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Fünfer-Wohngemeinschaft

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An Wochenenden war ich zudem bei der Gießener Allgemeinen aktiv. Ich schrieb vorwiegend über Handball, weil die Fußballligen durch andere Mitarbeiter besetzt waren. Vorwiegend sogar Frauenhandball. Egal. Denn der war top in Gießen mit dem TV Lützellinden, SG Kleenheim, Dutenhofen.

Samstags wurde das Porträt der Woche veröffentlicht. Die Aufgabe bereitete mir besonderen Spaß, weil sie wegführte vom schnöden 1:0-Journalismus. Wenzel Siegel, der Lokalsportchef, war nett, aber ein komischer Typ. Lange Haare, den Pony wischte er alle paar Sekunden seitlich aus der Stirn, weil er sonst nichts mehr sehen konnte. Wäre auch egal gewesen, weil er zu den Menschen gehörte, die dem Gegenüber kaum in die Augen blicken konnten. Dazu sprach er leise und wirkte fast schüchtern. Leider ist auch Siegel inzwischen verstorben.

Sehr gut verstand ich mich mit dem Chef des übergeordneten Sports, Gerhard Steines. Steines war ehemaliger Leistungssportler (Toperfolg: Platz fünf bei den Europameisterschaften 1978 und zwischen 1974 und 1979 viermal Deutscher Meister im Kugelstoßen). Als Journalist widmete sich Steines immer wieder seinem Lieblingsthema Doping. Liegt ja nahe. Er gab auch offiziell zu, gedopt zu haben, da man, ohne es zu tun, in seiner Sportart keine Medaillenplätze hätte erreichen können. Gerhard und ich funkten auf einer Wellenlänge. Er ist bis heute bei der Gießener Allgemeinen als Kolumnist des „Anstoßes“ erfolgreich, nachlesbar im Internet im Blog „Sport, Gott und die Welt“. Auch einen Kriminalroman veröffentlichte er: „Seemannsköpper“.

Nach einigen Jahren Lotterleben im Studentenwohnheim wollte ich solider werden. Gemeinsam mit den Sportstudenten Andreas Duchscherer aus Hadamar bei Limburg und Peter Blasini aus Lich mietete ich einen Bungalow im Gießener Vorort Rödgen. Dazu suchten wir uns noch zwei Frauen und fertig war die Fünfer-WG.

Auch keine schlechte Zeit. Bei der Auslosung, wer das größte Zimmer bekäme, hatte ich leider Pech. Aber das war mir am Ende auch wurscht. Mein Zimmer war ein schönes großes Bett (pink), dazu pink gestrichene Wände und ein Billy-Regal von IKEA. Irgendwie aus heutiger Sicht nicht passend für einen jungen Burschen. Aber ich hatte ja auch einen beachtlichen Schnauzbart. Fehlte nur noch die Mucke von Wolle Petry.

Für uns war die WG-Zeit lustig. Ich arbeitete bereits für das ZDF. Peter stibitzte alles, was nach Schokolade aussah. Andi, Fußballer bei der drittklassigen Eintracht Haiger, stöhnte über Wehwehchen. Fußball war immer ein großes Thema in unserer WG. Denn auch Peter Blasini war ein Fußballlandesliga-Hero in der nahegelegenen Bierstadt Lich. Später wirkte er dort als Schuldirektor und kandidierte als Parteiloser für das Bürgermeisteramt, scheiterte jedoch knapp. Ich bewundere Menschen, die Wähler ohne Parteibuch überzeugen können.

Ein weiterer Mitbewohner, Marco Unali, der eines der Mädchen ersetzte, besaß eine Matratze und einen Miniaturaschenbecher, aus dem die Kippen herausquollen. Keine Ahnung, wie er das mit Wäsche machte. Im Zimmer lag keine. Ich glaube, wir fragten ihn auch nie danach.

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