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Lou Beckinsale war mal wieder in Hochform. Der DJ heizte seinem Publikum kräftig ein. Das "Hot Stuff" war am Überkochen. Laserblitze schossen über den Köpfen der schwitzenden Tänzer wild hin und her.

Der Lärmpegel, den die riesigen Lautsprecherboxen hämmernd, dröhnend und schrill auf die wogende Masse schütteten, grenzte hart an Gesundheitsgefährdung.

Beckinsale trug ein giftgrünes Stirnband, sein Haar war rot gefärbt. Er hatte eine knallgelbe, weite Seidenbluse an und hautenge weiße Stretch-Jeans. An jedem Finger trug er einen Ring - natürlich protzig und aus purem Gold.

Er konnte sich das leisten. Als DJ machte er zwar nicht das große Geld, aber die neue Einnahmequelle, die er aufgetan hatte, würde ihn im Eilzugstempo schwer reich machen, davon war er überzeugt.

Soeben wechselte wieder ein unscheinbares Päckchen den Besitzer, und Beckinsale steckte das Geld dafür ein. Anschließend kümmerte er sich wieder um seine Freundin.

"Ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll, Jamie Lee", sagte er ernst.

Sie breitete unbekümmert die Arme aus. "Hey, ich bin hier. Ich bin bei dir. Reicht dir das nicht?"

"Ja, jetzt bist du bei mir", grollte der DJ. "Aber ich weiß nie, bei wem du bist, wenn ich dich nicht sehe."

Sie schwieg, wippte mit den Hüften zur Musik.

"Warum tust du das?", fragte Beckinsale.

"Was tu' ich denn?"

"Warum betrügst du mich fortwährend?"

Jamie Lee Crichton schüttelte den Kopf. "Ich würde es nicht betrügen nennen."

"Wie denn sonst?"

"Ich tu's ja nicht heimlich – hinter deinem Rücken", erklärte das flachbrüstige Girl. "Und ich streite es auch nie ab. Ich stehe jederzeit dazu."

"Aber warum?", fragte Beckinsale verständnislos. "Verdammt noch mal, warum muss das sein? Warum genüge ich dir nicht?"

Sie hob abwehrend die Hände und machte ein verdrossenes Gesicht. "Nicht schon wieder die alte Leier, Lou. Ich bitte dich. Das ödet mich an."

"Herrgott noch mal, Jamie Lee..."

"Wenn dir unsere Beziehung nicht mehr gefällt, dann beenden wir sie eben", schlug sie ihm nüchtern vor.

"Du weißt, dass ich das nicht kann", knurrte er. "Ich liebe dich, Jamie Lee. Weiß der Teufel, warum ich so sehr an dir hänge. Keiner kann es verstehen. An dir ist nicht viel dran, und du bist auch nicht besonders hübsch."

"Du bist heute mal wieder extrem charmant", schnauzte sie ihn an. "Vielen Dank für die Blumen."

"Ich sag's, wie es ist."

"Und ich bin, wie ich bin", konterte sie. "Du kannst mich so haben – kannst es aber auch bleiben lassen."

Er musste kurz an die Turntables, ließ ein paar locker-flockige Sprüche ins Mikrofon und spielte dann einen Oldie, der fast zwanzig Minuten lang war.

Er wandte sich wieder seinem Girl zu. "Kevin", sagte er grimmig.

"Äh?"

"Deine letzte Eroberung."

"Was ist damit?", fragte Jamie Lee.

"Wer ist der Kerl?"

"Was geht dich das an?", gab Jamie Lee Crichton spitz zurück.

"Ich habe ein Recht, zu erfahren..."

Sie drehte sich um.

Er griff nach ihrem dünnen Arm und hielt sie fest. "Verdammt, wo willst du hin?", schrie er sie an.

"Mir reicht es", gab sie bissig zurück. "Ich gehe." Sie schaute ihm kalt in die Augen. "Du gehst mir mit deiner ewigen Eifersucht auf den Geist."

"Dieser Kevin hat fünf von meinen Freunden ganz allein aufgemischt", stieß der DJ heiser hervor.

"Ja." Jamie Lee lachte schadenfroh. "Das war ein Volksfest. Das kriegt man nicht alle Tage geboten."

"Wie hat er das geschafft?"

"Er hat mit Hirn gefightet", erklärte das Girl. Sie tippte sich an die Stirn. "Hirn, das ist das, was deine Kumpels nicht haben."

"Warum hat dieser Kevin sich an dich rangemacht?", fragte Lou Beckinsale. Als Großverteiler von Drogen musste er jederzeit auf der Hut sein.

Jamie Lee Crichton zuckte mit den Achseln. "Vielleicht habe ich ihm gefallen. Außerdem war's umgekehrt. Ich habe ihn angequatscht. Haben dir das deine Freunde nicht erzählt?" Es funkelte abschätzig in ihren Augen.

"War er neugierig?", fragte der DJ. Er hielt seine Freundin noch immer fest. "Hat er dir viele Fragen gestellt? Hat er irgend etwas Spezielles wissen wollen?"

"Ich weiß nicht, was du meinst", behauptete Jamie Lee.

"Hat er versucht, dich über mich auszuhorchen?"

"Nein, hat er nicht. Du bist nicht so wichtig, wie du glaubst. Kevin hatte nur an mir Interesse."

"Du hast ihn mit zu dir genommen."

Jamie Lee lachte. "Du bist ziemlich gut informiert."

"Hast du mit ihm geschlafen?"

"Das weißt du nicht?"

