Читать книгу Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket - A. F. Morland - Страница 29
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ОглавлениеSergeant Gary Maguin begann von da an in eine ganz bestimmte Richtung zu denken. Er sprach mit seinen Kollegen noch nicht darüber.
Sie hätten ihn vielleicht nicht ernst genommen. Er musste erst noch genügend Informationen beschaffen und seine Idee mit ebenso einleuchtenden wie überzeugenden Fakten stützen. Er holte sich sein Wissen aus alten Büchern, dicken Folianten und aus dem Internet.
Sein Bild bekam immer schärfere Konturen, und er bereitete sich so gewissenhaft wie möglich auf die große, alles entscheidende Konfrontation mit der blutrünstigsten Bestie, die jemals in Brooklyn ihr Unwesen getrieben hatte, vor. Als die Geschichte endlich Hand und Fuß hatte, bekam Gary Maguin unerwarteten Besuch.
Er war allein zu Hause, saß am Computer und hielt schriftlich fest, zu welchem Ergebnis seine Überlegungen und Recherchen geführt hatten.
Es klopfte. Er speicherte das Geschriebene mit einem raschen Mausklick und ging dann zur Tür. Als er öffnete, stand eine junge Frau vor ihm, die er kannte.
Sie roch nach Wein. Oder nach Whisky. Oder nach beidem. Und sie war hochgradig nervös, versuchte fortwährend, ihre Finger miteinander zu verknoten. Er ließ sie ein.
"Ich hab was getrunken", sagte sie überflüssigerweise. "Um mich zu beruhigen. Aber es hat nichts genützt. Mir ist, als stünde ich kurz vorm Explodieren. Meine Nerven liegen blank."
"Setzen Sie sich", sagte Gary.
Sie plumpste aufs Sofa. Ihr Blick irrte durch den Raum. "Schreckliche Dinge sind passiert... Diese beiden an Grausamkeit nicht zu überbietenden Morde, von denen in der Zeitung stand..." Sie biss sich auf die Unterlippe und legte die zitternden Hände auf ihr Gesicht.
"Möchten Sie noch etwas trinken?", fragte Gary.
Sie schüttelte den Kopf. "Nicht mehr. Es nützt ja doch nichts."
Gary setzte sich neben sie.
"Diese furchtbaren Morde..." Ihre Stimme klang brüchig. "Sie sind immer in Vollmondnächten verübt worden." Sie schaute ängstlich zum Fenster. "Und heute haben wir wieder Vollmond. Es wird wieder etwas ganz Schreckliches passieren."
"Wieso glauben Sie das?"
"Ich glaube es nicht. Ich weiß es. Und ich kenne den Mörder."
Gary riss die Augen auf.
Sie begann zu zittern. "Oh, es ist ja so fürchterlich", ächzte sie. "Ich wohne mit ihm Tür an Tür." Sie legte die Arme um sich, als würde sie frieren. "In jener Nacht, in der der DJ starb... Da habe ich ihn wegrennen gesehen. Die Mordgier trieb ihn aus dem Haus. Er war nicht mehr er selbst..."
"Wie meinen Sie das?"
"Sein Aussehen hatte sich verändert", erzählte sie heiser. "Er sah nur noch entfernt wie ein Mensch aus..."
"Versuchen Sie ihn zu beschreiben", verlangte Gary.
"Er war stark behaart und hatte eine – eine Schnauze...", behauptete sie. "Wie ein Hund. Wie ein Wolf. Und seine Hände waren keine Hände mehr..."
"Sondern?"
"Pfoten... Pranken... Mit Krallen... Hässlichen, langen, messerscharfen Krallen..." Sie sprach abgehackt. Die Worte kamen stoßweise aus ihrem Mund.
"Wissen Sie, wie lange die letzte Vollmondnacht zurückliegt?", fragte Gary Maguin. Es klang vorwurfsvoll.
"O ja."
"Warum kommen Sie erst heute zu mir?"
Sie zuckte mit den Achseln. "Ich hatte in diesen Tagen erhebliche Schlafstörungen, habe in jener Vollmondnacht eine ziemlich starke Tablette genommen... Als ich auf dem Flur Schritte hörte, habe ich durch den Türspion gesehen." Sie atmete schwer aus. "Ich dachte, ich hätte eine Halluzination, schrieb es dem Medikament zu. Ich redete mir anderntags ein, ich hätte etwas gesehen, das es in Wirklichkeit gar nicht zu sehen gab, und ich redete mir das in den Tagen danach immer wieder ein, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, dass so etwas Irrsinniges wahr sein kann, aber nun... Ich kann es mir nicht länger einreden. Ich weiß heute mit absoluter Sicherheit, dass das damals keine Sinnestäuschung war. Ob Schlaftablette oder nicht... Ich habe in der letzten Vollmondnacht kein Trugbild, sondern einen Menschen gesehen, der im Begriff war, sich in einen Wolf zu verwandeln. In einen – einen Werwolf! Heute ist wieder Vollmond, und er wird sich wieder verwandeln. Weil er das muss. Weil das seine Bestimmung ist. Sein Fluch. Wem dieser Wolfsfluch einmal anhaftet, der wird ihn bis zu seinem Tod nicht mehr los, heißt es. Er wird sich in dieses Monster verwandeln und wieder töten. Aber diesmal wird er das Haus nicht verlassen, denn er hat sein Opfer bereits bei sich. Es ist Ihre Schwester, Gary. Rachel ist bei Tab, Gary", sagte Michelle Natwyck, die Nachbarin der Bestie von Brooklyn.