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Die Tür am Ende des Ganges, der den Blicken des Captains nicht den geringsten Anhaltspunkt bot, wo er sich überhaupt befand, führte in einen größeren Raum. Dieser war genauso kahl wie eine Zelle. Die Wände und die Decke leuchteten aus sich heraus in diesem gewohnt angenehmen Licht, das keinerlei Schatten zuließ.

Der gravierende Unterschied zu einer Zelle stand inmitten dieses Raumes.

Eine Art Friseurstuhl, war der erste Eindruck von Captain Dawn.

Neugierig trat er näher heran. Man brauchte ihn nicht darum zu bitten.

Aber seit wann hatten Friseurstühle Vorrichtungen an den Armlehnen, um die Arme zu fixieren?

„Der Verhörstuhl!“, erläuterte der ältere Mann im Laborkittel.

Seine Sandalen patschten über den glatten Boden, als er näher kam.

Er machte eine einladende Geste.

„Wenn Sie bitte Platz nehmen möchten, Captain Dawn?“

Er wollte nicht. Natürlich nicht. Er schreckte sogar einen Schritt zurück.

Der ältere Mann schüttelte missbilligend den Kopf, und dann spürte der Captain den unbändigen Wunsch, unbedingt auf diesem Stuhl Platz nehmen zu müssen. Er konnte gar nicht anders, als sich darauf zu setzen.

Sofort schnappten die Metallbänder an den Armlehnen selbständig um seine Unterarme, um sie zu fixieren. Seinen Füßen erging es nicht besser.

„Es ist nur zu Ihrem eigenen Schutz!“, behauptete der ältere Mann.

Wer’s glaubt!, dachte Captain Dawn ketzerisch.

Der ältere Mann stellte sich vor ihn hin und schenkte ihm mal wieder ein überaus freundliches Lächeln. Seine Augen wirkten durchaus sehr lebendig, obwohl der Captain inzwischen ja wusste, dass er nicht Herr seiner eigenen Sinne war.

Wer oder was sprach mit seinem Mund und schaute durch seine Augen? Das blieben die zentralen Fragen.

Der ältere Mann hatte allerdings keine Lust, ihm diese Fragen zu beantworten. Er hatte selber welche, sonst hätte man den Captain ja nicht hier im Verhörsessel fixiert.

Er legte leicht den Kopf schief und fragte:

„Sie sind der Captain der Overscout, einem Kriegsschiff der Kreuzerklasse?“

„Ja“, erwiderte Captain Dawn, obwohl er sich über die Frage wunderte.

„Danke für Ihre Ehrlichkeit. Ich hoffe, Sie bleiben so ehrlich? Es wäre nur zu Ihrem Besten.“

„Wie heißen Sie eigentlich?“, fragte jetzt der Captain.

„Wie ich heiße? Aber ich habe gar keinen Namen. Keiner von uns hat einen. Weil wir keinen brauchen. Wir sind alle Teil des Ganzen.“

„Wie in einem Schwarm?“

„Ja, wenn man so will… Gut, so könnte man es tatsächlich bezeichnen. Wir sind so etwas wie Schwarmwesen in Menschengestalt.“

„Und es gibt einen einzigen lenkenden Geist?“

„Nein!“

„Nein?“

„Also zur nächsten Frage“, wich der ältere Mann aus. „Sie hatten den Auftrag, dort nachzuforschen wo alle anderen zuvor versagt haben. Das ist sowieso Ihre Hauptaufgabe innerhalb der Raumflotte von Axarabor.“

„So ist es. Allerdings bezieht sich das nicht allein auf meine Person, sondern natürlich auf das Schiff mitsamt der Besatzung und den Landetruppen, die Fay Wray unterstellt sind. Ich habe keine Befehlsgewalt über sie.“

„Ja, soweit war uns das bereits klar.“ Klang das jetzt tatsächlich nachdenklich?

