Читать книгу Ferien Sommer Bibliothek Juni 2021: Alfred Bekker präsentiert 19 Romane und Kurzgeschichten großer Autoren - A. F. Morland - Страница 15

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Ja, diese Erfrischung hatte ihr gutgetan. Nach dem Abtrocknen legte sie sich auf eine der Liegen und starrte in den Himmel. Sie beobachtete, wie die Wolken über ihr weiterzogen. Manche dieser Wolken regten ihre Fantasie an. So sah sie in ihnen mal einen riesigen Fisch, ein Segelschiff, ein Krokodil, einen Drachen, … Dieses Spiel hatte sie früher, als sie klein war, oft mit ihrer Mutter gespielt. Und es hatte beiden Spaß gemacht.

Nach einer Weile verspürte sie Hunger. Also erhob sie sich. Dabei sah sie eher beiläufig zu dem benachbarten Strandhaus hinüber.

„Ach nee, da sind wir ja auch schon wieder“, murmelte sie. Der neue Besitzer stand am Geländer und schien aufs Meer zu schauen. Er hatte sich umgezogen, wie sie feststellte, denn er trug jetzt eine weiße Hose und ein weißes T-Shirt.

„Hm, schwarz und weiß! Ob der auch noch andere Klamotten hat?“, fragte sie sich spöttisch. Dann wandte sie sich ab und ging ins Haus.

Nachdem sie etwas gegessen hatte, rief sie Jonas an. Sie hatte sich vorgenommen, ein Hühnchen mit ihm zu rupfen. Noch war es ein Hühnchen. Sie hoffte, dass es sich nicht zu einem ausgewachsenen Huhn wurde.

Susann rief ihn über seine Privatnummer an, denn er sollte längst zu Hause sein. Sie brauchte auch nicht lange zu warten, und Jonas nahm das Gespräch an.

„Hallo, Jonas, ich bin‘s“, sagte Susann und hörte ihn lachen.

„Dachte ich es mir doch, dass du heute noch anrufst. Wie geht es dir?“, wollte er wissen.

„Mir würde es weitaus besser gehen, wenn man mich über bestimmte Maßnahmen in meinem Umfeld informieren und mir auch den Grund nennen würde. Dass nur die Angestellten eingeweiht sind und die betreffende Person – und damit meine ich mich – im Unklaren gelassen werden soll, das ist nicht unbedingt beruhigend für sie. Oder bist du anderer Meinung?“, fragte sie spitz.

„Was meinst du im Speziellen?“

„Wie bitte? Wie viele Maßnahmen hast du denn angeordnet, von denen ich anscheinend wohl noch nichts weiß?!“

Jonas lachte auf, als er ihren unterschwelligen Ärger vernahm. Doch Susann kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es ein eher gekünsteltes Lachen war. Aber sie wusste auch, dass er mit nichts herausrücken würde, was er nicht preisgeben wollte.

Mit einem ärgerlichen Stöhnen meinte sie: „Okay, da du verbissen schweigst, frage ich dich, was das mit der Alarmanlage soll. So alt war die doch noch gar nicht. Außerdem ist die regelmäßig kontrolliert worden. Und es hat keine Beanstandungen gegeben. Das mit dem Stromausfall war doch nur ein Vorwand.“

„Ja, ich gebe zu, dass ich den Stromausfall als Vorwand benutzt habe. Du weißt doch, wie sehr uns deine Sicherheit am Herzen liegt. Nun hast du das Neuste vom Neusten“, sagte er.

„Hach, erwischt! Martin sagte was von mehreren Stromausfällen. Und du redest von einem“, hielt sie ihm nun seinen Fehler vor, den er aus Unachtsamkeit begangen hat.

„Ist doch egal, ob einer oder mehrere Ausfälle, wenn es um deine Sicherheit geht“, verteidigte Jonas sich, obwohl er sich gerade etwas über sich ärgerte, weil er nicht aufgepasst hatte. Sie war eben ein kluges Kind – er sollte sie nicht unterschätzen.

„Aber dass du Martin in deine Machenschaften mit reinziehst ...“, klagte sie ihn an.

