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Claudia Meeles verfiel zusehends. Die Krankheit fraß ihre Schönheit auf. Sie war schwach, schlief viel und wurde immer wieder von Fieberschüben heimgesucht. Man hatte ihre Milz bestrahlt. Dr. Härtling hatte eine extrakorporale Blutbestrahlung angeordnet - das ist eine Bestrahlung des Blutes, während es ähnlich wie bei einer künstlichen Niere durch einen Apparat außerhalb des Körpers geleitet wird. Ihre Lymphknoten und einzelne blutbildende Organe wurden ebenfalls bestrahlt. Es ging ihr trotzdem immer schlechter. Also musste der nächste Schritt getan werden - die Ganzkörperbestrahlung. Man bestrahlte den ganzen Organismus durch eine äußere Strahlenquelle und führte intravenös Radionukliden zu.

Nichts half.

Auch mit einer intensiven Chemotherapie hatten die Ärzte der Paracelsus-Klinik nicht den erhofften Erfolg. Unaufhaltsam ging es mit der siebzehnjährigen Patientin bergab. Als feststand, dass das Knochenmark ihrer Großeltern sich für eine Transplantation ebensowenig eignete wie das von Peter Werding, versuchte Dr. Härtling über regionale und überregionale Spenderzentralen Knochenmark aufzutreiben, das Claudias stark geschwächter Organismus nicht abstoßen würde.

Peter besuchte sie jeden Tag. Ihre erschreckend wächserne Blässe vermochte ihn nicht zu entmutigen. Er war nach wie vor davon überzeugt, dass Gott ihm das Liebste, das er auf der Welt hatte, nicht nehmen würde. Kein Gott, wie auch immer man ihn nennen mochte, war so grausam. An diese Überzeugung klammerte sich seine Hoffnung.

„Das Leben ist ein Wellental“, sagte er immer wieder zu Claudia. „Mal ist man oben, mal unten. Im Moment bist du unten, aber es wird bald wieder aufwärts gehen. Ich weiß es. Ich bin ganz sicher. Du kannst dich darauf verlassen.“ Er hielt ihre kalte, feuchte, kraftlose Hand, wischte ihr sanft den Schweiß von der Stirn, gab ihr zu trinken, wenn sie durstig war. Er erzählte ihr von der Firma und von Frau Wagner, die - dank einiger weiterer Instruktionsstunden - am Computer immer weniger Fehler machte.

Sie lächelte müde. „Ist sie noch an dir interessiert?“

„Sie hat jemanden gefunden, der altersmäßig besser zu ihr passt. Er holt sie immer nach Feierabend ab, und sie schnäbeln wie Turteltauben.“

„Schön für sie“, sagte Claudia leise.

„Wenn du wieder gesund bist ...“

„Peter ...“

„Ja, Liebes?“

„Ich muss dir etwas sagen.“

„Was denn, Liebes?“

„Ich möchte nicht mehr, dass du mich besuchst.“

„Aber Claudia!“ Er starrte sie entgeistert an. Sie konnte das unmöglich ernst gemeint haben.

„Ich möchte dich nicht mehr sehen“, kam es tonlos über ihre ausgetrockneten Lippen.

„Aber wir lieben uns doch.“

Sie drehte ihr Gesicht von ihm weg.

„Ich habe dich geliebt.“

„Und nun liebst du mich nicht mehr?“

„Nein.“

„Warum nicht?“

„Es ist vorbei. Zu Ende.“

„Das - das verstehe ich nicht“, stammelte er konsterniert.

„Ich möchte dich nicht länger an mich binden. Ich will den Weg, der vor mir liegt, allein gehen.“ „Warum denn allein? Du wirst wieder gesund und ...“

„Nein, Peter, ich werde nicht mehr gesund.“

„Wie kannst du so etwas Unsinniges sagen?“

„Ich fühle es. Ich werde sterben, und ich möchte nicht, dass du mir dabei zusiehst. Ich möchte, dass du mich so in Erinnerung behältst, wie ich mal war.“

„Claudia, so darfst du nicht sprechen. Das ist ...“

„Bitte geh, Peter. Geh und komm nicht wieder!“

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