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Jo Dengelmann atmete erleichtert auf. Endlich meldete sich Jeanette. Ihm waren schon Zweifel gekommen, ob er sie überhaupt jemals finden würde. Hamburg ist groß. Hier sucht man nach einem Menschen wie nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Jo strich sich mit der Hand über die blonde Igelfrisur.

„Jeanette. Endlich!“

„Der Kellner vom Schmalztopf sagte mir, dass du mich suchst.“

„Ja.“

„Wie wohnt es sich in Philomenas Apartment?“

Jo lachte. „Wesentlich besser als im Knast.“

„Geht es dir gut?“, fragte Jeanette.

„Ich bin wieder frei“, gab Jo zur Antwort. „Bist du noch im Schmalztopf?“

„Nein“, sagte Jeanette. Im Hintergrund war das Pfeifen eines Zuges zu hören.

„Von wo rufst du an?, wollte Jo wissen. „Komm her! Ich möchte dich sehen.“

„Das geht nicht.“

„Warum nicht?“

„Es geht eben nicht“, wiederholte Jeanette in einem Tonfall, der ihm missfiel. So hatte sie früher nicht zu ihm gesprochen. Sie schien sich verändert zu haben. Nun, jeder Mensch verändert sich im Laufe der Zeit. Das ganze Leben ist Veränderung.

„Bongo hat mir von einem Saxophonisten erzählt.“

„Aldo war nur eine ganz kurze Episode“, erklärte Jeanette.

„Er lebt nicht mehr.“

„Ich weiß“, gab Jeanette zurück. Aldo Radaccis Tod schien sie nicht zu berühren.

„Ich muss dich sehen“, sagte Jo unvermittelt. „Wir müssen reden.“

„Das tun wir.“

„Ich meine nicht am Telefon. Es ist wichtig. Es geht um einen Job.“

„Ich erledige keine Jobs mehr.“

Er hatte irgendwie befürchtet, dass sie das sagen würde. Er hatte es seltsamerweise gleich im Gefühl gehabt, als er ihre Stimme gehört hatte.

„Jeanette“, sagte er mit sehr viel Nachdruck, „ich brauche deine Hilfe.“

„Tut mir leid, Jo, ich kann nichts mehr für dich tun.“ Sie klang kalt und abweisend.

„Warum nicht?“ Er war nahe daran, einen Tobsuchtsanfall zu bekommen, konnte sich nur mit großer Mühe beherrschen. „Was ist passiert?“, fragte er heiser. Wenn sie hier gewesen wäre, wenn er sie vor sich gehabt hätte, hätte sie nicht so mit ihm reden dürfen. Er hätte ihr links und rechts ...

„Nichts ist passiert“, antwortete Jeanette.

Er lachte. „Machst du neuerdings etwa auf seriös?“

„Vielleicht.“

„Du?“ Er lachte noch einmal. Laut und spöttisch. „Das glaub’ ich nicht.“

„Dein Bier“, konterte sie gleichgültig. „War nett, mit dir zu plaudern, Jo.“

„Warte, Jeanette.“ Er schrie erschrocken auf, befürchtete, dass sie zu früh auflegte. Er hatte keine Adresse von ihr, wusste nicht, wo er sie finden konnte. Nach diesem Telefonat würde sie den Schmalztopf meiden. Wo sollte er sie dann suchen?

„Was ist denn noch?“ In ihrer Stimme schwang deutlich Verdrossenheit mit.

„Du schuldest mir einen Gefallen.“

„Ach, komm, Jo.“ Sie klang noch verdrossener. Aber er glaubte auch eine Spur von Nervosität und Unsicherheit zu hören, und das gefiel ihm. Der Lack ihrer überheblichen Selbstsicherheit hatte einen ersten hässlichen Kratzer abgekriegt.

Seine Augen verengten sich, und seine Lippen wurden schmal, als er sagte: „Ich hatte gehofft, dich nicht daran erinnern zu müssen, aber wenn du es nicht anders willst: Ich habe dich in der Hand, Jeanette. Ich weiß etwas von dir, das die Polizei brennend interessiert.“

„Mistkerl!“, fauchte sie.

Er grinste zufrieden. „Können wir jetzt vernünftig miteinander reden?“

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