„Machenschaften? So würde ich das aber nicht nennen.“

„Wie denn? Ich hätte da noch einen Vorschlag: Verschwörung!“

„Susann, nicht doch! ...“

„Aber dass du Rosalia und Martin dazu verdonnerst, jetzt öfter als sonst beim Strandhaus zu sein, das geht doch nun wirklich zu weit“, unterbrach sie ihn einfach.

„Ich habe sie nicht verdonnert, Liebes. Ich habe ihnen nur kurz berichtet, dass dein Onkel gerade nicht ganz zurechnungsfähig ist. Das haben sie mit Schrecken aufgenommen und sich selbst angeboten, nun öfter zum Haus zu kommen und zu prüfen, ob alles in Ordnung ist. Du weißt, dass die beiden dich sehr mögen. Sie sind schon traurig genug, dass deine Eltern nicht mehr leben.“

Susann atmete scharf ein, als sie das von ihm hörte.

„Du hast ihnen von Onkel Thomas erzählt? Also wirklich! Das ist eine Familienangelegenheit“, ereiferte sie sich. „Wenn sie damit nun hausieren gehen?!“

„Denkst du das wirklich?“, fragte er sie im ruhigen Ton.

„Ach, was weiß ich“, maulte sie, sagte dann aber: „Nein, das würden sie nicht tun. Außerdem haben sie ja auch die Verschwiegenheitserklärung mit dem Vertrag unterschrieben.“

„Richtig!“

„Trotzdem, verkomplizierst du die ganze Sache nicht etwas? Bis jetzt war doch alles ruhig“, meinte sie.

„Tja, das mag ja sein. Aber seit zwei Tagen ist dein Onkel nicht mehr in der Stadt. Und wir denken, dass er etwas im Schilde führt.“

„Nur, weil der mal wieder unterwegs ist? Der ist doch öfter mal irgendwohin verreist. Aber woher weißt du das? Hast du jemand auf ihn angesetzt?“, sprach sie ihren plötzlichen Verdacht aus.

„Ja, Linda und ich wollen auf Nummer sicher gehen.“

Susann schwieg für einen Moment. Sie fand immer noch, dass die beiden übertrieben. Klar, sie war selbst aufmerksamer nach dem Vorfall mit ihrem Onkel geworden. Aber nach dieser Zeit wollte sie es irgendwie nicht richtig wahrhaben, dass er bis zum Äußersten gehen würde. Natürlich war ihr bei dem Gedanken, ihm zu begegnen, nicht wohl, denn seit der Geschichte fürchtete sie sich davor, dass sich das wiederholen könnte. Aber vielleicht war er auch wieder zur Besinnung gekommen.

„Na ja, ich kann es ja nun schlecht ändern. Aber wenn Rosalia und Martin jetzt mehr Zeit beim Strandhaus verbringen, dann müssen sie auch mehr bezahlt bekommen“, sagte sie.

„Alles schon geregelt, Susann. Die beiden werden gut entlohnt“, versicherte Jonas ihr.

„Gut“, brummte sie nun schon versöhnlicher. „Ihr habt also einen Detektiv auf meinen Onkel angesetzt.“

„Ja, das ist richtig“, bestätigte er es.

„Verrätst du mir auch, was dieser besagte Detektiv herausgefunden hat, wo sich das zu beobachtende Subjekt hinbegeben hat?“

„Tja, das kann ich leider nicht. Er scheint wie vom Erdboden verschluckt“, teilte er ihr schonungslos mit.

„Wie das denn? Hat dein Detektiv ihn etwa verloren, als er seinen Kaffee im Wagen getrunken hat?“, fragte Susann, die das noch nicht als besonders schlimm ansah. „Oder hat er mit offenen Augen geschlafen und ihn trotzdem entwischen lassen?“

Jonas konnte deutlich den Spott heraushören. So ganz unrecht hatte sie nicht, aber ganz so einfach war es nun doch nicht, wie sie es sich vorstellte.

