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Legale und illegale Nebenjobs

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Sonntags ging es immer auf den Sportplatz. Entweder spielten am Vormittag die Alten Herren von Preußen Gladbeck dort (die meisten wohlgenährt, aber bemerkenswerte Blitzkugeln) oder die Feldhandballmannschaft des TV Gladbeck. Feldhandball auf Asche mit Pfützen. Auch nicht schlecht.

Im Winter schauten wir in der Sporthalle des benachbarten Heisenberg-Gymnasiums Handball, Basketball oder was auch immer geboten wurde. Wir verdienten uns ein paar Pfennige, indem wir von den Zuschauern Pfandflaschen einsammelten und beim Kiosk eintauschten.

Auch sonst sah ich zu, dass ich ein bisschen Geld verdiente. Ich arbeitete in den Ferien als Zeitungszusteller in Gladbeck-Rentfort und tagsüber als Gärtner im Barbara-Hospital. Ab und zu ließ ich ein bisschen Obst aus dem Krankenhaus mitgehen, das neben den Gartengeräten gelagert war. Ja, ich gebe es zu, es war eine Jugendsünde.

Aber es war nicht meine einzige. Sehr zum Ärger meiner korrekten und ehrlichen Mutter wechselten von Baustellen auch Straßenschilder oder Warnlämpchen den Besitzer. Plötzlich waren sie in meinem Partykeller wiederzufinden. Ich hoffe, meine damalige Strafakte ist verjährt.

Ach ja, da fällt mir auch noch ein weiteres Vergehen ein. Als Austauschschüler war ich in Teenie-Zeiten in England. Dort ging ich in die englischen Banken und wechselte Geld in „Five-Pence-Münzen“, die ich dann in Plastiktüten nach Deutschland mitnahm. Five-Pence-Münzen hatten ungefähr den Wert von 25 Pfennig und – das war der Clou – die Größe von Markstücken.

Der Geschäftstüchtige sah für sich eine nicht legale Einnahmequelle. Ich zog an Automaten Zigarettenschachteln, um sie dann später an Raucher zu verkaufen. „For a good price“ selbstverständlich. Und so kamen die Freunde von Ernte 23, HB, Reval und Lord günstig zu ihrer Ware. Und ich hatte ein lukratives Nebengeschäft.

Aber ich war nicht immer nur auf Nebenverdienst aus. Ich meldete mich auch für den unentgeltlichen freiwilligen Sonntagsdienst beim St.-Barbara-Krankenhaus. Einmal pro Monat half ich den katholischen Schwestern bei ihrer Arbeit. Ich wurde der Urologie zugeteilt. Mir fiel auf, dass die Schwestern weder „du“ noch „Sie“ zu dem heranreifenden Jörg sagten, sondern sie sprachen mich in der dritten Person Singular an. „Und nun geht ER bitte in Zimmer 5, Herrn Müller das Gesicht waschen.“ „Hat ER schon das Frühstück aus der Kantine geholt?“ Seltsame Ordensschwestern.

Ein Erlebnis hat sich in meinem Gedächtnis festgetackert. Ich musste einen gewissen Gottfried H. im Gesicht waschen und auch füttern. Er merkte nicht viel. Die Schwestern zeigten mir, wie ich ihm auf die Wangen klopfen musste, damit er den Mund öffnete und die Nahrung aufnahm. Ich klopfte also und Gottfried aß den Brei. Am Nachmittag wurde er abtransportiert und auch dabei musste ich junger Bursche helfen. Es war sein letzter Brei gewesen, den ich ihm gegeben hatte. Zum zweiten Mal stand der Tod ganz nah vor meinen Augen, zum zweiten Mal nach den Erinnerungen an meinen eigenen Vater.

Woran erinnere ich mich sonst noch aus meiner Kindheit? Fernsehen gab es erst ab 17 Uhr. Das Telefon hatte eine Wählscheibe. Wie man sich ärgerte, wenn man bei einer längeren Telefonnummer gegen Ende bei einer langen Zahl abrutschte und wieder von vorn beginnen musste! Lustigerweise habe ich neulich von einem aktuellen Test mit Kindern gehört. Man präsentierte ihnen ein solches Oldie-Telefon. Die Kids versuchten als Erstes, in die Löcher der Scheibe hineinzudrücken. Verrückt, oder?

Journalistisch hatte ich einen eindeutigen Favoriten. Hans-Josef Justen, Chef des überregionalen Sportteils der WAZ. Er schrieb so herrliche Kommentare montags. Seine blumige Sprache faszinierte mich. Sogar so sehr, dass ich seine Artikel ausschnibbelte und in einer Zigarrenkiste aufbewahrte. Vielleicht war er mein eigentlicher Antrieb, später mal Sportreporter zu werden.

Meine Fußballkarriere in Gladbeck blieb überschaubar. Ich erhielt Angebote von Germania Gladbeck und vom führenden Jugendverein der Stadt, dem BV Rentfort. Aber ich entschied mich gegen einen Wechsel. Ab und zu Training bei Preußen und meine Straßen- und Pfarrmannschaft. Das war es, was ich wollte.

Samstags, wenn Schalke ein Heimspiel hatte, schwang ich mich auf mein Klapprad, das ich fuhr, bis ich 14 war. Während die anderen normale Fahrräder mit Gangschaltung hatten und lässig die etwa fünf Kilometer bis zum Stadion fuhren, musste ich strampeln und strampeln. Dazu kam, dass ich immer eine kleine Fahne mitschleppte. Meine große Fahne, die mir die Schwiegermutter meiner Schwester genäht hatte, ließ ich zu Hause. Sie kam immer nur bei den Auswärtsspielen zum Einsatz.

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