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DIE KURZE HERRSCHAFT DES FALSCHEN DIMITRIJS

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Eines der Werkzeuge bei diesen Machtkämpfen war die wieder auflebende Legende, dass Dimitrij, der jüngste Sohn Ivans IV. aus seiner letzten, kirchlich nicht anerkannten Ehe, der 1592 als Achtjähriger bei einem epileptischen Anfall ums Leben gekommen sein soll, gar nicht tot war. 1601 gelang es einem jungen Mann namens Grigorij Otrep’ev, dank dieser Legende den Eindruck zu erwecken, er sei der tot geglaubte Sohn Ivans IV. Binnen kurzem hatte der junge »Pseudode-mitrius« – unter diesem Namen ging er in die Geschichte ein – nicht nur den polnischen König dazu gebracht, ihn anzuerkennen, sondern auch die politische Opposition gegen Zar Boris in Russland auf seine Seite gezogen. Zu reizvoll war die Vorstellung für Godunovs Gegner, mit diesem auch noch so zweifelhaften Zarensohn Einfluss und Macht in Russland für sich zu gewinnen. Während König Sigismund III. von Polen neben Macht- und Landgewinn eine katholische Missionierung des Landes anstrebte, drängten die russischen Adligen an Otrep‘evs Seite auf eine Rückkehr ins Zentrum der russischen Macht. Aber auch das russische Volk folgte »Pseudodemitrius«: Die Vorstellung, das geheiligte Geschlecht der Rjurikiden sei ausgestorben, war zu schwer zu ertragen. Das ebenso gläubige wie abergläubische Volk fing bereits an, die vielen Hungersnöte und Erschütterungen im sozialen Gefüge Russlands als Gottes Verärgerung darüber zu deuten, dass der neue Mann an der Spitze des Reiches nicht von Gottes Gnaden sei.

So gelang es dem falschen Dimitrij, ein Heer aufzustellen, mit dem er im Sommer 1604 gen Moskau zog. Bis zum Dezember 1604 war es auf gut 15.000 Mann angewachsen – auch polnische Abenteurer und Dnepr-Kosaken waren dabei –, als Dmitrij die gut dreimal so große Armee von Zar Boris am 21. Dezember 1604 in die Flucht schlug. Doch bevor die entscheidende Machtprobe zwischen dem russischen Zaren und »Pseudodemitrius« ausgefochten werden konnte, starb Godunov. Zehn Tage nach der Ermordung von Godunovs Sohn Fedor zog Dimitrij in Moskau ein.

Doch der neue Zar ging zu leichtfertig mit den Traditionen am Zarenhof um, zu offen missachtete er dessen Rituale. Kein Jahr verging, da waren schon alle Vorschusslorbeeren aufgebraucht und Dimitrijs Macht am Ende. Adel und Volk sahen in ihm einen Katholiken, ein Werkzeug der Polen, einen Betrüger und Verräter. Die Bojaren stachelten Volk und Heer zum Aufstand gegen ihn an. Am 16. Mai 1606 wurden die polnischen Pany, Edelmänner, die sich am Zarenhof aufhielten, vehement angegriffen. Etwa fünfhundert Menschen ließen dabei wohl ihr Leben. Am 17. Mai starb »Pseudodemetrius« selbst auf der Flucht aus dem Kreml, schwer verletzt durch Gewehrschüsse.

Das Reich der Zaren

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