„Dein Onkel ist nicht dumm, Susann. Er muss bemerkt haben, dass er beschattet wird. Oder ihn hat jemand gewarnt, denn er kennt genug Ganoven, wie ich mittlerweile weiß. Und da sind einige bei, die nicht gerade zimperlich mit ihren Mitmenschen umgehen, wenn sie etwas von denen wollen. Und das ist mir Beweis genug, dass er etwas plant, um an dein Geld zu kommen. Wir sind davon überzeugt, dass er oder irgendein Handlanger von ihm bereits in deiner Nähe ist“, teilte er ihr nun unumwunden mit.

„Wenn hier ein Fremder schnüffeln würde, meinst du nicht auch, dass ich das nicht schon bemerkt hätte? Das Gelände ist hier ziemlich übersichtlich.“

„Susann, heute gibt es noch ganz andere Möglichkeiten, um Menschen zu beobachten oder zu kontrollieren“, warnte Jonas.

Susann schluckte, denn sie hatte gerade einen Kloß im Hals. Jetzt bekam sie Angst.

„Jonas, könnte der, der hier das Strandhaus erworben hat, mit dem Onkel unter einer Decke stecken?“, fragte sie besorgt.

„Nein, nein, das kann ich mit Bestimmtheit sagen. Vor dem brauchst du dich nicht fürchten“, antwortete er, aber es behagte ihm nicht, dass sich das Gespräch in diese Richtung bewegte.

„Nein?“, reagierte Susann überrascht.

„Nein, er ist harmlos“, bestätigte er es ihr noch einmal.

„So, so. Und woher kommt diese Gewissheit?“

„Weil … na ja … weil ich ihn überprüfen lassen habe“, gab er zögernd zu. Es war ihm nicht gerade wohl dabei, ihr das mitzuteilen - aber lieber jetzt als später, sagte er sich.

„Du hast ihn überprüfen lassen? Echt jetzt?“ Empörung klang in ihrer Stimme mit.

„Ja.“

„Und - was hat die Überprüfung ergeben?“ Nun wollte sie natürlich erfahren, was man über den Neuen herausgefunden hatte.

„Ach, nichts besonderes. Er leitet ein seriöses Unternehmen in Frankreich, das er von seinem Vater übernommen hat. Vor kurzem feierte er seinen dreißigsten Geburtstag. Er ist ledig und heißt Andros de Mácon. Seine Mutter ist Spanierin, sein verstorbener Vater war Franzose, und seine zwei Jahre jüngere Schwester lebt mit ihrem Mann in der Nähe von Lyon“, wusste er zu berichten.

„Hm, das ist alles?“

„Ja.“

Susann glaubte ihm nicht so recht, aber sie drang nicht weiter auf ihn ein, obwohl ihr weitere Fragen auf den Lippen brannten. Sie spürte, dass Jonas ihr jetzt keine klaren Antworten mehr geben würde. Sie verstand nur gerade den Grund nicht. Aber nun erzählte sie ihm von dem schwarzen BMW: „Als ich heute zur Stadt gefahren bin, war der Ewigkeiten hinter mir. Als ich langsamer wurde, hat der mich dann überholt. Das Merkwürdige aber war, dass ich den auf dem Rückweg wieder hinter mir hatte. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Zufall war.“

„Das ist in der Tat merkwürdig“, stimmte er ihr zu. „Hast du dir das Kennzeichen gemerkt?“

„Natürlich“, und sie nannte es ihm.

„Hm, ich werde herausfinden lassen, wer der Halter des Wagens ist, wenn du es wünscht“, bot Jonas ihr an.

„Ach, ich weiß nicht – vielleicht ist das wirklich nur einer, der hier Urlaub von der Großstadt macht. Die Buchstaben des Kennzeichens sind doch die von Paris – oder?“

„Richtig, aber ich denke, ich werde das Kennzeichen trotzdem prüfen lassen – nur um sicher zu gehen“, entgegnete er, denn er hatte bereits eine Ahnung, wem das Fahrzeug gehören könnte. Er wollte Gewissheit. Susann verlangte daraufhin, dass er ihr das Ergebnis mitteilte, wenn es vorlag, was er ihr versprach.

Dann ließ sie sich noch das Neueste aus der Firma berichten, was nicht viel war. Wenige Minuten später verabschiedeten sie sich.

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