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Captain Dawn war nun einmal hier und war nun einmal der Kommandant. Er musste sich schnell entscheiden, weil sein Schiff, die Overscout (sinngemäß so aus der Amtssprache von Axarabor übersetzt: Mehrere gescheiterte Scoutversuche mündeten eben zwangsläufig irgendwann im Overscout-Versuch), bereits kurz davor war, in das System einzudringen. Auf der Planetenebene, wo das Sonnensystem quasi eine Scheibe bildete und sie sämtliche Planetenbahnen durchkreuzen mussten, um zum Zentrum zu gelangen.

Nur so war gewährleistet, dass sie Zeit hatten, das System sorgfältig zu scannen nach möglichen Gefahren, lange bevor sie die habitable Zone erreichten. Wären sie gewissermaßen von oben in die gedachte Scheibe eingedrungen, also in die Ebene der Ekliptik, hätten sie die habitable Zone unmittelbar erreicht. Aber Captain Dawn war davon ausgegangen, dass die Hauptgefahr eben genau innerhalb der habitablen Zone zu finden war, und wollte erst einmal alle möglichen Gefahren außerhalb ausgeschlossen haben.

Innerhalb der habitablen Zone befanden sich drei Planeten, wie er wusste. Und er musste sich entscheiden, welchen dieser Planeten sie besonders ins Visier nehmen mussten.

Die KI an Bord hatte alle diesbezüglichen Vorschläge anhand der leider eher ungenauen Überlieferungen und eigenen, wenngleich nur vorläufigen Scanergebnissen bereits gemacht und zugleich einen Status der Wahrscheinlichkeit berechnet, um auf die beste Alternative hinzuweisen.

Die Auswerfer, wie sie die kleinen Kampfbeiboote der Landeeinheiten nannten, waren bereit, wenngleich noch unbemannt. Seine Entscheidung würde auch beinhalten, dass sie programmiert wurden auf eben jenen Planeten, den sie hauptsächlich ansteuern sollten.

Captain Dawn war bald gewillt, die Entscheidung der KI vorbehaltlos zu übernehmen, als der EO (der erste Offizier) mit Namen Ferim Gareim eine fast unsichtbare Störung meldete.

Fast unsichtbar wohlgemerkt, sonst wäre sie gar nicht entdeckt worden von den hypersensiblen Detektoren des Schiffes Overscout.

Plötzlich flackerten alle Holoprojektionen, und das Kommandoschiff raste für einige Sekunden aus dem sogenannten DÜSTERRAUM kommend - nach den Vorstellungen der Besatzung der interstellare Raum zwischen den Sternensystemen, da, wo es höchstens mal ein paar hundert Atome pro Kubikmeter gibt, manchmal auch FINSTERRAUM genannt - blind weiter in das weitgehend noch unerforschte System von ARIANE 31 hinein.

Captain Dawn senkte den Kopf und fing an zu beten, zu SETNA, sicherheitshalber auch noch zu den unsichtbaren und nie nachgewiesenen RAUMVERSCHLINGERN, welche angeblich in besonders gefährlich erscheinenden Zielsystemen die habitable Zone durchstreiften, immer auf der Lauer, wieder einmal eines der Schiffe der Flotte von Axarabor zu vernichten.

Er schaute nicht auf, als er auf der Brücke den Befehl gab, jetzt schon vorsichtshalber ein paar VERDICHTER in Richtung habitable Zone auf den Weg zu schicken – Bojen von zehn Metern Länge und fünf Metern Umfang, mit Lebewesen der dritten Klasse gefüllt. Um die Raumverschlinger vom Mutterschiff abzulenken und natürlich auch von den Auswerfern.

Wissenschaftlich gesehen war der Sinn einer solchen Maßnahme genauso wenig nachgewiesen wie die Existenz der Raumverschlinger selbst, aber Raumfahrer, die zu Setna beteten und die man daher Setnaer nannte, kümmerten sich in diesen Fragen nicht um Wissenschaft. Sie hatten ihr eigenes und für sie allein gültiges Bild vom Weltall, und vielleicht würden die Verdichter ja tatsächlich die Raumverschlinger ablenken, und sie konnten weiter sich der habitablen Zone nähern, ohne dass ihr Militärkreuzer Overscout angegriffen oder beschädigt wurde? Dann galt dasselbe natürlich auch für die Auswerfer.

