscheidungen auf der unteren Ebene dezentralisiert wurde, stellte man gleichzeitig das Durchfüttern, kormlenie, von dienstadligen Beamten auf Kosten der Bezirke ein. Stattdessen besoldete man diese zentral durch das Schatzamt, sicherlich auch in der Hoffnung, so lokale Verfilzungen zu lockern. Ebenfalls der Zentralisierung sowie der Erleichterung des überregionalen Handels und der Vereinheitlichung innerhalb des Zarenreiches diente die Reform von Maßen und Gewichten. Die Verwaltungsreformen gipfelten in der Errichtung von Zentralämtern, prikazy, unter anderem für Strafverfolgung, das Gefängnis- und Petitionswesen sowie für Außenbeziehungen.

Auch die Armee krempelte der Zar um. Ein entscheidender Eingriff war die »Verordnung über den Dienst«, uloženie o službe, von 1555. Gezielt sollte hier das Bojarentum in seinem Besitz getroffen werden. Die Zeit der Bojarenherrschaft vor Ivans Regierungsantritt hatte nämlich zu unrechtmäßigen Besitzvermehrungen in großem Umfang geführt. Eine neue Besitzaufnahme im ganzen Land sollte solche unrechtmäßigen Erwerbungen feststellen, sie zugunsten des Zaren einziehen und dann der Bildung von Dienstgütern zuführen, die der Zar an ihm genehme und direkt von ihm abhängige Dienstadlige vergeben konnte. Für jeweils Hun dert četvert‘ »guten Ackerlandes« erwartete der Zar als Gegenleistung einen Mann, »beritten und in voller Rüstung, bei weiten Feldzügen mit zwei Pferden«. Au ßerdem ließ Ivan IV. eine neue, mit Feuerwaffen ausgerüstete Fußtruppe einführen, die Strelitzen. Sie stammten aus der nicht dienstverpflichteten, nicht-adligen Bevölkerung, standen im festen Sold und lebten in ständigen Garnisonen. So waren sie die Keimzelle eines künftigen stehenden Heeres.

Aber auch das tägliche Leben seiner Untertanen, deren Sitten und Gebräuche wollten der Zar und sein »auserwählter Rat« im Sinne einer Heilung der orthodoxen Gesellschaft reformieren. So stellte der enge Vertraute und inoffizielle Beichtvater des Zaren, Protopope Syl‘vestr, ein »Hausvaterbuch«, domostroj, zusammen, das als autoritatives Reglement festsetzte, wie ein begüterter Haushalt in streng christlichem Geist zu führen sei.

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