Читать книгу Ferien Sommer Bibliothek Juni 2021: Alfred Bekker präsentiert 19 Romane und Kurzgeschichten großer Autoren - A. F. Morland - Страница 18

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Rosalia und Martin hielten sich die nächsten Tage ungewöhnlich lange auf, so dass Susann sie mit der Frage konfrontierte: „Was hat Monsieur Hofman schon wieder erzählt, dass ihr euch hier so lange aufhalten?“

Rosalia sah etwas betreten drein.

„Monsieur Hofman macht sich Sorgen, wie du weißt.“

„Ja, aber damit habt ihr beide doch nichts zu schaffen“, erwiderte Susann.

„Nicht böse sein, aber wir passen auf dich auf“, erfuhr die junge Frau.

„Ihr passt auf mich auf? Verlangt er das etwa von euch?“, fing sie sich an, aufzuregen.

„Nein, nein, wir haben es selbst vorgeschlagen“, beeilte sich die ältere Frau zu sagen, und Martin nickte zustimmend.

„Aber das geht doch nicht. Ihr habt doch bestimmt bei euch selbst genug zu tun. Da könnt ihr doch nicht auf mich aufpassen wie auf ein kleines Kind.“ Deutlich vernahm das Ehepaar ihre Missbilligung für ihr Tun.

Andererseits verstand Susann die beiden. Sie hatten hier einen Job, der gut bezahlt wurde. Und Jonas legte nun noch etwas mehr drauf. Noch etwas mehr, denn schon einmal wurde das Gehalt der beiden erhöht. Aber das allein bewog das Ehepaar nicht dazu, auf sie achtgeben zu wollen. Susann war für sie wie eine Tochter, die sie in ihre Herzen geschlossen hatten.

„Das geht schon“, winkte Rosalia ab.

„Hm“, Susann sah beide nachdenklich an. „Was hat Jonas euch erzählt?“

Rosalia und Martin sahen sich fast erschrocken an.

„Nun – irgendetwas muss er ja erzählt haben. Raus damit!“, verlangte sie.

Weil die beiden noch schwiegen, konfrontierte Susann sie mit ihrer Vermutung: „Er hat euch von dem Telefonat mit meinem Onkel berichtet.“

Stumm nickten beide. Susann stöhnte leise auf. „Na toll!“

Rosalia wollte was dazu sagen, doch Susann winkte ab.

„Ist schon gut. Ich verstehe euch ja. Trotzdem kann sich Jonas was anhören, wenn er morgen hier erscheint.“

Das war für das Ehepaar das Stichwort. Als jeder von ihnen in einen andere Richtung gehen wollte, hielt Susann sie noch zurück und sagte: „Danke!“

Beide nickten lächelnd und machten sich an ihre Arbeit.

Im Laufe des Vormittags des nächsten Tages traf Jonas mit seiner Frau Linda ein. Martin hatte sie vom Flughafen abgeholt.

Es wurde ein angenehmes und abwechslungsreiches Wochenende. Rosalia bekochte Susann und ihre Gäste, die für ihre Kochkünste hoch gelobt wurde.

Jonas meinte: „Nach schon zwei Wochen würde ich wohl mindestens zehn Kilo zu viel mit mir herumtragen, so gut schmeckt es mir, Rosalia.“

Die lachte dazu nur, und Linda stöhnte theatralisch: „Mir würden schon nach einer Woche keine Kleider mehr passen.“

Abends saßen sie auf der Terrasse und tranken Wein. Es war wieder Ruhe eingekehrt, denn am Freitagnachmittag waren die Handwerker von dem Nachbargrundstück abgezogen. Am Montag sollte es dann wohl weitergehen, nahm Susann an. Was sie nicht wusste, auch im Haus wurde gearbeitet, sogar den ganzen Samstag.

Natürlich vergaß Susann nicht, Jonas darauf anzusprechen, dass Rosalia und Martin nun fast rund um die Uhr hier waren. Doch Jonas ließ sich da nicht aus der Reserve locken.

