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„Du hast bestimmt sehr schöne Augen“, sagte Peter Kloiber lächelnd. „Ich kann sie nur leider nicht sehen.“

„Entschuldige“, gab Grethe Lembke verlegen zurück. „Ich kann die Sonnenbrille nicht abnehmen. Ich habe eine eine Bindehautentzündung.“

Sie saßen in einem gut besuchten Straßencafé unter einem malvenfarbenen Sonnenschirm. Grethe Lembke hatte einen Cappuccino vor sich stehen, Peter Kloiber einen Mokka.

Der junge Mann nickte. „Bindehautentzündung.“

„Ja.“

„Verstehe.“

Sie schwiegen einige Minuten.

Dann sagte Peter Kloiber: „Ich hatte auch mal so eine Bindehautentzündung. Liegt ungefähr zwei Monate zurück. Ich hatte damals eine Freundin. Romy war ihr Name. Unsere Beziehung lief von Anfang an bloß auf drei Zylindern, aber ich wollte Romy trotzdem nicht verlieren, deshalb habe ich wie verrückt geklammert, doch das konnte sie schon gar nicht haben. Eines Tages sagte sie mir aus heiterem Himmel, es wäre aus mit uns, sie wolle mich nicht mehr sehen, sie habe bereits einen anderen Freund. Und kurz darauf hatte ich dann diese Bindehautentzündung.“

Grethe Lembke rührte ihren Cappuccino um. Diese Beschäftigung schien ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen.

„Du hast Liebeskummer, nicht wahr?“, sagte Peter.

Grethe sagte nichts. Sie seufzte nur schwer.

„Man glaubt, der Himmel würde einstürzen“, sagte Peter. „Man fühlt sich hundeelend, kann nicht essen, nicht schlafen, meint, nie wieder auf die Beine zu kommen. Das Herz tut weh. Der Kopf ist leer. Sämtliche Glieder schmerzen. Man ist ein Fremdkörper, ein Außenseiter in einer Welt, die einen nicht versteht.“

Grethe trank einen Schluck Cappuccino.

„Ist was dran an dem, was ich sage, hab’ ich recht?“, lächelte Peter Kloiber.

Grethe Lembke taute langsam auf.

„Hast du diese Romy sehr gern gehabt?“, fragte sie.

„Ich dachte, ich kann ohne sie nicht leben“, gestand Peter ehrlich. Er breitete die Arme aus. „Und sieh her, es geht doch. Bei dir wird es genauso sein. Zuerst steht man vor einer hohen, kahlen Mauer und denkt: Grundgütiger, da komme ich nie drüber. Und nach einigen Wochen hast du die Mauer hinter dir und weißt nicht mehr, wie du sie überwunden hast. Es ist irgendwie von selbst geschehen.“

„Es ist sehr trostreich, was du da sagst.“

„Ich bin ein unheimlich guter Tröster“^ erwiderte Peter schmunzelnd. „Du solltest meine Dienste in Anspruch nehmen.“

„Vielleicht tue ich das wirklich.“

„Würde mich freuen.“

„War Romy hübsch?“, fragte Grethe.

„Zu hübsch für mich.“

„Warum bist du so bescheiden?“

Peter machte eine vage Handbewegung. „Ich habe zu Hause einen Spiegel.“

„Also, ich finde nicht, dass du dich zu verstecken brauchst“, befand Grethe Lembke.

„Das geht runter wie Öl“, grinste Peter Kloiber. „Hast du noch mehr davon auf Lager?“

„Kann schon sein.“

„Lass hören.“

Grethe lachte. „Nicht alles auf einmal.“

Peter hob den Zeigefinger. „Hast du’s gemerkt?“

„Was?“

„Du hast gelacht“, sagte Peter. „Hättest du es vor einer halben Stunde für möglich gehalten, dass du jemals wieder lachen würdest?“

„Nein.“

Peter Kloiber nickte zufrieden. „Siehst du, es geht aufwärts.“

„Das ist dein Verdienst.“

„Darauf bin ich stolz, Grethe. Ich finde, ein so nettes Mädchen wie du sollte niemals traurig sein.“

„Was ist heute nur für ein seltsamer Tag.“

Peter trank von seinem Mokka. „Wieso?“

„Vor kurzem stehe ich noch mit einer Weltuntergangsstimmung auf dieser Brücke, und jetzt sitze ich hier mit dir, wir trinken Kaffee, der Tag ist nicht mehr so entsetzlich grau, und du hast mich sogar zum Lachen gebracht.“

Peter grinste. „Ich kann zaubern.“

„Scheint so.“

„Erzählst du mir mehr von dir?“

„Ein andermal“, versprach Grethe.

Peter horchte auf. „Heißt das, ich darf dich wiedersehen?“

„Wenn du das möchtest.“

„Klar möchte ich. Und wie. Morgen?“

Grethe nickte. „Okay.“

„Wieder hier?“

„Meinetwegen.“

„Dieselbe Zeit?“, fragte Peter Kloiber.

Grethe nickte wieder.

Der junge Mann stöhnte. „Jetzt habe ich die längsten vierundzwanzig Stunden meines Lebens vor mir. “

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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