"Hast du?"

Sie sah ihn spöttisch an. "Soll ich Nein sagen, damit du beruhigt bist? Oder soll ich Ja sagen, damit du von mir nicht enttäuscht bist?"

"Du sollst mir die Wahrheit sagen, verdammt", herrschte er sie an.

"Ich möchte gehen." Sie schaute auf seine Hand, die noch immer ihren Arm umschloss. "Würdest du mich bitte endlich loslassen?"

Er gab sie zornig frei. "Irgendwann drehe ich dir noch mal den dünnen Hals um, das schwöre ich dir."

Sie wusste, dass das eine leere Drohung war. Er würde sie niemals wahr machen. Das konnte er nicht. Weil er sie liebte. Weil er ihr nie ernsthaft weh tun konnte.

"Hey, DJ", sagte ein Typ, der in seinem Leben schon eine Million Hamburger verdrückt hatte. Jamie Lee fand jedenfalls, dass er so aussah. Der extrem fette Knabe ließ Lou Beckinsale eine dicke Geldrolle sehen.

Da bahnte sich mal wieder ein Geschäft an. Jamie Lee Crichton kümmerte sich nicht weiter darum. Sie drehte sich um und setzte sich ab.

Ihr altersschwacher Wagen, der nur noch vom Dreck zusammengehalten wurde, wie böse Zungen behaupteten, stand in der Tiefgarage.

Direkt unter dem "Hot Stuff". Es gab einen Lift, doch Jamie Lee war die Treppe hinuntergelaufen, und nun betrat sie die in kaltes Neonlicht getauchte Garage.

Irgendwo raste ein Spinner mit quietschenden Reifen zur Ausfahrt. Das schrille Geräusch hallte unangenehm laut von den Betonwänden wider.

"Idiot!", sagte Jamie Lee kopfschüttelnd. Und lächelnd dachte sie: Wenn ich das mit meiner Karre versuchen würde, würde sie bestimmt auseinanderfallen.

Kevin Cleese fiel ihr ein. Sie würde ihn wiedersehen. Sehr zum Ärger von Lou. "Tja, mein Lieber", murmelte sie, während sie zu ihrem Wagen ging. "So ist das Leben. Kein Mensch gehört einem andern ganz allein. Wir dürfen nicht so egoistisch sein und unserem Partner keine anderen Freuden gönnen. Ich hätte nichts dagegen, wenn du auch mal von einem anderen Honigtöpfen naschen würdest, aber du bist ja so sehr auf mich fixiert, dass du an andere Girls keinen Blick verschwendest."

Sie blieb stehen. Hatte sie ein Geräusch vernommen? Sie drehte sich um. Nichts. Keine Menschenseele weit und breit. Dann hatte sie sich das Geräusch wohl eingebildet.

Sie setzte ihren Weg fort.

Tappen...

Sie blieb erneut stehen und blickte sich um. Wieder nichts. Was war bloß los mit ihr? Spielten ihr ihre Sinne einen Streich? Hörte sie etwas, wo es gar nichts zu hören gab? Früher, als sie noch permanent unter Drogen gestanden hatte, hätte sie das nicht gewundert. Aber sie war schon lange clean.

Sie ging weiter.

Hecheln...

Ihr wurde kalt. Versuchte ihr jemand Angst zu machen? Sie fuhr gereizt herum. "Ist da jemand?", rief sie. "Ist da jemand – jemand – jemand...?" Das war das Echo ihrer Stimme.

War ihr Lou gefolgt? "Irgendwann drehe ich dir noch mal den dünnen Hals um, das schwöre ich dir", hatte er gesagt. Sie glaubte nicht, dass er dazu fähig war, aber vielleicht wollte er ihr eine kräftige Abreibung zukommen lassen, um ihr einen schmerzhaften Denkzettel zu verpassen. Dazu wäre er sehr wohl fähig gewesen.

"Lou?", rief sie. Ihre Augen waren schmal. Sie wanderten suchend umher. "Lou, bist du das?"

Keine Antwort.

Zorn schoss ihr in den Kopf. Sie explodierte. "Hör zu, du feiger Scheißkerl!", schrie sie kriegerisch. "Zeige dich! Ich habe keine Angst vor dir. Komm her, wenn du einen Tritt in die Kronjuwelen willst."

Knurren...

Ein Tier? Hatte sich ein Hund in die Tiefgarage verirrt? Hatte ihn jemand hier unten ausgesetzt, um ihn loszuwerden? War es der Hund, der Angst hatte? Hatte er deshalb geknurrt? Vielleicht hat er die Tollwut, ging es Jamie Lee durch den Sinn. Dann ist es besser, ihm nicht zu nahe zu kommen. Tollwütige Tiere sind unberechenbar – und gefährlich.

Sie lief zu ihrem Wagen. Als sie die Tür aufschließen wollte, sah sie in der Scheibe nicht nur ihr Spiegelbild. Da war noch jemand.

Direkt hinter ihr. Kein Mensch. Ein Wesen. Ein Scheusal. Eine Bestie. Ein Ungeheuer. Ein Prankenhieb traf ihren Rücken. Sie schrie gequält auf.

Krallen bohrten sich in ihr Fleisch. Der Schmerz war grauenvoll. Sie drehte sich um und riss schützend die Arme hoch. Das Monster brach sie ihr mit einem einzigen Schlag – und dann fand seine Schnauze, in der lange, kräftige Reißzähne schimmerten, ihre von unbeschreiblicher Todesangst zugeschnürte Kehle.

Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket

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