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Die Operation verlief ohne Zwischenfall. Sie hatte den ganzen Morgen gedauert. Beide Ärzte und Christina als OP-Schwester hatten ihr Bestes gegeben und bis zur Erschöpfung gearbeitet. Mit letzter Kraft wankten sie heraus. Wolfgang lag noch in Narkose. Man hatte ihn in sein Zimmer geschoben. Die ersten Stunden würde er noch schlafen und keine Schmerzen haben.

Die Erwachsenen aßen nur Kleinigkeiten. Keiner sprach, irgendwie war jeder für sich weit weg. Stefan ging nach oben und schlief zum ersten Mal seit einiger Zeit wieder ein paar Stunden hintereinander. Als er ausgeruht nach unten kam, war Wolfgang gerade wach geworden. Bis jetzt hatte Haller bei ihm gesessen.

»Wie geht es dir?«, fragte Stefan.

»Gut«, sagte der Bub aus dem Verband heraus. Stefan wusste, dass er große Schmerzen haben musste. Aber er war ja so tapfer! Wolfgang wendete mit großer Kraftanstrengung sein Gesicht zum Fenster. Er schaute zum Berg hinauf.

»Vielleicht können wir schon im Winter hinaufsteigen?«

Stefan hatte ein Würgen in der Kehle. Er sah seinen Freund an. Der Winter stand vor der Tür. Der Bub hoffte also inbrünstig, alles möge schnell vorübergehen. Sollte er ihn belügen? Sollte Hoffnungen nähren, wo noch keine waren? Aber er wusste, wie sehr die Kinder sich dann daran klammerten - und wenn es dann nicht eintraf, das war noch viel grausamer.

Er nahm die zarte, fast durchsichtige Bubenhand und hielt sie fest.

»Wolfgang, das kann ich dir noch nicht versprechen. Ich will alles tun, alles versuchen - das weißt du doch, ja?«

Der Junge nickte.

Stille.

Dann sahen sie, wie zwei große, dicke Tränen an den langen Wimpern hingen. Wolfgang wollte nicht, dass die Ärzte sahen, dass er weinte, und so schloss er hastig die Augen. Der Verband sog die Tränen auf.

Stefan legte unten in der Wohnstube seine heiße Stirn gegen die kühle Scheibe und starrte auf das Dorf hinunter.

»Herrgott, gib mir die Kraft, durchzuhalten!«, stammelte er verzweifelt.

Gruber war eingetreten, hörte die Worte und war tief betroffen. So also stand es um die Klinik! Er ballte die Hände und verließ so leise, wie er gekommen war, den Raum. Er rannte den Berg hinunter, zugleich sah er die gesunden und oft sogar dicken Kinder der Bauern vor sich. Sie alle wussten gar nicht, wie kostbar ihre Gesundheit war. Andere mussten sie sich schwer erkämpfen. Herrgott, dachte er, da sitzen sie nun auf ihren Höfen und scheren sich um nichts. Sie machen dem Stefan noch das Leben schwer. Und der geht hin, und opfert alles, bringt sich selbst an den Rand des Ruins - und das alles für fremde Kinder! Warum haben sie nur ein Herz aus Stein? Am liebsten möchte ich schreien: Opfert doch auch mal was! Seid doch froh, dass ihr gesunde Kinder habt, ihr Unmenschen! Hebt endlich den Bann auf! Seht doch endlich, wie selbstlos und tapfer er ist! Christus hat man verraten - Stefan ist nur ein Mensch. Immer werden sie die Guten verhöhnen und verraten.

Franz lief in seinem Zorn zum Pfarrer und hatte ein langes Gespräch mit ihm.

»Bis jetzt hab ich geschwiegen«, sagte dieser, »weil ich hoffte, sie würden von allein Vernunft annehmen.«

»Es wird Zeit, dass Sie Ihnen die Schädel einschlagen!«, sagte der Lehrer wütend.

»Ich bin kein Don Camillo«, lächelte der alte Pfarrer.

»Aber Sie können von der Kanzel sprechen, mal von diesen Kindern. Warum können wir nicht einmal für die Klinik sammeln?«

»Steht es wirklich so schlimm?«

»Ich glaube schon.«

»Ich werde mit meinem Bischof sprechen.«

Gruber stand draußen und schaute hinauf. Oben in der Klinik brannte jetzt nur noch ein kleines Licht. Das war Wolfgangs Zimmer.

»Herrgott, gib ihnen die Kraft, dass sie alle durchhalten!«, betete er nun auch.

Schicksal, Tränen und doch das Glück: Arztroman Sammelband 4 Romane

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