Читать книгу Ferien Sommer Bibliothek Juni 2021: Alfred Bekker präsentiert 19 Romane und Kurzgeschichten großer Autoren - A. F. Morland - Страница 12

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Als Susann alles weggeräumt hatte, ging sie hinaus auf die Terrasse. Dort stellte sie sich an das Geländer. Die Sonne war im Begriff, sich am Horizont ins Meer zu versenken. Susann wollte sich dieses wundervolle Schauspiel der Natur nicht entgehen lassen. Verträumt schaute sie zu, wie die Sonne ihre Strahlen auf das Wasser warf und sich darin spiegelte. Golden war nun das Meer. Aber dann verfärbte sich der Himmel nach und nach blutrot, und der Ball aus Feuer versank in den Fluten. Es dauerte nicht lange, da blinkten schon die ersten Sterne am Himmel und der Wind frischte auf.

Fröstelnd rieb sich Susann ihre nackten Arme und kehrte dem Meer den Rücken. Eher zufällig blickte sie zu dem anderen Strandhaus.

Dort stand eine – so weit sie es noch erkennen konnte - in schwarz gekleidete Gestalt, die auf das Meer schaute. Das wird wohl der neue Besitzer sein, dachte sie ohne großes Interesse.

Er schien dunkles Haar zu haben und ziemlich groß zu sein. Sein Hemd trug er lose über der Hose, denn Susann konnte sehen, dass es sich durch den auflandigen Wind um seinen Körper bewegte. Aber sonst konnte sie nichts weiter von dem neuen Besitzer erkennen. Dazu war es schon zu dunkel geworden.

Wird sich wohl auch den Sonnenuntergang angesehen haben, dachte sie und wollte schon wegsehen. Da sah sie, dass er sich umwandte und wie es aussah, schaute er nun zu ihr rüber.

Susann meinte in diesem Augenblick, seinen Blick regelrecht auf ihrer Haut zu spüren, was sie plötzlich frösteln ließ. Schnell wandte sie sich ab und ging ins Haus. Dort schüttelte sie über sich selbst den Kopf.

Nicht sein Blick hat dich frösteln lassen, es ist der Wind gewesen. Der kann dich gar nicht richtig gesehen haben, dachte sie bei sich. Außerdem interessiert der mich nicht, denn ich habe andere Sorgen.

Sie zog die große Glastür zu und begab sich unter die Dusche, um sich das Salz von der Haut zu spülen. Als sie sich danach gerade mit einem Glas Rotwein, in einen flauschigen Bademantel gewickelt, auf das lederne Sofa setzte, klingelte ihr Handy. ,Jonas‘ las sie auf dem Display.

„Hallo, gibt es etwas Wichtiges, dass du am Abend anrufst?“, fragte Susann nervös. Ihr schwirrten gleich ein paar Gedanken im Kopf herum, die nur mit Schwierigkeiten und Problemen zu tun hatten. Zum einen die Firma und zum anderen ihr verhasster Onkel.

Susann hörte Jonas lachen.

„Nein, alles im grünen Bereich. Ich wollte nur mal horchen, wie es dir geht.“

„Aha. Ein Kontrollanruf“, spöttelte sie. „Du weißt schon, dass ich volljährig bin.“

„Wirklich? Das muss mir glatt entfallen sein“, ging er auf ihren Spott ein. „Wie alt bist du nochmal? Siebzehn?“

Nun musste auch Susann lachen und berichtigte ihn: „Siebzehn plus sieben, dann stimmt‘s wieder.“

„Ich nehme jetzt mal an, dass es dir entsprechend gutgeht“, fragte er sie nun indirekt.

„Ja, ich denke schon. Rosalia hatte ihre berühmte Paella für mich gekocht. War mein Abendessen“, teilte sie ihm schonungslos mit.

„Oh, wenn ich nur daran denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen“, schwärmte Jonas, was Susann mit einem Lachen quittierte, denn sie wusste nur zu gut, dass er diesem Gericht, wenn Rosalia es zubereitete, ebenfalls nicht widerstehen konnte.

„Ist sonst alles okay in der Firma?“, fragte Susann.

„Sicher. Du bist ja erst ein paar Tage weg. Aber ich kann dir berichten, dass wir einen neuen Interessenten für unsere blaue Kosmetikreihe haben“, berichtete er ihr. „Aus Schweden kommt dieser. Ich habe mit denen ein Treffen heute in zwei Wochen vereinbart.“

„Gut, dann werde ich zu diesem Treffen pünktlich zurück sein“, entschied sie.

„Susann, das musst du nicht ...“, fing Johann an, doch sie ließ ihn nicht ausreden. „Johann, was soll ich die ganze Zeit hier herumhängen. Bis dahin wird es mir schon besser gehen und das Thema Thomas erledigt sein“, widersprach sie ihm.

„Wenn nicht, dann sei auch ehrlich dir selbst gegenüber. Du nützt mir in der Firma nichts, wenn du nicht voll dabei sein kannst“, drang er auf sie ein. „Und das Thema Thomas – ich wünschte, dass das schon der Vergangenheit angehören würde.“

„Sag mal, könnte es sein, dass du mich aus irgendeinem Grund noch nicht in der Firma haben willst?“, äußerte sie den Verdacht, der sie spontan überfallen hatte.

„Unsinn!“, hörte Susann ihn brummen.

