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LOCKER VOM HOCKER (STUDIUM)

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Meine neue Heimat war der Eichendorffring in Gießen. Ein Studentenwohnheim. Wer auch immer überlegt zu studieren und in eine fremde Stadt zu ziehen, dem empfehle ich wärmstens ein solches Studentendomizil. Wohnheim hört sich immer so ein bisschen nach sozialer Unverträglichkeit an. Aber das Gegenteil ist der Fall.

Ich bin jemand, der zwar fleißig arbeiten kann, aber auch einer, der gerne feiert. Oder – Achtung, liebes Phrasenschwein – der fünfe gerne mal gerade sein lässt. Meine Trauer, allein in einer fremden Stadt zu sein, war nur von kurzer Dauer. Schnell lernte ich meine Mitbewohner kennen, dazu machte ich etliche Kneipenbekanntschaften.

Ich wohnte im sogenannten Y-Haus, einem siebenstöckigen Hochhaus mit drei Flügeln, das von oben aussah wie ein Y. Es gab noch zwei, drei weitere kleinere Nachbarhäuser, die zum Studentenkomplex gehörten. Sieben Stockwerke, also 21 Flure à 14 Zimmer. Mmmh, Zimmer trifft es nicht ganz, es waren eher Zimmerchen. Elf Quadratmeter, sehr funktional eingerichtet. Ein schmales Bett, Schreibtisch, Einbauschrank, Tischchen mit zwei Stühlen, Waschbecken. Die Duschen befanden sich in einem separaten Raum am Ende des Ganges. Blöd, aber nicht zu ändern.

Es gab eine Gemeinschaftsküche, in der es einen Kühlschrank gab und für jeden einen abschließbaren Schrank, dazu eine große Terrasse mit Autobahn-Blick plus die Wälder in Richtung Lich.

Das Schöne an diesen Studentenwohnheimen war, dass die einzelnen Flure sogenannte Flurfeten veranstalteten. Man benötigte keine Einladung. Die Musik war die Einladung. Wenn man irgendwo Mucke hörte, war man quasi eingeladen. Man folgte einfach dem Sound.

Ich weiß nicht, ob das heute noch so abläuft. Damals in den 80ern war es so. „Just An Illusion“, „Skandal im Sperrbezirk“, Falcos „Der Kommissar“. Die Neue Deutsche Welle war Anfang der 80er auf ihrem Höhepunkt. Wir folgten dem Motto von Sänger Markus: „Ich will Spaß, ich geb Gas.“

Auf meinem Flur waren die unterschiedlichsten Leute versammelt. Friedhelm Brühne aus Oberhausen war unser DJ, da er ein megatolles und damals hochmodernes Tonbandgerät hatte. Karl-Friedrich Glombitza war unser Öko-Freak, bekennender Schwabe aus Rottweil, sehr liebenswert und bescheiden, wollte uns immer seinen Lieblingssender SWR aufdrücken. Die stets fröhliche Birgit aus dem hessischen Oberursel und die verschlossene Erdmuthe, die es heimlich mit dem verheirateten Mensakoch trieb.

Und dann war da noch unser Flurtürke. Das ist nicht despektierlich gemeint. Er nannte sich selbst so. Blond, gutaussehend, Medizinstudent aus Trabzon, stets gut gelaunt. Dazu drei Jurastudenten, die alle drei – wenn sie ihre Hausarbeiten abgeben mussten – die letzten drei Tage vor dem Abgabetermin Tag und Nacht auf ihren mechanischen Schreibmaschinen rumhackten.

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