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Die ersten Schlagzeilen erschienen, und bald war das Retortenbaby in aller Munde. Auch von der Paracelsus-Klinik und ihrem Leiter brachte das Blatt, für das Ronny Puhl schrieb, Fotos, und man musste dem Reporter zugestehen, dass er noch nie sauberer und wahrheitsgetreuer berichtet hatte.

Puhl wusste, dass er sich keinen Schnitzer erlauben durfte, wenn er nicht mit Dr. Härtlings Schwager zusammenkrachen wollte, deshalb brachte er in seinen Berichten ausschließlich gewissenhaft recherchierte Fakten.

Er verzichtete auf jede Effekthascherei, was normalerweise nicht seine Art war, und saugte sich keine Halbwahrheiten aus dem Finger, um besser bei den Lesern anzukommen.

Alles hatte Hand und Fuß, stellte die Paracelsus-Klinik und ihr Personal in bestem Licht dar und trug dazu bei, dass noch mehr Menschen als bis bisher sich in dem von Dr. Sören Härtling mit Umsicht, Erfahrung und Kompetenz geleiteten Klinikum von ihren großen und kleinen Wehwehchen kurieren lassen oder ihr Baby zur Welt bringen wollten.

Der kleine Florian Wasner wurde eine große Berühmtheit. Er avancierte zu jedermanns Liebling. Ronny Puhl schrieb immer neue Storys über den süßen Kleinen, den alle Leser so sehr in ihr Herz geschlossen hatten, und das Blatt hatte sich noch nie so gut verkauft wie in diesen Tagen.

Der sommersprossige Reporter war in der Paracelsus-Klinik auf eine äußerst ergiebige Goldader gestoßen, und er verstand es meisterhaft, daraus seinen Nutzen zu ziehen.

Seine Beziehung zu Grethe Lembke setzte mehr und mehr Rost an, und die Affären, die ihn von ihr fernhielten, wurden immer zahlreicher und dauerten immer länger – und bald sah es nicht mehr danach aus, als würde er noch mal zu seiner mageren Freundin zurückkehren.

Als er beschloss, dieses für ihn unergiebig gewordene Kapitel seines Liebeslebens zu beenden und ein neues zu beginnen, erschien Grethes Vater mit leidender Miene in der Redaktion.

„Kann ich Sie sprechen, Ronny?“, fragte er.

„Ich habe nicht viel Zeit“, erwiderte der Reporter, wenig erfreut über diesen Besuch.

„Ich werde Sie nicht lange aufhalten“, versprach Oskar Lembke, ein schmalgesichtiger Mann mit spitzer Nase.

Ronny Puhl seufzte. „Na schön, Herr Lembke, was haben Sie auf dem Herzen?“ Er zeigte auf einen leeren Stuhl, der neben seinem Schreibtisch stand.

Lembke setzte sich. Er war erregt. Seine Hände zitterten. Seine Augenlider zuckten. „Es geht um meine Tochter“, sagte er mit bebender Stimme.

„Ich hoffe, es geht ihr gut.“

„Es geht ihr miserabel.“

„Das tut mir leid.“

„Tatsächlich?“

„Ich habe Grethe mal geliebt.“

„Und wieso lieben Sie sie nun nicht mehr?“, wollte Oskar Lembke wissen.

Ronny Puhl zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Es ist einfach vorbei.“ Er musterte sein Gegenüber mit kühlem Blick. „Lieben Sie Ihre Frau noch?“

„Darüber möchte ich nicht reden.“

„Ich nehme an, Sie sind eines Morgens aufgewacht und haben festgestellt, dass Sie für Ihre Frau nichts mehr empfinden, und genauso war’s bei mir.“

„Grethe weint sich Ihretwegen die Augen aus dem Kopf.“

„Sie wird irgendwann damit aufhören“, erwiderte der Reporter gleichgültig.

„Warum haben Sie ihr so weh getan?“, fragte Lembke vorwurfsvoll.

„Das lag nicht in meiner Absicht“, antwortete Puhl. „Ich sehe nur keinen Sinn darin, eine Beziehung, die bereits klinisch tot ist, mit aller Macht weiter am Leben zu erhalten – weil das nämlich niemandem was bringt. “

„Sie Mistkerl haben meine Tochter ausgenutzt.“

Der sommersprossige Reporter hob die Hände. „Ich habe nicht nur genommen, sondern auch gegeben.“

„Was haben Sie Grethe denn schon gegeben?“, fragte Lembke abschätzig.

„Was ein Mann einer Frau im Bett eben so gibt.“ Puhl lachte gedämpft. „Haben Sie das etwa schon vergessen?“

Lembke brauste auf. „Sie unverschämter ...“

„Ich bitte Sie, machen Sie mir hier keine Szene“, fiel Ronny Puhl dem aufgebrachten Mann energisch ins Wort. „Es geht in jeder Sekunde irgendwo auf der Welt eine Beziehung in die Brüche. So ist das Leben. Machen Sie kein Drama daraus.“

Lembke maß den Reporter verächtlich. „Grethe war viel zu schade für Sie.“

Ronny Puhl zuckte gleichmütig mit den Achseln. „Sie kann sich jetzt ja einen besseren suchen. Ich bezweifle nur, dass sie einen finden wird – so mager, wie sie ist.“ Er grinste. „Ist nicht ganz leicht für einen Mann, in ihr eine Frau zu sehen.“

Oskar Lembke verlor die Beherrschung. Er sprang auf und schlug den Reporter mit der Faust ins Gesicht.

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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