„Also doch! Deine Stimme hat dich verraten. Dazu brauche ich nicht einmal dein Gesicht sehen. Soll ich raten, was mich hier länger festnageln soll?“

„Das brauchst du nicht. Dein Onkel!“

„Also hat der sich immer noch nicht beruhigt?“

„Er war bei einem Anwalt, um das Testament anzufechten. Als der hörte, worum es ihm ging und um wen, da hat der den Fall gar nicht erst aufgenommen. Dann ist er bei deinem Anwalt aufgekreuzt. Dieser hat ihm klargemacht, dass es nichts anzufechten gibt und bereits ein neues Testament existiert, in dem ausdrücklich darauf verwiesen worden ist, dass er keinerlei Rechte auf einen Anspruch hinsichtlich der Firma oder deines Privatvermögens hat, falls … naja, du weißt schon. Wutentbrannt hat er dann die Kanzlei verlassen und gebrüllt, dass er sich das nicht gefallen lassen wird. Er würde schon dafür sorgen, um an sein ihm zustehendes Geld zu kommen. Das wurde unmittelbar nach dem Besuch deines Onkels bei deinem Anwalt mir von diesem mitgeteilt. Er gab mir den Rat, dich zu informieren und besondere Aufmerksamkeit walten zu lassen. Wortwörtlich sagte er zu mir: ,Dieser Mensch wird vor nichts zurückschrecken, um an das Geld zu kommen, wo er meint, dass ihm das zusteht.‘“

Susann hatte sich das mit klopfendem Herzen und aufkommenden Ärger angehört und meinte nun: „Was kann er denn tun? Wenn er mich umbringen würde, bekommt er nichts. Das muss ihm doch klar sein.“

„Da stimme ich dir zu. Doch wenn es derartige Verrückte darauf anlegen, finden sie Mittel und Wege, um an ihr Ziel zu gelangen. Ich will dir ja keine Angst machen, aber ...“ Er unterbrach sich selbst, denn er wollte überlegen, wie er es ihr am besten sagen sollte.

„Aber …? Nun red‘ schon!“, forderte Susann ihn auf.

„Erpressung wäre eine Möglichkeit für ihn. Doch da müsste er wirklich etwas Handfestes in den Händen haben, womit er dich oder die Firma schaden kann.“

„Ich wüsste nicht was. Mehr bleibt ihm doch auch nicht, oder?“

„Na ja, ich denke doch. Ich sage nur: Kidnapping!“

„Was? Du denkst, er könnte mich entführen?“, rief sie ungläubig aus.

„Möglich, ja. Du wärst nicht die Erste, der das passiert. 1993 wurde die schwedische Olympia-Reitsportlerin Ulrika Bidegård in Belgien entführt und in eine Holzkiste gesteckt. 500.000 Dollar war die Lösegeldforderung. Und – nur um dir ein weiteres Beispiel zu nennen - Richard Oetker. Auch er wurde in eine Holzkiste gesteckt. Gegen eine Zahlung von 21 Millionen DM Lösegeld ließ man ihn frei, jedoch mit schweren Verletzungen, die er sich in der Kiste, in der er gefangen gehalten wurde, zugezogen hatte.“

„Du machst mir Angst“, stöhnte Susann, nun doch mit aufkeimender Sorge.

„Ich will nur, dass du vorsichtig bist und auf deine Umgebung etwas mehr achtest“, verlangte Jonas.

„Aber er kann doch nicht wissen, dass ich mich im Strandhaus aufhalte“, meinte sie.

„Ich denke, dass es heutzutage ein Leichtes ist, herauszufinden, wo eine Person hingereist ist“, gab er ihr zu bedenken. „Susann, es sollte wirklich jemand in deiner Nähe sein, der auf dich aufpasst.“

„Nein, nein, nein“, begehrte sie auf. „Kommt nicht infrage! Das Thema hatten wir schon.“

Jonas stöhnte am anderen Ende: „Bitte – denk einfach in Ruhe noch einmal darüber nach!“

„Ich verspreche nichts“, entgegnete sie, wobei sie versuchte, sich stimmlich nicht anmerken zu lassen, dass sie durch seine Argumente unsicher geworden war.

„Du bist ein Sturkopf“, tadelte er sie mit einem ärgerlichen Stöhnen.

„Nein, bin ich nicht. Ich will nur nicht immer einen fremden Kerl an meinem Rockzipfel haben. Der wird mir doch laufend im Weg stehen“, widersprach sie ihm trotzig.

„Es gibt auch Frauen, die so einen Job übernehmen“, wusste Jonas.

„Ist ja noch schlimmer. Nein, lass mal! Es ist gut so, wie es gerade ist. Ich werde schon auf mich aufpassen.“ Aber so ganz überzeugt war sie davon im Moment selbst nicht mehr. Und Jonas – der erst recht nicht.

Nun lenkte Susann von dem Thema ab, denn es fing an, sie allmählich mehr zu beschäftigen, als sie es zulassen wollte.

„Rosalia erzählte mir heute, dass jemand das Strandhaus, das zum Verkauf stand, erworben hat.“

„Ach ja? Das ging aber schnell“, meinte Jonas.

„Finde ich auch, zumal da doch bestimmt einiges zu richten ist, besonders der Weg zum Strand.“

„Hm ...“

„Rosalia ist richtig ins Schwärmen gekommen, als sie von dem neuen Besitzer erzählte. Sie meinte, dass er junger und gut aussehender Mann sei und einem Lauffeuer gleich kommt. Jedenfalls soll sich diese Neuigkeit hier blitzartig verbreitet haben“, berichtete sie und lachte leise.

„Dann steht das Anwesen wenigstens nicht leer und verkommt“, meinte Jonas. Es hörte sich jedoch für Susann etwas reserviert an, was sie aber auf die bereits späte Stunde schob.

Jonas verabschiedete sich auch kurz danach, aber nicht ohne sie noch einmal zu bitten, über seinen Vorschlag nachzudenken.

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