Читать книгу Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket - A. F. Morland - Страница 34

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Der grelle Blitz zerriss die Nacht. Gleich darauf wurde die Atmosphäre von einem ohrenbetäubenden Donner wie mit einer Riesenfaust geschüttelt. Dicke, schwere Tropfen fielen vom schwarzen Himmel. Dann Wassermassen wie bei einer Sintflut. Noch ungefähr hundert Kilometer bis Wien, dachte der Verleger Werner Hahn. Er war mit seinem schiefergrauen Mercedes unterwegs. In rasanter Fahrt jagte der Wagen die Serpentinen des Semmering hinauf. Die grellen Scheinwerferfinger tasteten sich über die düstere Landschaft. Die Straße glitzerte im Schein der Lampen wie poliertes Silber. Kleine Wasserbäche ergossen sich in die Straßengräben.

Hahn hatte die Scheibenwischer auf Schnellgang geschaltet, damit sie mit den niederprasselnden Wassermassen fertig wurden. Doch sie schafften es nicht. Ein zitternder Wasserfilm lag auf der Windschutzscheibe und verzerrte die Landschaft zu einer gespenstischen Szenerie.

Wieder zuckte ein Blitz vom Himmel. Hahn fuhr unwillkürlich zusammen. Als gleich darauf der Donner losbrüllte, lief dem Mann am Steuer eine Gänsehaut über den Rücken. Nach der nächsten Kurve erfassten Hahns Scheinwerfer eine reglos am Straßenrand stehende Gestalt.

"Verrückt, bei so einem Wetter aus dem Haus zu gehen", sagte Hahn zu sich selbst und schüttelte den Kopf.

Etwas Ähnliches wie Mitleid wurde in ihm wach. Er verlangsamte die Fahrt.

Je näher er der reglosen Gestalt kam, desto deutlicher konnte er ihre Umrisse erkennen.

Es schien sich um einen Mönch zu handeln. Die Gestalt trug eine bodenlange Kutte. Dunkelgrau und vollkommen durchnässt. Den Kopf hatte die Gestalt abgewandt. Eine große Kapuze war hochgeschlagen. Die Arme des Mönchs steckten in den weiten Ärmeln der Kutte.

Werner Hahn nahm normalerweise keine Anhalter mit. Es war sein Prinzip. Doch diesmal glaubte er, eine Ausnahme machen zu können. Es war schließlich ein scheußliches Wetter. Und der Mann in der Kutte war kein gewöhnlicher Anhalter.

Es war ein Mönch. Und Hahn hätte für jede Art von Religion einiges übrig.

Der Verleger bremste den Wagen ab und hielt zwei Meter hinter dem Mönch den Mercedes an. Ein eiskalter Wind umpeitschte den Mann. Blitz und Donner schienen ihn nicht im mindesten zu stören.

Hahn beugte sich zur Beifahrertür hinüber und stieß sie auf. Der Wind fuhr mit gespenstischem Geheul in den Wagen. Regen klatschte dem Verleger ins Gesicht. Er richtete sich schnell wieder auf.

Langsam näherten sich die Schritte des Mönchs. Ein seltsamer Mensch. Jeder andere hätte sich beeilt, so schnell wie möglich ins Trockene zu kommen. Der Mönch hatte es jedoch nicht eilig. Er kam langsam zur Tür. Seine Schritte schlurften knirschend über den Rollsplitt, der auf der Straße lag. Schwere Schritte.

"Ich fahre nach Wien!", rief Werner Hahn. "Ich nehme Sie mit, so weit Sie wollen, Bruder!"

Der Mönch setzte sich.

"Danke", knurrte er mit einer seltsam hohlen Stimme.

Die Tür flog zu. Hahn beschlich ein seltsames Gefühl. Es war nicht Angst. Es war eine unerklärliche Unruhe, begleitet von einer wachsenden Neugierde.

Das Gesicht des Mönchs war nicht zu sehen. Die Kapuze war so weit nach vorn gezogen, dass sie einen tiefschwarzen Schatten über das gesamte Antlitz des Mannes warf.

Hahn fuhr los. Die Unruhe wurde größer. Er schaltete zu schnell. Er gab zuviel Gas, fuhr unkonzentriert, weil ihn dieser seltsame Passagier geistig beschäftigte.

Am Ende war der Mann neben ihm gar kein Mönch. Vielleicht war die Kutte nur Tarnung. Die Tarnung eines Straßenräubers. Unsinn! Werner Hahn schüttelte im Geist den Kopf. Bei solch einem Unwetter blieben sogar die Straßenräuber zu Hause.

Ich hätte doch lieber nicht stehenbleiben sollen!, raunte es in dem Verleger.

Der Mönch hatte etwas Unheimliches an sich. Er saß steif da, starrte geradeaus, bewegte sich nicht. Nach wie vor hatte er die Arme verschränkt und in den Kuttenärmeln versteckt. Die Kapuze schimmerte feucht.

