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1.5 Lebenswelt: Alfred Schütz und Thomas Luckmann

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Die soziale Welt aus Sicht der phänomenologischen Methode fundieren und die intersubjektive Verständigung erforschen war das Anliegen von Alfred Schütz (Schütz 1971).

Er stützte die phänomenologisch fundierte Soziologie auf zwei große Denkrichtungen des frühen 20. Jahrhunderts: auf die phänomenologische Philosophie Husserls und die verstehende soziologische Handlungstheorie Max Webers. Damit eröffnete er sich einen Weg zwischen Handeln und Handlung und zwischen unterschiedlichen Handlungsmotivationen, die er als »Um-zu-« und »Weil«-Motive bezeichnete. Im Verlauf seiner Forschungen fokussierte er sich auf Erkenntnisse zum Verstehen Handelnder im Alltag und auf Gemeinsamkeiten von Wissensvorräten und Deutungsmustern – den Grundstrukturen der für die Menschen selbstverständlichen Wirklichkeit (Schütz 1971). Einer seiner Schüler war Thomas Luckmann. Da Schütz seine Arbeiten nicht beenden konnte, war es Luckmann, der auf die Notizen von Schütz zurückgriff und dessen Entwurf ausarbeitete (Schütz & Luckmann 2017).

Das unvollendete Werk Husserls beschloss mit der Aussage, dass der Wirklichkeitsbereich der Menschen die alltägliche Lebenswelt sei, die sie als schlicht gegeben vorfinden, und der Überlegung einer phänomenologischen Reduktion, um von der transzendentalen Intersubjektivität zum transzendentalen Wir zu gelangen. Schütz4 war davon überzeugt, »[…] daß Husserls Phänomenologie eine konsequente Methode zur deskriptiven Analyse der Konstitution von Alltagswelt im menschlichen Erfahrungsbereich bereitstellte.« (Schütz & Luckmann 2017, S. 15) An die phänomenologische Methode und den Begriff der Alltagswelt schloss Schütz an, um die intersubjektive Verständigung analysieren zu können. Sein Interesse galt den allgemeinen Strukturen unseres Denkens und Handelns und nicht den individuellen Besonderheiten der Weltsicht einzelner Menschen.

Anders als Husserl, der über die Reduktion analysierte, erfahren die Menschen für Schütz ihre Welt durch das Handeln. Die Alltagswelt ist Teil der Lebenswelt und das Erleben sowie Gestalten erfolgt in der natürlichen Einstellung normaler Erwachsener. Die Konstanz der Gültigkeit unserer Erfahrungen und unserer Möglichkeiten, um in der Welt und auf die Welt wirken zu können, ist für die natürlichen Einstellungen in der Lebenswelt charakteristisch (Schütz 1971).

Für die psychiatrische Pflege ist die Beziehungsgestaltung eine zentrale Aufgabe, um psychisch erkrankte Menschen psychosozial unterstützen zu können. U. a. begleiten Pflegefachpersonen erkrankte Menschen, ausgerichtet am Pflegebedarf und unter Einbezug der Erfahrung der Menschen, um ihre persönliche Entwicklung im Rahmen des Pflegeprozesses zu fördern (Weißflog et al. 2016). Das Wesen der psychiatrischen Pflege ist, im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen Behandlung objektivierbarer Krankheitssymptome, das Verstehen der subjektiven Wirklichkeit, das Erkennen der Motivation für Veränderung und die Unterstützung bei der Neudefinition des Sinns von Identität, die Unterstützung bei der Bewältigung von Auswirkungen der Erkrankung und Veränderung sowie das Handeln, um den Genesungsweg mit Interventionen begleiten zu können. »Das Ziel der Interventionen ist die Stabilisierung oder Verbesserung der Lebensqualität […] damit die Menschen trotz ihrer Einschränkungen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.« (Weißflog et al. 2016, S. 69) Unter welchen Voraussetzungen sich Pflegefachpersonen und erkrankte Menschen verstehen und ob Wissensvorräte und Deutungsmuster zwischen Pflegefachpersonen und erkrankten Menschen Gemeinsamkeiten aufweisen, werde ich an den Konzepten räumlich-zeitliche Aufschichtung der Lebenswelt, Sozial- und Kulturwelt, Verstehen, Sinnkonstitution, Bewältigung und Veränderung sowie Handeln und Handlung explizieren.

Verstehen in der Psychiatrischen Pflege

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