Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 22

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Mr. Tang führte die Schale Reiswein zum Mund, nippte daran. Seinem feisten, ausdruckslosen Gesicht war nicht anzusehen, ob er dabei Genuss empfand. Der große Pate von Chinatown wirkte undurchschaubar. Das war eines seiner Markenzeichen und daher vielleicht auch ein Geheimnis seines Erfolges.

Das Gesicht eines Anführers sollte nicht zuviel über sein Innenleben verraten, so dachte Tang. Es ging stets darum das Gesicht zu wahren, die äußere Fassade.

Diese Fassade bildete zusammen mit den Fettschichten dieses Mannes soetwas wie eine Art Panzer, den er sich zugelegt hatte. Einen Panzer gegen all das was ansonsten auf sein ungeschütztes Inneres, seinen weichen Kern hätte einstürmen können.

Der Vorhang ging zur Seite. Ein junger Mann trat ein. Es handelte sich um Lee, einen von Mr. Tangs Neffen.

Mr. Tang betrachtete ihn als einen potentiellen Nachfolger, aber bis es soweit war, hatte Lee sich zunächst einmal zu bewähren. Und er war auch nicht die einzige Option, die sich der dicke Mann offen hielt. Es war wichtig, immer stets mehrere Möglichkeiten zu haben. Auch eine Devise nach der er herrschte.

Lee hielt den Kopf gesenkt. Er wartete bis Mr. Tang ihm gestattete, sich zu ihm zu setzen.

"Was gibt es, Lee?", fragte er.

"Unser Informant hat sich gemeldet", erklärte Lee noch immer mit gesenktem Kopf.

Mr. Tang hob die dünnen Augenbrauen, die kaum sichtbar waren. "Du meinst unseren Mann an Rico Altobellis Seite?"

"Ja."

"Und?"

"Er erweckt nach außen hin den Anschein sich auf seinen Landsitz nach Bodega Bay zurüchzuziehen. Aber das ist nicht wahr. In Wirklichkeit bleibt er hier in San Francisco."

"In seiner Villa?", hakte Mr. Tang nach.

"Ja."

Eine winzige Regung war für den Bruchteil einer Sekunde auf Mr. Tangs Gesicht zu sehen.

"Irgendwie hatte ich etwas in der Art von Altobelli erwartet", sagte er dann. "Er ist zwar einerseits ein sehr ängstlicher Mann, aber andererseits weiß er genau, wann er persönlich am Ort des Geschehens sein muss, um die Dinge zu beeinflussen. Und dies ist so ein Moment." Die Schultern des dicken Chinesen hoben sich. Er nippte noch einmal an seinem Reiswein. Sein Gesicht strahlte jetzt Gelassenheit aus.

"Murphy hat versagt", stellte Lee fest.

"Das ist richtig", erwiderte Mr. Tang. Und er setzte dann nach einer kurzen Pause hinzu: "Ich denke, wir haben diesen Mann einfach überschätzt. Vielleicht war es sogar ein Fehler ihm überhaupt zu helfen."

Lee wagte es jetzt seinen gewichtigen Großonkel direkt anzusehen.

"Soll ich alles Nötige in die Wege leiten?", fragte er schließlich.

Mr. Tang nickte düster.

"Tu das, aber enttäusch mich nicht genauso wie Murphy, dieser streunende Hund."

11 fantastische Horror-Romane zum Fest

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