Jetzt schürzte der ältere Mann sogar auch noch in einer typisch menschlichen Art die Lippen, als müsste er scharf nachdenken. Um schließlich die nächste Frage abzufeuern:

„Wieso sind Sie wirklich hierhergekommen?“

„Aber das habe ich doch bereits gesagt, und Sie wissen es schon: Wir sind hier, weil vor gut neuntausend Jahren Siedlerschiffe hierher kamen, die seitdem verschollen sind.

Mehrere Scoutschiffe haben in der Vergangenheit schon nach dem Rechten sehen wollen. Als auch sie nicht wieder auftauchten, wurde das System sogar zur verbotenen Zone erklärt.

Es hat sehr lange gedauert, bis wir sozusagen frei waren und diesen Auftrag übernehmen konnten. Und wir beide – Sie und ich - sind ja nun nicht die einzigen, die jetzt wissen, wieso alle vorher bereits gescheitert sind. Weil wir trotz unserer militärischen Überlegenheit einen Gegner vorgefunden haben, dem wir nicht gewachsen waren. Ohne dass ich begreifen kann, was das alles noch soll.

Was haben Sie eigentlich mit den anderen Gefangenen angestellt?“

Der ältere Mann wirkte jetzt höchst erstaunt.

„Sie reden immer wieder von anderen Gefangenen, Captain? Wie ist das zu verstehen?“

„Was ist daran denn unverständlich? Andere Gefangene! Also außer Fay und mir. Wo sind sie? In den anderen Zellen?“

„Oh, jetzt begreifen wir. Ein Missverständnis. Nein, nein, es gibt keine anderen Gefangenen. Wir machen keine Gefangene!“

„Wie bitte?“

„Ja, wir haben alle getötet. Logisch. Was hätten wir denn sonst mit ihnen tun sollen? Neues Menschenmaterial ist nicht nötig. Die bereits vorhandenen Menschen genügen uns. Und wenn nicht, lassen wir sie halt einfach Nachwuchs produzieren. Solche Gefangenen zu übernehmen, das ist nicht nur höchst uneffektiv, sondern birgt vielleicht Gefahren? Wir können nicht vorsichtig genug sein.“

„Moment mal, behaupten Sie gerade, Sie hätten rund zweitausend Menschen… umgebracht? Einfach so? Wie man Unkraut beseitigt? Also nicht nur diejenigen, die es nicht geschafft haben, rechtzeitig von Bord zu kommen, sondern…“ Die Stimme versagte dem wackeren Captain den Dienst.

Der ältere Mann legte den Kopf leicht schief und betrachtete ihn, als würde er ihn zum ersten Mal überhaupt sehen.

„Wir dachten eigentlich, das sei klar, dass niemand überlebt hat. Wir haben dafür gesorgt, dass alle Auswerfer rechtzeitig von Bord kamen, damit sie nicht beschädigt wurden. Weil wir sie natürlich noch für unseren technischen Pool benötigen. Desgleichen die mitgeführten Waffen.

Es kam ja wie beabsichtigt: Die Menschen nahmen ihre Waffen bei der Flucht mit. Also brauchten wir sie ihnen nur noch abzunehmen, genauso wie die Auswerfer.“

Die Stimme versagte dem Captain immer noch ihren Dienst.

„Aber gut“, fuhr der ältere Mann fort, als würde er über das Wetter plaudern. „Ich will es ihnen einfach mal zeigen, damit Sie besser begreifen, wie wichtig es für Sie selbst ist, mit uns zu kooperieren. Denn nur deshalb haben wir ja Sie und Ihre Geliebte am Leben gelassen: Um die eigentliche Wahrheit zu ergründen.“

„Die eigentliche… Wahrheit?“, brachte der Captain endlich hervor. „Aber ich habe Ihnen doch vorhin schon…“

„Ja, klar, Sie haben dabei nicht gelogen, aber uns interessiert eben die Wahrheit hinter der Wahrheit.“

„Sie sind doch total verrückt! Wahnsinnig! Mörderisch wahnsinnig! Sie löschen ganz einfach mal zweitausend Menschenleben aus, ohne mit der Wimper zu zucken, und…“

„Doch nur, weil wir halt grundsätzlich keine Gefangenen machen“, beharrte der ältere Mann. „Was ist daran so schwer zu verstehen?