„Die Auswerfer auf den dritten Planeten des Systems programmieren, vollautomatisieren, jetzt!“, kam der Befehl über Dawns Lippen, ganz unbewusst eigentlich, weil er gleichzeitig auf die Holos schaute, um zu erraten, was da draußen eigentlich wirklich vorging. Denn es war noch immer nichts zu sehen. Und aus den Sekunden wurden gefühlte Ewigkeiten…

Nun, wenn die Raumverschlinger, um die allein es sich nur handeln konnte, schon so weit vor der habitablen Zone, die Verdichter ungeschoren ließen, hieß das ja nicht, dass sie dadurch nicht doch abgelenkt oder zumindest irritiert wurden. Wenn nicht, blieb die Gefahr, auf die man mit anderen Mitteln angemessen reagieren musste.

Doch wie?

Die verschmähten Verdichter konnte man ja später wieder einsammeln. Dieses Später musste man allerdings erst einmal erleben!

Die Verdichter hatten sich doch bislang immer bestens bewährt, und nicht nur Captain Dawn war der festen Überzeugung, dass er deshalb überhaupt bis jetzt jede Selbstmord-Mission lebend überstanden hatte.

Aber sicher konnte man natürlich nie sein, trotz dieses Manövers, denn selbst die besten Aufzeichnungsgeräte wiesen bis jetzt dort draußen, in der Richtung, in die sie flogen, nur Schemen und Schlieren nach, wie er sah, als endlich die Holos wieder funktionierten. Und die Bord-KI war selber unsicher, was da draußen wirklich vorging, also wie man diese mehr als diffusen Messergebnisse einordnen sollte.

Blieb zunächst die Frage: Gab es eine Reaktion auf die Verdichter?

Nicht erkennbar!

Verdammt, die unbeschreiblichen, weil unsichtbaren Raumverschlinger zeigten möglicherweise gar kein Interesse an den Lebewesen in den Verdichtern? Wonach gierte es sie denn sonst?

Noch bevor Captain Dawn den energetischen Schutzschirm hochfahren lassen konnte, als zusätzliche Maßnahme zum Schutz der Overscout, war ihm die KI bereits zuvor gekommen, um immerhin schätzungsweise dreißig Sekunden, die er sich selbst noch Bedenkzeit eingeräumt hatte.

Das ist jetzt wirklich zu früh, dachte Captain Dawn verstimmt, denn die dreißig Sekunden länger maximalen Energieverbrauch würde er natürlich später vor der Hochadmiralität rechtfertigen müssen, was er hasste wie die sprichwörtliche Pest.

Er fletschte die Zähne, und wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, ja, dann hätte er der Bord-KI jetzt mal ordentlich, das heißt unmissverständlich, gezeigt, wer hier wirklich das Sagen hatte.

Aber ohne die Möglichkeit dazu…

Die KI hatte eine Sicherheitsschaltung, eine tief einprogrammierte Applikation, garantiert unveränderbar, und die siegte immer. Damit eben niemals jemand eine solche KI missbräuchlich verwenden konnte. So hieß es zumindest.

Aber dadurch hatte sie eigentlich so gut wie immer das letzte Wort!

Ohne sich jemals dafür rechtfertigen zu müssen, wohlgemerkt!

Rechtfertigen, ja, das musste sich dann immer nur der jeweilige Captain. Und manchmal – zumindest manchmal! – beschlich den einen oder anderen betroffenen Captain innerhalb der Flotte das leise Gefühl, nur deshalb überhaupt eingesetzt worden zu sein, um am Ende als Sündenbock zu dienen und alles das zu rechtfertigen, was entschieden wurde, weil halt niemand die KI zur Rechenschaft ziehen konnte.

Solange diese sich auf die Sicherheitsschaltung berufen konnte zumindest.

