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DAS REICH VERSINKT IM CHAOS

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Das Auftauchen dieses vermeintlichen Zarevič hatte die smuta, die Zeit der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wirren, ausgelöst. Mit seinem Tod kam Russland aber keineswegs zur Ruhe, sondern verstrickte sich noch tiefer in innere Kämpfe um Macht und Krone, die sich in Aufruhr, Rebellion und Zerstörung äußerten. Hunger und Pest quälten die Bevölkerung, die Bauern flohen von ihrer Scholle, an die sie immer fester gebunden werden sollten. Auf den Zarenthron folgte dem falschen Dimitrij Vasilij Šujskij, der sich aber auch nur vier Jahre hielt. Während dieser Zeit tobten Kämpfe im Land, und mehrere vermeintliche Zarensöhne tauchten auf und versuchten den Moskauer Zarenthron für sich zu beanspruchen – unter ihnen ein weiterer angeblicher Zarevič Dmitrij. Aber keiner von ihnen gelangte auch nur ansatzweise so weit wie der erste »Pseudodemetrius«, obwohl gerade der zweite falsche Dimitrij beachtliche Unterstützung und einige militärische Erfolge für sich verbuchen konnte.


Das ungelöste Rätsel: Das Gemälde Ilja Glasunovs von 1967 basiert auf der Legende, dass der jüngste Sohn Ivans, Zarevič Dimitrij, von Boris Godunov ermordert wurde.

Šujskij sah sich gezwungen, bei den polnischen Nachbarn um Hilfe zu bitten. So schien den Polen ihre Chance gekommen, sich das russische Zarenreich einzuverleiben. Das polnische Heer marschierte auf Moskau zu. Das kostete Šujskij die Zarenkrone. Seine Gegner setzten ihn 1610 ab und schoren ihn zwangsweise zum Mönch – die sicherste Methode, ihn und seine Kinder von jeglichem Anspruch auf den russischen Thron auszuschließen. So kam zur allgemeinen Anarchie noch das Interregnum und markierte den Höhepunkt der smuta. Eine schnelle und zuverlässige Lösung musste her. Ein Bojarenrat und ein eilig einberufener zemskij sobor wählten aus der Not heraus den Sohn des polnischen Königs Sigismund III., Władisław, unter zuvor vertraglich festgelegten Bedingungen zum russischen Zaren. Unabdingbare Voraussetzung blieb natürlich die Wahrung der Orthodoxie. Doch Władisław bestieg den russischen Thron nie, da sein Vater plötzlich seine Meinung änderte und lieber selbst russischer Zar werden und den Moskauer Staat mit dem polnischlitauischen in Personalunion vereinigen wollte. Ein Übertritt zur Orthodoxie war vom polnischen König nicht zu erwarten, und ein nicht rechtgläubiger Zar überstieg sogar die kühnsten Phantasien der russischen Befürworter eines polnisch-russischen Zusammenrückens. Aber es kam noch schlimmer: Statt selbst nach Moskau zu kommen und sich zum Zaren krönen zu lassen, beauftragte Sigismund III. den Befehlshaber der polnischen Truppen in Moskau mit der Bildung eines dem König gefügigen Regierungsapparats. Das Ergebnis war eine rücksichtslose Militärdiktatur, die bei den Russen endgültig das Gefühl der nationalen Demütigung entfachte. Die verschiedenen russischen Interessengruppen fanden zusammen und drängten vom Frühjahr 1611 an mit vereinten Kräften die polnischen Besatzer aus dem Land. Im Oktober 1612 kapitulierten die übrig gebliebenen Polen im Moskauer Kreml.


Die Zeit der Wirren: Auf diesem Holzschnitt ruft Fürst Dmitrij Požarskij 1612 im Kreml zum Aufstand gegen die polnischen Besatzer auf. Heute schmückt das Denkmal für Kusma Minin und Dmitrij Požarskij, die beiden Anführer des Volksaufstandes, den Roten Platz in Moskau.


Am 21. Februar 1613 wird Michail Romanov – hier auf dem zeitgenössischen Kupferstich von Baltazar Moncornet – zum neuen Zaren von ganz Russland gewählt. Es ist die Geburtsstunde einer neuen Herrscherdynastie: der Romanovs.

Das Reich der Zaren

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