Hahn warf dem seltsamen Beifahrer einen nervösen Blick zu.

Seine Zunge huschte kurz über die Lippen. Der nächste Blitz ließ ihn heftig zusammenzucken. Der darauffolgende Donner machte ihm aus unerklärlichen Gründen Angst. Niemand war auf der Straße zu sehen. Kein Wagen war hinter ihm. Keiner kam ihnen entgegen.

Hahn hielt es plötzlich nicht mehr aus. Ihn fröstelte. Das monotone Geräusch der hin und her fegenden Scheibenwischer störte ihn. Das Blitzen und Donnern jagte ihm eiskalte Schauer über den Rücken.

"Mieses Wetter, was?", sagte der Verleger, um das nervenzermürbende Schweigen endlich zu brechen.

Der Mönch reagierte überhaupt gar nicht auf seine Worte. Er saß weiterhin unbeweglich da. Er starrte weiterhin nach vorn, ohne den Kopf zu wenden.

"Haben Sie schon lange am Straßenrand gestanden, Bruder?" Wieder keine Antwort.

Unsicherheit bemächtigte sich des Verlegers. Was war das für ein seltsamer Patron? Warum redete er nicht? Was für Absichten hatte er? Wieso hatte er am Straßenrand gestanden?

"Ihre Kutte ist völlig durchnässt", sagte Hahn nervös.

Wieder nichts. Nun gab es Werner Hahn auf. Er zuckte die Achseln und dachte verärgert: Dann eben nicht. Das hat man nun davon, wenn man mit jemand Mitleid hat. Ich hätte ihn einfach da stehenlassen sollen. Einfach nicht beachten. Das wäre das gescheiteste gewesen. Man hat nur Ärger mit diesen Leuten.

Der Verleger konzentrierte sich auf die Straße. Er merkte nicht, dass der Fremde nun ganz langsam den Kopf wandte.

Irgendetwas zwang ihn, den Mönch noch einmal anzusehen. Im selben Moment zerfetzte ein Blitz erneut die Dunkelheit. Das kurze Licht des Blitzes sprang geradezu unter die Kapuze des Mönchs.

Was Werner Hahn in diesem grauenvollen Moment sah, versetzte ihn in Angst und Schrecken.

Mit einem bestürzten Aufschrei machte er ungewollt eine heftige Lenkbewegung. Der Wagen kam von der klatschnassen Straße ab und schoss in den Graben.

Blech knirschte. Der rechte Scheinwerfer barst und erlosch. Der Motor heulte gequält auf. Die Räder drehten jaulend durch. Dann erstarb der Motor. Unheimliche Stille breitete sich im Wagen aus. Noch ein Blitz. Als Hahn das Gesicht zum zweiten mal sah, verlor er nahezu den Verstand vor Entsetzen.

Das grauenvolle Gesicht des Mönchs war genauso dunkelgrau wie seine Kutte, wie bei einer Mumie. Der Fremde hatte keine Augen in den Höhlen. Dicke, zitternde Spinnweben bedeckten sie. Statt der Nase hatte er zwei dunkle Löcher. Der Mund war grausam geformt und zahnlos.

Durch den Unfall war die Mönchskutte vorne aufgerissen, Dicke, zottelige Haare ragten heraus. Der Fremde hatte den muskulösen Körper eines riesigen Affen.

Doch die schlimmste Überraschung stand dem entsetzten Verleger noch bevor.

Der Mönch riss mit einem jähen Ruck die Arme aus den Kuttenärmeln.

Werner Hahn glaubte, nun vollends den Verstand verloren zu haben.

Ein wahnsinniger Schrei entrang sich seiner zugeschnürten Kehle.

Der Mönch hatte weder die Arme eines Menschen noch die eines Affen.

Vom Ellenbogen abwärts schimmerten zwei überdimensionale Krebsscheren, die sich nun zuckend dem verzweifelt schreienden Mann näherten.

Bevor sich der Verleger zur Flucht entschließen konnte, bevor er begriff, in welch entsetzlicher Situation er sich befand, zuckten die gefährlichen Krebsscheren schon vorwärts. Werner Hahn stieß einen grauenvollen Schrei aus. Die mächtigen Scheren des Ungeheuers schnappten zu. Die schreckliche Szene wurde von ununterbrochenem Blitzen und Donnern gespenstisch untermalt. Hahn wehrte sich verzweifelt gegen die Angriffe des Monsters. Er schlug brüllend um sich. Blut tropfte auf die Sitzpolster des Wagens. Immer wieder packte das grauenvolle Ungeheuer zu. Hahns Schreie wurden leiser. Seine Abwehrbewegungen wurden schwächer. Das Monster lachte teuflisch und zerfleischte sein röchelndes Opfer bis zur Unkenntlichkeit…

Morlands Horrorwelten: Das große Gruselroman-Paket

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