Eingedenk dessen schloss er jetzt nur die Augen und hoffte, dass nichts passieren würde.

Obwohl: Vielleicht wäre es ja besser, es würde was passieren, was er dann später als Begründung für die zusätzliche Energieverschwendung anführen konnte?

Einfluss hatte er jedenfalls nicht mehr darauf. Seine einzige Aufgabe bestand, objektiv betrachtet, jetzt nur noch darin, zu hoffen. Egal, in welche Richtung diese Hoffnung auch gehen mochte.

Und dann… kam es sowieso anders als auch nur zu ahnen gewesen wäre. Es kam, wie es ein Albtraum nicht anders hätte vorgeben können.

Das Schiff raste nicht mehr länger nur irritiert durch irgendwelche unerklärliche Phänomene und ansonsten ungeschoren in das System von Ariane 31 hinein, weil plötzlich vor ihm Torpedos wie aus dem Nichts auftauchten und den energetischen Schutzschirm trafen.

Ja, reale Torpedos, also etwas, was niemand den unfassbaren Raumverschlingern zugetraut hätte. Denn diese hätten – wenn sie sich schon nicht ablenken ließen von den Verdichtern – doch normalerweise einfach nur die Overscout verschlungen, wie es ihrer namengebenden Natur entsprach, nicht wahr?

Außerhalb des Schiffes entstand das reine Inferno. Eine energetische Hölle, die alles vernichtet hätte.

Ja, ein Glück jetzt, dass die Abwehrfelder des energetischen Schutzschirms längst aufgebaut waren, sonst hätte es das Schiff in der Tat ganz einfach zerfetzt.

Konnte er das in seinem Bericht verwenden?

Welcher Bericht, wenn er dann vielleicht gar nicht mehr lebte?

Er wagte es, den Kopf zu heben.

Die Holos standen nicht nur wieder, sie waren hundertprozentig stabil. Sogar die Treffer in den Abwehrfeldern verursachten keinerlei Störung mehr.

Doch dann, ohne KI-Warnung, schien der Raum dort draußen sich irgendwie aufzulösen.

Oder verkrümmte er sich zusätzlich, obwohl dies physikalisch unmöglich erschien?

Bei Setna:

Etwas rüttelte an dem Schiff, wie ein unsichtbarer Gigant, der selber Hand anlegte, um das Schiff zu zerquetschen wie eine leere Blechdose, bevor er sie wegwarf.

Die Holos zeigten erneut ein reales feuriges Inferno dort draußen, am Schutzschirm, ohne dass vorher erkennbar Torpedos mit entsprechenden Sprengköpfen angeflogen kamen.

Ein Inferno diesmal, das sich ganz unvermittelt punktuell auszurichten begann – und den energetischen Schutzschirm schließlich an einem Punkt nicht größer als eine Faust hochkonzentriert durchstieß.

Schließlich schlugen die entfesselten Energien am Heck des stolzen Militärkreuzers ungehindert ein.

Ehe der Captain und seine Besatzung noch überlegen konnten, was als nächstes passieren würde, zerfetzte es das Haupttriebwerk, anschließend auch noch die Hauptenergieversorgung und puffte schließlich als Glutwolke in den Zentralschacht hinein, um von dort aus alles nach und nach, aber in Sekundenschnelle, im Innern des Schiffes mit gleisender Hitze aufzufressen!

Dawn konnte nicht anders. Die eigene Ohnmacht zwang ihn dazu, die Augen fest zu schließen, um den eigenen Tod nicht sehen zu müssen.

Ich habe dich nicht hereingebeten – und trotzdem kommst Du.

Das waren seine bitteren Gedanken.

Ein letztes Ächzen drang über die bebenden Lippen des Captains.

Niemand überlebt, keiner der Offiziere, kein Soldat, kein Zivilist, keine aktive KI.

Wenn das ohrenbetäubende Kreischen im flammenden Inferno endlich aufhört, ist nicht nur die Zentrale hier bereits ausgefüllt mit dem Vakuum des Weltraums…

Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer

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