Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 103
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ОглавлениеCaptain Dawn sah die grausamen Verstümmelungen, die seine Fay erleiden musste, und es war ihm, als sei er selbst verstümmelt worden. Der Schmerz, den er empfand, konnte nicht mehr schrecklicher sein. Und er war nicht nur körperlich, sondern vor allem seelischer Natur.
„Setna!“, flehte er in seiner Not. „Bitte, hol uns zu dir! Nur der Tod kann uns erlösen. Oder schicke meinetwegen die Raumverschlinger. Alles ist besser als dieses hier!“
„Raumverschlinger?“, echote der ältere Mann und schüttelte den Kopf. „Ja, seltsam. Wir dachten zuerst, es wären Torpedos, aber dann scannten wir den Inhalt. Lebewesen der niederen Art? Wie bitte? Was sollte das denn? Aber inzwischen haben wir es ja längst erfahren. Das waren Opfergaben! Für die Raumverschlinger, die es gar nicht gibt. Ach, was ist bloß aus der Menschheit geworden? Erobert gnadenlos den Weltraum und ergeht sich dabei in Aberglauben wie in den primitiven Anfängen.“
„Das – das ist kein Aberglauben!“, verteidigte sich der Captain, trotz einer Pein.
„Setna!“, rief er wieder.
„Du kannst nach deinem Gott rufen so viel du willst. Es gibt ihn nicht. Zumindest nicht hier. Denn hier sind wir.“
„Ihr seid keine Götter!“
„Sind wir nicht? Immerhin mehr als Setna es je sein könnte. Sonst würde er Ihnen ja helfen, Captain Dawn, nicht wahr? Er würde alle ihre Feinde vernichten. Sie müssten ihn nur anrufen. Oder liegt es daran, dass Ihnen hier keine Opfergaben mehr zur Verfügung stehen?
Ach ja, wir haben diese Bojen eingesammelt und die armen Lebewesen darin erlöst. Und da meinen Sie, wir wären die Grausamen? Also, ich muss schon sehr bitten, Captain Dawn…“
„Nächste Frage!“, rief die Amazone von drüben.
Der ältere Mann sah nicht zu ihr hin, sondern nickte nur. Dann kam seine Frage:
„Wer oder was ist Danza?“
Trotz seiner vom Schmerz umnebelten Sinne bemerkte Dawn den Unterschied. Der ältere Mann hatte nicht gefragt: „Wer ist Danza?“, aber auch nicht eindeutig: „Was ist Danza?“ Sondern tatsächlich: „Wer oder was ist Danza?“
Das bewies zweierlei: Erstens, der Gegner wusste von ihr. Zweitens, der Gegner war nicht in der Lage, sie einzuordnen.
Also doch: Sie hatte fliehen können. Irgendwie. Sie war nicht in ihre Gefangenschaft geraten. Der unsichtbare Gegner war nicht in der Lage gewesen, sie zu versklaven oder auch nur erfolgreich zu verhören!
Captain Dawn schöpfte tief Atem und erlaubte es sich, zumindest ein wenig neuen Mut zu fassen.
Doch da geschah es: Die Amzone drüben hob das Folterwerkzeug und ließ das messerscharfe Beil in die Armbeuge von Fay Wray niedersausen. Mit diesem einen Schlag durchtrennte sie geschickt die Sehnenverbindungen zwischen Bizeps und Unterarm. Um als nächstes die Axt auf die Handwurzel niedersausen zu lassen.
Nicht fest genug. Die Knochen wurden nur zur Hälfte durchtrennt, mit einem hässlichen Krachen.
Die Amazone holte erneut aus, und der Schmerzensschrei Fays übertönte das erneute Krachen, als diesmal die Knochen komplett durchtrennt wurden und die sowieso bereits ihrer Finger beraubte und ansonsten zerschmetterte Hand vom Unterarm zu trennen.
Jetzt hätte Fay den Unterarm aus der metallenen Umklammerung ziehen können, doch das ging deshalb nicht mehr, weil sie dafür ihren Bizeps nicht zum Einsatz bringen konnte.
Sie schrie und schrie, aber auch Captain Dawn schrie, weil er den Schmerz genauso spürte, als sei es ihm selber widerfahren.
Das Zischen des Sprays gegen die Blutungen blieb diesmal unhörbar, weil von den Schreien übertönt.
„Noch einmal: Wer oder was ist Danza?“
Es dauerte eine Weile, bis sich Dawn soweit beruhigt hatte, dass ihm überhaupt erst wieder bewusst wurde, eine Frage gestellt bekommen zu haben.
