Читать книгу Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket - A. F. Morland - Страница 14
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Оглавление"Es ist spät", knurrte Gary Maguin vorwurfsvoll, als seine schöne Schwester zur Tür hereinkam.
Er saß vor dem Fernsehapparat. Der Videoclip, der soeben über die Mattscheibe flimmerte, war wohl als Test gedacht. Man schien herausfinden zu wollen, was die Sehnerven des Betrachters so alles aushielten. Oder war das blitzende und total zerhackte Machwerk von einem Geisteskranken geschnitten worden?
"Ich weiß", gab Rachel mit trotzig vorgeschobenem Kinn zurück. Sie wollte sich nicht länger von ihrem Bruder bevormunden lassen. Er hatte das lange genug getan. Es reichte.
Gary kniff die Augen zusammen. Er stand auf und musterte sie sehr genau. "Darf ich fragen, wo du warst?"
Aha, jetzt kommt ein Verhör, dachte Rachel. Er kann es einfach nicht lassen. Einmal Cop, immer Cop. "In der Oper", antwortete sie ohne schlechtes Gewissen.
"Was wurde aufgeführt?"
"'Turandot'."
"Hat es dir gefallen?"
"Es war fantastisch."
"Und mit wem warst du da?", fragte Gary weiter.
"Mit einem sehr gut aussehenden jungen Mann", antwortete Rachel kryptisch.
Ihr taten die Schuhe weh. Sie zog sie aus. Jetzt war sie wesentlich kleiner als ihr Bruder. Aber sie fühlte sich ihm deshalb nicht unterlegen. Nach wie vor trotzig blickte sie zu ihm auf.
"Kenne ich ihn?", wollte Gary wissen.
"Vielleicht."
Er wurde böse. "Lass das kindische Spiel, Rachel", sagte er energisch. "Ich weiß, mit wem du aus warst."
"So? Mit wem denn?"
"Mit Tab Jewison." Gary zeigte zum Fenster. "Ich habe dich aus seinem Wagen steigen gesehen."
Rachel zuckte mit den Achseln. "Na also", sagte sie schnippisch, "dann brauchen wir uns ja nicht weiter zu unterhalten." Sie drehte sich um. "Gute Nacht."
"Du bleibst noch!", sagte Gary befehlsgewohnt.
Sie sah ihn ärgerlich an. "Ich bin müde. Wie du vorhin selbst festgestellt hast: Es ist spät. Ich möchte zu Bett gehen."
"Du hast Tab auf den Mund geküsst." Es hörte sich so an, als hätte sie ein Kapitalverbrechen begangen.
"Ich habe mich für den wundervollen Abend bedankt."
"Mit einem Kuss? Auf den Mund?" Gary war empört.
"Liebe Güte, da ist doch nichts dabei."
"Bei Tab Jewison schon!", sagte Gary sehr laut.
"Ich kenne ihn schon so lange..."
"Wie oft muss ich dir noch sagen, dass dieser Mann nichts für dich ist!", fiel er ihr scharf ins Wort.
"Er ist dein bester Freund."
"Das ist etwas anderes", behauptete Gary. "Als Mann kann ich mir keinen besseren Freund vorstellen. Und als Polizist keinen besseren Partner. Aber ich weiß, wie Tab mit Frauen umgeht. Er hat keine Achtung vor ihnen."
"Das stimmt ja überhaupt nicht."
Gary ließ den Widerspruch seiner Schwester nicht gelten. "Für ihn sind Frauen nur Mittel zum Zweck", erklärte er. "Er ist ein Don Juan, nicht fähig, richtig zu lieben. Ihm geht es nur darum, so viele Frauen wie möglich zu erobern, und ich möchte nicht, dass er dich genauso unglücklich macht wie all die anderen bedauernswerten Geschöpfe, die ich im Laufe der Jahre kommen und gehen gesehen habe. Herzen zu brechen ist seine größte Passion." Seine Miene verfinsterte sich. Seine Lippen wurden hart. "Und es kommt noch etwas dazu", sagte er todernst. "Tab Jewison ist Polizist."
"Das bist du auch."
Gary nickte heftig. "Und deshalb weiß ich, wie gefährlich unser Job ist. Keine Frau sollte sich in einen Polizisten verlieben." Er griff nach ihren Schultern. "Du kannst nie sicher sein, ihn noch mal lebend wiederzusehen, wenn er aus dem Haus geht."
"Dennoch gibt es viele verheiratete Cops."
Gary nickte wieder. "Und es gibt auch viele Cop-Witwen!"