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Niemand hatte etwas davon bemerkt, dass Burgl den Mann hinter der verbotenen Tür besucht hatte. Jetzt, da sie das Geheimnis kannte, kam ihr das Haus auch nicht mehr unheimlich vor. Sie verrichtete ihre Arbeit und ging auch mit Sascha weiter spazieren. Wenn sie im Garten war, um den Schnee fortzuräumen, dann spürte sie sehr wohl seinen Blick. Doch sie drehte sich nicht mehr um. Sie tat so, als habe sie ihn vollkommen vergessen. Das Gegenteil war aber der Fall.

Und der einsame Mann? Seit ihrem Besuch war es für ihn eine Qual, sie im Garten zu sehen. Er wartete jeden Abend darauf, dass sie kam. Aber die Tür blieb verschlossen, keine Schritte erklangen vor seiner Tür. Dieses Warten war schlimmer als die Einsamkeit vorher. Er verfluchte das Mädchen, aber er wusste auch, dass es seine Schuld war. Er hatte sich in all den Jahren langsam mit seiner Gefangenschaft abgefunden. Und nun war Burgl erschienen. Er konnte nicht anders, er musste den ganzen Tag an das Mädchen denken. Seine Augen konnten sich nicht sattsehen an ihrer Gestalt. Sein Blut begann sich zu regen. Er war doch auch ein Mann, er war jung und hatte auch ein Herz, das sich nach Liebe und Glück sehnte. Seine Arme schmerzten förmlich, wenn er sich vorstellte, wie es wohl wäre, wenn sie sich ohne Angst und Grauen in den Augen an ihn schmiegen würde. Wild stöhnte er auf. Nein, in dieser Hinsicht war für ihn das Leben beendet. In den Nächten, in denen er seinen Rundgang durch das Haus machte, hatte er oft Licht unter der Tür schimmern sehen.

Wenn sie nicht kam, dann musste er eben gehen. Er erschrak so sehr über seine kühnen Gedanken, dass er zwei Tage wie gelähmt war. Nein, so weit konnte er sich nicht erniedrigen. Vielleicht würde sie ihm die Tür weisen. Diese Schmähung würde er nicht ertragen können.

So saß er in seiner Einsamkeit und konnte sich zu dem von ihm so sehr gewünschten Schritt nicht entschließen.

Burgl hockte wieder über ihren Büchern. Es war Samstag, und sie hatte nicht zur Schule müssen. So arbeitete sie besondere konzentriert.

»Darf ich stören?«

Sie wusste gleich, wer es war, und ein kleines Lächeln huschte um ihre Lippen. Aber er sah es nicht, da sie mit dem Rücken zu ihm saß.

»Kommen Sie ruhig herein. Ich bin gleich soweit.«

Er kam zögernd näher. »Was machen Sie denn da?«

»Ich lerne für die Landwirtschaftsschule. Und jetzt bin ich in eine Sackgasse geraten, glaube ich.«

Seine Augen wurden ganz dunkel. Er beugte sich vor, nahm ihr ohne ein Wort zu sagen das Buch fort, schaute hinein, runzelte die Stirn und sagte ihr dann die Lösung.

»Sagen Sie mal, woher ...«

»Ich war auch auf dieser Schule«, sagte er rau.

Sie lachte. »Das ist zu schön, um wahr zu sein! Nein, wirklich, da hocke ich hier und frage mich, wen ich wohl um Hilfe angehen könnte, und Sie sitzen da still einige Schritte weiter und rühren sich nicht. Das finde ich mehr als übel von Ihnen, wissen Sie das?«

Er lachte, abermals war der Bann gebrochen.

»Jetzt, da Sie schon hier sind, können Sie mir ja fein helfen. Kommen Sie, Sie haben doch Zeit?«

»Natürlich, nur los, wo drückt denn der Schuh?«

Stunde um Stunde saßen sie zusammen und lösten nun die Aufgaben gemeinsam. Sie lachten miteinander und stritten sich auch heftig.

Es war schon weit nach Mitternacht, als sie endlich aufstand. Ihr Rücken war ganz steif vom langen Sitzen.

»Du liebe Güte«, sagte sie bestürzt. »Nun habe ich Sie ausgequetscht wie eine Zitrone, und habe noch nicht einmal gefragt, ob Sie ein besonderes Anliegen zu mir geführt hat.«

Er wandte sich etwas ab, wollte sich ihr nicht voll zeigen. »Nein, ich, ich bin nur so gekommen. Ich wollte Sie noch einmal um Verzeihung bitten, Burgl. Vergeben Sie mir?«

»Jetzt sprechen Sie wirklich wie ein normaler Mensch. Ich war Ihnen nie böse.«

»Darf ich wiederkommen?«, es klang ganz leise und zaghaft.

»Jetzt, da ich um Ihre Fähigkeiten weiß, werde ich sogar ungebeten kommen. Sie werden mich noch als sehr lästig empfinden.«

Zum ersten Male nach langer Zeit lachte er von ganzem Herzen auf.

Sieben Romane: Heimatroman Extra Großband Juli 2021

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