Читать книгу Sieben Romane: Heimatroman Extra Großband Juli 2021 - A. F. Morland - Страница 20

Оглавление

13


Als Burgl erwachte, stand die Sonne schon am Himmel. Sie fühlte sich wie zerschlagen. Sie musste einige Prellungen abgekriegt haben. Die Kopfschmerzen hatten zum Glück nachgelassen. Jetzt, im hellen Sonnenschein, konnte sie sich gar nicht erklären, dass sie gestern Nacht so schreckliche Angst ausgestanden hatte. Sie verließ das Wohnzimmer und stieg die Treppe hinauf. Nichts Schreckliches war zu sehen. Sie zog sich aus und ging erst einmal unter die Dusche.

Die Bäuerin war ins Wohnzimmer gekommen und stellte mit Schrecken fest, dass das Mädchen verschwunden war. Der Weitgasser kam den Gang entlang. »Sie ist fortgegangen, einfach fort.«

»Verdenken kann man es ihr nicht«, sagte er rau.

»Ich hatte geglaubt ..., ich wollte mich ihr schon anvertrauen. Aber ich brachte es nicht über die Lippen. Soll unser Leben immer so weitergehen? Ich kann es nicht mehr ertragen, ich bin am Ende. Manchmal habe ich das Gefühl. verrückt zu werden.«

»Wir müssen tapfer sein, Frau!«

Burgl kam die Treppe herunter.

»Bist du es wirklich?«, freute sich die Bäuerin. »Ich dachte, du wärst fortgelaufen.«

»Nein, ich habe mich gestern ziemlich dumm benommen. Ich bleibe«, sagte sie schlicht.

»Ich kann dir ein anderes Zimmer geben, Burgl, wenn du Angst hast da oben.«

»Ich war schon oben, es macht mir nichts mehr aus.« Dann holte sie tief Luft und fragte leise mit eindringlicher Stimme: »Wer ist der Mann? Sie wissen doch, dass er tatsächlich existiert!«

»Ich kann dir darauf keine Antwort geben, noch nicht«, sagte die Bäuerin fast erstickend. »Vielleicht später einmal.«

Burgl schwieg und sah aus dem Fenster auf den herrlichen Schnee. Sie wusste, sie würde heute keine Antwort bekommen. Aber sie wusste jetzt, dass es wirklich eine Person in dem Haus gab, die sich stets verborgen hielt.

In ihrer Erinnerung ließ sie die Gestalt noch einmal aufleben. Ihr Anblick war für jemand, der unvorbereitet war, entsetzlich. Ein Gesicht wie sie es noch nie gesehen hatte. Es war bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Irgend etwas musste es vollkommen zerstört haben, denn es fehlte die normale Hautfarbe. Ein Ohr war ebenfalls verstümmelt. Wiederum rann ihr ein leiser Schauer den Rücken entlang. Wer mochte dieser Mensch sein?

Je länger sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass er genauso erschrocken gewesen war wie sie. Sicher hatte er sich gar nicht auf sie stürzen, sondern auch fliehen wollen, vor ihren Augen. Sie musste ihn ganz entsetzt angesehen haben. Wäre er ein brutaler Mensch, würde man die Tür verschlossen halten. Und sie wusste ganz genau, dass sie es nicht war. Ein paar Mal hatte sie Eleonore herausgehen sehen. Und diese hatte keine Angst. An den Anblick hatte sie sich gewöhnt.

Einer im Haus musste ihm ja wohl die Mahlzeiten bringen. Viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Sie kam einfach nicht mehr davon los. Vielleicht litt der Mensch schrecklich in seiner Einsamkeit, und er zog sich nur zurück, weil er eben wusste, wie grausam er auf die Mitmenschen wirkte. Ja, so musste es sein und nicht anders. Er hielt sich verborgen und wollte nicht gesehen werden. Darum auch das Verbot. Er konnte es nicht ertragen, dass man bei seinem Anblick in Ohnmacht fiel oder kreischend davonlief. Er war auch nur ein Mensch mit einem Herzen, das litt und empfand. Immer eingesperrt sein zu müssen, sich nie zeigen zu dürfen, ohne Mitmenschen zu leben, musste grausam sein. Schlimmer, als im Gefängnis zu sitzen.

Gar nicht weit von ihr entfernt saß der unglücklichste Mensch der Welt. Er war es also, der nachts durch das Haus wanderte, wenn er glaubte, keinen Menschen mehr anzutreffen. Der in den Garten ging und Sascha mit sich nahm.

Wenn man sich an ihn gewöhnen würde, machte es einem sicher nichts mehr aus. Dann konnte er doch unter ihnen und mit ihnen leben!

Es wurde also hier nicht gelacht, um ihm da oben das Herz nicht schwer zu machen. Eleonore verließ kaum das Haus, weil sie wusste, dass es einen Menschen gab, der es nicht durfte. Sie lebten einsam, verlassen und traurig, weil sie ständig nur an ihn dort oben denken mussten!

Wer war er? Hatten sie vielleicht das Unglück verschuldet, oder was verband sie mit ihm?

Das also war es gewesen, was die Dörfler so neugierig machte. Sie hatten von ihr alles über ihn erfahren wollen und waren beleidigt, als sie nichts erzählte.

Sieben Romane: Heimatroman Extra Großband Juli 2021

Подняться наверх