Was ist denn mit Ihnen, Captain Dawn? Sie tauchen hier auf mit einem Militärkreuzer, bis an die Zähne bewaffnet, wie man in Ihrer Sprache so schön sagt, mit eintausendzweihundert zu allem entschlossenen Planetensoldaten, mit Auswerfern, die man auch Planeteneroberer nennt, ebenfalls voll bestückt mit tödlichen Waffen… Was wollten Sie eigentlich damit? Feilchenduft erzeugen? Uns erfreuen mit einem Feuerwerk der besonderen Art? Oder was?

Wollten Sie nicht in Wahrheit jeglichen Widerstand im Keim ersticken, wie ihr Soldaten zu sagen pflegt?

Angriff ist die beste Verteidigung. Nur ein Held, der überlebt, bleibt ein Held für weitere Taten. Wobei nichts anderes gemeint ist als das Umbringen anderer Wesen und seien diese ebenfalls Menschen.

Was, bitteschön, ist denn da überhaupt auch nur im Geringsten nicht zu begreifen, dass wir halt eben keine Gefangenen machen? Weil doch jeder von denen, die gestorben sind, ohnehin nichts anderes im Sinn hatte, als uns stattdessen auszulöschen?

Ach ja, dieser Spruch gefällt uns eigentlich am besten:

Angriff ist die beste Verteidigung!

Nun gut, wir haben Sie angegriffen und vernichtet. Besser hätte unsere Verteidigung nicht funktionieren können.

Oder was sagt der Militärstratege Captain Dawn dazu?“

„Ich bin kein Militärstratege!“, widersprach der Captain lahm.

„Nein? Als Captain eines Militärkreuzers? Wieso sind Sie dann nicht der Captain eines Handelskreuzers? Ach ja, der Militärstratege ist ja in erster Linie Ihre Geliebte Fay Wray. Ja, klasse, die ist ja ebenfalls hier. Genauso wie Sie.“

„Obwohl Sie keine Gefangenen machen normalerweise?“, versuchte der Captain jetzt sarkastisch zu sein.

Der ältere Mann lachte nur.

„Wer sagt Ihnen denn, dass Sie unser Gefangener sind?“

„Na, was denn sonst? Ich bin hier an einen Verhörstuhl gefesselt. Keine Ahnung, was für Technik sich darin verbirgt. Wie wollen Sie mich denn eigentlich zum Reden bringen, damit ich Dinge zugebe, die Sie hören wollen, die aber lediglich Ihrer kranken Fantasie entspringen? Und dann werde ich wieder in meine Zelle gesteckt und…?“

„Nein, nein, schon wieder ein Missverständnis, Captain Dawn. Sie werden in keine Zelle mehr gesteckt. Das war nur ein vorübergehender Aufenthaltsort für Sie. Bis Ihr Geist wieder völlig frei war, um das Verhör zum Erfolg führen zu können.

Und ich darf Ihnen sogar verraten, dass es sich gar nicht um eine richtige Zelle handelte, denn das ist nur eine der üblichen Unterkünfte für unsere Menschen. Davon gibt es ja immerhin einige Millionen, planetenweit, wie ich Ihnen verraten darf. Sie müssen ja irgendwo sich aufhalten können zum Schlafen. Leider konnten wir ihnen das nicht abgewöhnen.“

Der ältere Mann deutete an die kahle Wand, auf die der Captain sehen konnte.

„Ach ja, wir haben es ja schon angedeutet: Wir werden Ihnen zeigen, wie das im Einzelnen ablief. Ich meine das mit dem Töten Ihrer Leute. Vielleicht ist es nötig, damit Sie begreifen, dass es uns ernst ist. Wir haben Sie beide als einzige am Leben gelassen, weil wir endlich erfahren wollen, was Ihre eigentliche Absicht ist und vor allem, was wir ansonsten noch zu erwarten haben.“

Die Wand wurde prompt noch ein wenig heller, und dann schälte sich daraus ein plastisches Bild. Als hätte sich die Wand zum Weltraum hin geöffnet.

Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer

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