„Danza? Ich habe doch selber schon nach ihr gefragt und keine Antwort erhalten. Danza ist unser AO, unser Außerordentlicher Offizier. Sie hat keine zugewiesene Position. Sie ist uns frei zugeteilt und entscheidet selbständig. Weder ich noch Fay Wray haben Kommandogewalt über sie.“
„Da kommen wir der Sache ja doch noch näher, wie ich sehe, Captain Dawn. Also, was so eine Folter tatsächlich alles bewirken kann. Das hätten Sie doch niemals zugegeben ohne diese, nicht wahr?“
„Aber Sie haben doch überhaupt nicht danach gefragt! Erst jetzt! Natürlich hätte ich es Ihnen gesagt. Es ist doch überhaupt kein Geheimnis.“
„Ja, Sie haben Ihrerseits nach dieser Danza gefragt, aber keinerlei Informationen hinzugefügt. Und ich kann Ihnen auch sagen, warum das so ist: Weil sie zu einem Geheimprojekt gehört.“
„Sie – Sie meinen immer noch, ich könnte Ihnen gegenüber etwas verschleiern? Vielleicht sogar gegen mein eigenes Wissen oder wie? Was glauben Sie denn? Sagen Sie es mir, damit ich endlich begreife, was Sie wirklich hören wollen.“
„Alles wurde unsererseits ja bereits gesagt. Sie sind jetzt dran. Über all den Schmerz, den wir nicht nur Ihrer Geliebten, sondern auch Ihnen zufügen, bleiben Sie immer noch standhaft?“
„Nein, bitte, ich flehe Sie an. Lassen Sie Fay Wray jetzt endlich in Ruhe. Bringen Sie uns beide meinetwegen um. Dann haben wir endlich alles hinter uns. Ich bin ja gewillt, Ihnen alles zu sagen, was Sie wissen wollen.“
„Dawn, was redest du da?“, rief jetzt Fay Wray trotz ihrer schrecklichen Schmerzen herüber. „Sage nichts mehr. Es ist doch sowieso alles verloren. Sie werden uns sowieso umbringen. Stückchenweise, ja, aber egal, was du sagst, es wird nichts daran ändern.“
„Doch, kann es und wird es!“, war Captain Dawn plötzlich überzeugt. „Also gut, der Schmerz ist so groß und die Ausweglosigkeit unserer Situation noch größer… Es ist tatsächlich so: Wir sind nur eine Art Vorhut. Nachdem alle Scouts in der Vergangenheit scheiterten, wurden wir eingesetzt. Natürlich, um nach dem Rechten zu sehen, aber durchaus zu allem entschlossen und auch fähig. Der Auftrag ist eindeutig: Befriedung! Also Analyse des Problems – und Lösung des Problems mit den geeigneten Mitteln.“
„Und sei es die vollkommene Zerstörung des betreffenden Planeten!“
„Ja, gewiss, das ist nicht zu leugnen.“
„Soweit waren wir ja schon. Und weiter, Captain Dawn?“
„Auch gut, weiter: Natürlich ist Danza keine Ausnahme. Sie ist als entscheidende Instanz mitgekommen. Falls wir versagen sollten. Sie ist der Außerordentliche Offizier, eben für außerordentliche Situationen. Alle können scheitern, sie jedoch nicht!
Und es gibt eben mehr als sie allein in der Flotte. Nicht nur als Einzelpersonen wie Danza, auf verschiedene Kriegsschiffe der Raumflotte von Axarabor verteilt, sondern auch als selbständige Crew. Spezialschiffe im Spezialauftrag.“
„Sie lügen, Captain Dawn!“, klagte der ältere Mann ihn jetzt an.
Und die Amazone reagierte sofort auf ihre Weise: Sie hieb jetzt mit der Beilseite in die andere Armbeuge von Fay Wray, um anschließend auch diese Hand komplett abzuhacken.
Die Hand blieb zunächst auf der Armlehne liegen. Die Amazone wischte sie mit der Schneide herunter, um sie patschend am Boden landen zu lassen, zwischen den abgehackten Fingern.
Captain Dawn schaute mit verschleiertem Blick in dieses ewige Lächeln, das die Amazone zeigte. Er sah, dass die Lederrüstung blutverschmiert war. Einige Blutspritzer hatten auch das Gesicht benetzt und die Haare verklebt.
Der Amazone war das egal. Sie spielte die Foltermagd in einer Art und Weise wie eine völlig unpersönliche Maschine. Sie kannte weder Mitleid noch sadistische Freude bei ihrer grausigen Arbeit.
Und Captain Dawn wusste, dass diese Quälerei so lange weitergehen würde, bis seine Fay Wray nur noch ein verstümmelter Torso war. Nichts mehr würde übrigbleiben von der einstigen Schönheit.
„Ach ja, keine Bange“, meinte der ältere Mann im gewohnten Plauderton. „Die Augen werden nicht verletzt. Genauso wenig wie die Ohren. Denn Ihre Fay soll ja genauso wie Sie das Krachen der Knochen hören und zusehen können, wie sie mehr und mehr verstümmelt wird.“
Captain Dawn schrie sich mal wieder die Seele aus dem Leib, vor allem diesmal aus Hass und Wut, obwohl es nichts nutzte, außer dass er davon heiser wurde.