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Ein unmoralisches Angebot

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Etwas skurril war der Sportmediziner Professor Nowacki. Er war nicht sonderlich beliebt unter den Mitprofessoren, aber da hatte man eh den Eindruck, dass keiner den anderen mochte. Komisches Konkurrenzdenken. Nowacki war sehr selbstverliebt. Ich, ich und ich prägten seine Vorlesungen. Er rühmte sich damit, in den vergangenen Jahren mit Benfica und Sporting Lissabon zusammengearbeitet und geforscht zu haben.

Nowackis Prüfungen waren pillepalle. Er nahm stets die Prüfungen des vorletzten Jahres im ABAB-Verfahren. Logo, dass sich so etwas schnell rumspricht. So waren Prüfungen bei ihm eher ein Kindergeburtstag. Die Dummen waren diejenigen, die es nicht mitbekamen und es mit Lernen versuchten.

Für diesen Nowacki war ich ein Student unter vielen. Das änderte sich, als ich beim ZDF arbeitete und Sportstudio-Berichte erstellen durfte. Da wurde ich für ihn interessant. Eines Tages machte er mir ein unmoralisches Angebot.

Vorausschicken muss ich meine Turnallergie. Ich war der mieseste Geräteturner in der Geschichte der Justus-Liebig-Universität. Ich hasste meine Turnschläppchen. Ich schaffte es gerade mal im Barren hin- und herzuschwingen, Felgaufschwung packte ich am Reck nie, ich sprang aus Angst nie über einen Bock und beim Handstand kippte ich immer wie eine Bahnschranke um. Ich war turnmäßig ein Totalflop. Und es besserte sich auch nicht. Aber um das Studium abzuschließen, war es unumgänglich, die Kurse Turnen I und Turnen II erfolgreich zu absolvieren. Doch eher würde ein Liechtensteiner den Mars betreten, als dass ich eine Turnprüfung bestehen würde.

Und nun kommt Nowacki ins Spiel. Nowacki hatte zu der Zeit als Dekan das Sagen und suchte das Gespräch mit mir: „Na, wie läuft das Studium, Herr Dahlmann?“, wollte er wissen. Na ja, eigentlich war es für ihn nur eine Einstiegsfrage. Ich jammerte ihm mein Leid, meine Turnallergie vor. Und Nowacki, der eigentlich als Hardliner in Sachen Unumgänglichkeit der Geräteturnprüfungen galt, schleimte mich voll an: „Aber Herr Dahlmann, das ist doch kein Problem. Sie sind doch ein großer Mann. Das ist doch schon Grund genug für eine Befreiung von den Prüfungen.“

Meine Güte, wenn das die Ochsen von Sportlern, die Ruderer, die Basketballriesen oder die Kugelstoßer gehört hätten! Er bot mir an, die Turnprüfungen zu schlabbern. Die Geschichte hat jedoch ein „Aber“. Denn im selben Atemzug mit seinem Angebot unterbreitete er mir einen Vorschlag: „Sie können doch mal dafür sorgen, dass ich ins Aktuelle Sportstudio als Gast eingeladen werde.“

Das war Bestechung. Eine Hand wäscht die andere. Ich dachte darüber nach. Die Turnprüfung würde ich niemals im Leben, selbst mit Sondertraining nicht, bestehen können. Ich zögerte. Die Schleimerei von Nowacki empfand ich als höchst unangenehm, das war nicht „my cup of tea“.

Mir war klar, wenn ich ihn als Gast für Dopingfragen oder Kardiologie, Fitness, Trainingssteuerung vorschlagen würde, würde ich nicht mehr in den Spiegel schauen können. Außerdem hatte ich Angst, mich bei den ZDF-Kollegen lächerlich zu machen. Ich lehnte das Angebot ab.

Das Sportstudium in Gießen war unglaublich cool. Eigentlich hatte ich in Göttingen oder Köln Sport studieren wollen, doch gab es da Aufnahmeprüfungen in Geräteturnen. Und so blieb nur Gießen übrig. Und das war gut so!

Mein Windsurfingkurs war ein Highlight. Eine Woche Caorle in Italien im Herbst. Kursleiter war Gerd Purnhagen, dessen Spitzname „Porno“ nie erläutert wurde. Das Wasser war kuschelig warm, die Regatta fand bei Flaute statt. Mein Diplom des VDWS (Verbandes Deutscher Windsurfer) erhielt ich quasi ohne Wind im Stehen.

Immer geradeheraus

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