„Du lehnst ja den Bodyguard ab“, hielt er überlegen lächelnd dagegen.

Susann schwieg nun lieber, denn das Thema wollte sie an diesem schönen Abend nicht weiter erörtern, zumal es – wie sie wusste – nichts bringen würde. Trotz des Arguments, das ihr auf der Zunge lag, dass das Ehepaar nichts ausrichten könnte, falls sie in die Gewalt eines Killers kommen sollte. Dann würden sie vielleicht auch noch in Gefahr geraten.

Als sich Linda und Jonas am Montagmittag von Susann verabschiedeten, umarmte Linda die junge Frau, was sie zuvor nie getan hatte. Etwas verwundert ließ Susann das zu, denn sie flüsterte ihr ins Ohr: „Ich kann dich gut verstehen. Ich weiß nicht, ob ich in deiner Situation immer jemanden in meiner Nähe haben möchte. Ich denke, dass man sich dann nicht mehr so frei fühlt. Vielleicht kann ein erfahrener Bodyguard dich beschützen, aber eher würde es wohl Jonas beruhigen. Entscheiden musst du – für dich!“

Susann hörte Trotz dieser Worte Sorge in ihrer Stimme und nickte leicht.

„Ich werde noch einmal darüber nachdenken“, murmelte Susann.

„Mach das!“, sagte Linda und drückte ihre Hand, als wollte sie so ihr Mitgefühl ausdrücken.

Jonas hingegen tat so, als hätte er von dem kurzen Zwiegespräch nichts mitbekommen. Auch er umarmte Susann – was sich aber ganz anders für sie anfühlte - und wünschte ihr noch etwas Ruhe und Erholung. Jedoch holte er sich noch die Zusage, dass Susann sich melden soll, falls sie etwas Ungewöhnliches bemerken sollte.

Dann fuhr Martin Linda und Jonas zum Flughafen.

Am Strand wurde wieder gearbeitet, wie Susann schon am Morgen festgestellt hatte. Sie ging auf die Terrasse und schaute hinüber. Sie sah Andros de Mácon, wie er mit einem der Handwerker redete. Dabei zeigte er zum Strand hinunter und machte eine Bewegung in ihre Richtung. Als er Susann entdeckte, wurde daraus ein Winken.

Was sollte das eben werden?, fragte sie sich und winkte nun selbst, jedoch etwas verhaltener. Was erklärt der gerade dem Mann, was in dieser Richtung liegt? Würde mich ja mal interessieren.

Das beschäftigte sie am nächsten Tag immer noch. Auch war sie neugierig geworden, wie weit man schon mit der Treppe zum Strand gekommen war.

Also begab sie sich zum Strand hinunter und ging langsam in die Richtung. Als sie näher kam, stellte sie erstaunt fest, dass dort keine sichere Treppe geschaffen wird, sondern ein Lift. In den wenigen Tagen waren die Handwerker schon gut vorangekommen.

„Na, was sagen Sie? Ein Lift ist doch sicherer und effektiver als eine Treppe“, hörte sie jemanden hinter sich sagen. Erschrocken zuckte sie zusammen.

„Wo kommen Sie denn auf einmal her?“, fragte sie ihn nicht gerade freundlich, als sie sich zu ihm umdrehte.

„Oh, Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken“, sagte er. „Ich lasse mich dort am Seil herunter, denn anders gelange ich nicht hierher. Schließlich will ich sehen, wie es mit den Arbeiten vorangeht.“

„Was? Da hinten, da klettern Sie herunter?“, fragte Susann ungläubig. Sie kannte die Stelle. Die war von hier nicht zu sehen, da sie sich hinter einem Vorsprung befand. Da ging es ziemlich steil ab.

„So schlimm ist das nicht“, meinte er lachend.

„Sie müssen es ja wissen“, entgegnete sie und schaute wieder zu den Arbeitern. „Wozu soll die Kabelei sein, die da seitlich ist?“ Sie zeigte ihm, was sie meinte.

