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Patriot? Lattek lachte mich aus

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Eine neue Aufgabe stand an. Nach dem Zivildienst weg von Gladbeck, eine Fahrtstunde Richtung Osten nach Lippstadt. Eine wunderschöne Stadt im Ostwestfälischen mit viel Fachwerk, an der Lippe gelegen, auf der Linie Dortmund – Paderborn, in der Nachbarschaft von Soest, rund 60 000 Einwohner, dörfliches Umfeld. Und mit einer ausgeprägten Kneipen- und Cafészene. Politisch sehr konservativ. Was auch mein neuer Arbeitgeber war.

Und jetzt muss ich ausholen. Mein neuer Arbeitgeber hieß Der Patriot. Eine Tageszeitung, die ihren Mantel von den Ruhr Nachrichten bezog. Eine kleine Redaktion kümmerte sich um den Lokalteil inklusive Extraseiten für die Nachbarorte Geseke, Rüthen, Erwitte/Anröchte. Die Zeitung war 1848 gegründet worden, als Patriotismus noch positiv besetzt war. Aus Tradition hatte man den Namen beibehalten. In Lippstadt störte dies niemanden.

Aber außerhalb Lippstadts gab es immer Erklärungsbedarf. Meine politische Heimat war eher bei der SPD angesiedelt. Und mit Rechtsradikalen wollte ich auch nicht in Verbindung gebracht werden. War die Zeitung auch nicht. Sie war CDU-nah, so wie die Ruhr Nachrichten, der Verleger war gleichzeitig Bürgermeister der Stadt. Also konservativ, aber in keiner Weise radikal oder nationalistisch.

Ich arbeitete im Lokalsport. Einmal sollte ich einen Vorbericht über ein Freundschaftsspiel von Borussia Dortmund in Lippstadt schreiben. Ziemlich naiv rief ich beim BVB an und ließ mich zum Trainer durchstellen. Das war damals noch so unkompliziert möglich. Trainer war damals Udo Lattek. Er meldete sich knapp: „Lattek.“ Jetzt kam mein Part. Ich sagte: „Guten Tag. Mein Name ist Jörg Dahlmann, Der Patriot aus Lippstadt.“

„WAAAAAAAASSSSS?“ Udo Lattek bracht in schallendes Gelächter aus. So wie aus ’ner Flasche Ketchup nach langen Versuchen plötzlich alles auf einmal raussprudelt. Er hörte gar nicht mehr auf zu lachen. I made his day. Er rief in den Hörer: „Wer ist da?“

Mein Gott, wie ich mich schämte. In diesem Augenblick war mir klar: Außerhalb von Lippstadt würde ich mich künftig nur noch mit „Lippstädter Tageblatt“ melden. Auch später, wenn ich nach meiner Vita befragt wurde, und auch auf meiner Homepage, schrieb ich: „Lippstädter Tageblatt“.

Das Vorgespräch mit Udo Lattek wurde dann auch nicht mehr ernsthaft. Dort der große Udo und hier der kleine Lokalfuzzi Jörg, der so naive Fragen stellte wie: „Wie bereiten Sie sich auf das Freundschaftsspiel gegen Lippstadt vor?“ Oje, damals wollte ich den Tag aus meinem Gedächtnis streichen. Heute lache ich mich darüber schlapp. Später, als ich mit Lattek bei Sport1 zusammenarbeitete, habe ich ihm die Geschichte noch mal erzählt. Er konnte sich sogar daran erinnern. Er lachte sich noch mal schlapp. Aber dieses Mal – mit Abstand – ich mich auch.

Zwei Jahre dauerte das Volontariat beim Patrioten. Ich wohnte in dieser Zeit in einer kleinen 28-Quadratmeter-Bude. Auf dem Boden lag eine Matratze, als Tisch diente unser alter Gartentisch, außerdem gab es eine kleine Kochnische. Geld für Möbel hatte ich nicht, das Gehalt im ersten Volontariatsjahr war überschaubar dreistellig. Im zweiten Ausbildungsjahr dann leicht vierstellig.

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