„Da werden zu jeder Seite des Lifts Strahler angebracht.“

„Wie bitte? Wollen Sie etwa nachts den Strand zum Tag machen?“, entrüstete sich Susann, denn sie liebte es, im Dunkeln auf der Terrasse zu sitzen und in den Sternenhimmel zu schauen. Vor dem Tod ihrer Eltern war sie sogar zum Strand hinuntergegangen, hatte sich in den warmen Sand gesetzt und dem Rauschen der Wellen gelauscht.

Andros de Mácon musste schmunzeln, denn er hatte geahnt, dass sie so reagieren würde. Er konnte es sogar nachvollziehen und klärte sie nun dazu auf: „Keine Sorge! Die werden nicht die ganze Nacht brennen, sondern nur, wenn es notwendig ist.“

„Und worin wird diese Notwendigkeit bestehen?“, hinterfragte sie seine Aussage mit einer Spur von Sarkasmus. „Etwa, wenn Sie nachts schlafwandeln? Zu ihrer Information: Schlafwandler benötigen kein Licht.“

„Sie können ja richtig witzig sein“, meinte er lachend. „Aber jetzt im Ernst – die Strahler werden über einen Schalter betätigt. Es sei denn, es wird ein Alarm ausgelöst, dann ist aber nicht nur der Strand erhellt.“

„Verstehe, das Ganze dient also der Sicherheit. Aber ein ziemlich großer Aufwand, auch den Strand mit einzubeziehen“, äußerte sie ihre Überlegung laut.

„Eigentlich nicht. Es wird nur das eine mit dem anderen verbunden, denn der Lift braucht auch Energie“, widersprach er ihr.

Auch in diesem Punkt musste sie ihm zustimmen. Es war eigentlich doch eine gut durchdachte Sache.

Während sie sich unterhielten, versäumte es Susann nicht, ihn genauer zu betrachten. An diesem Tag trug er eine helle Leinenhose und ein passendes Hemd, das er nur halb zugeknöpft hatte. So konnte sie wieder feststellen, dass er – zumindest - einen durchtrainierter Oberkörper hat. Und – dass es nicht nur dieser Fakt war, der sie ansprach und ihren Puls beschleunigen ließ.

Auffallend aber waren für sie seine graublauen Augen, die sie selbst interessiert musterten - was ihr natürlich nicht entging. Es schien ihm wohl zu gefallen, was er da vor sich sah, denn Susann trug nur ein eng anliegendes, kurzes Sommerkleid, das ihre Vorzüge voll zu Geltung brachte.

Wenn er lachte, zeigten sich an den Augen ein paar Lachfältchen und an den Wangen kleine Grübchen. Seine Augenfarbe stand jedoch im Kontrast zu seiner Haarfarbe und zu seiner von der Sonne braungebrannten Haut, so dass sich ihr unwillkürlich wieder der Gedanke aufdrängte, dass er unnachgiebig und wohl auch ziemlich rücksichtslos in bestimmten Situationen sein würde. Als Firmenchef musste er das auch sein, wie sie selber wusste. Verhandlungen waren nicht immer nur ein Zuckerschlecken. Da ging es so manches Mal hart zu.

„Wie lange werden Sie noch die Handwerker hier haben?“, fragte sie ihn nun.

„Ich denke, höchstens noch zwei Tage. Es war manchmal doch etwas laut, nehme ich an.“

Susann zuckte mit der Schulter und meinte: „Manchmal, aber das ist eben so. Kann ja sein, dass es bei mir auch mal lauter wird.“ Dann entschied sie sich, wieder zurückzugehen und sagte es ihm.

Andros de Mácon sah ihr nachdenklich hinterher. So eine wunderschöne junge Frau, einsam und traurig. Gern würde ich … Doch er verbot sich, weiter in diese Richtung zu denken. Und trotzdem erschien vor seinem inneren Auge immer wieder ihr Gesicht.

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