Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 39
Оглавление2.
„Hey? Alles in Ordnung?“
Brian Hunter hörte die Stimme wie aus weiter Ferne. Gerade noch hatte er einen Mann mit langem Mantel vor seinem inneren Auge gesehen, der sich bei Vollmond in einen Werwolf verwandelt hatte. Eine Vision... Sie war so beeindruckend gewesen, dass er für einen Moment sogar geglaubt hatte, selbst mitten in der Nacht auf dieser Lichtung zu sein, irgendwo in einem wild wuchernden Wald mit eigenartig verwachsenen Bäumen zu sein. Aber jetzt kehrte sein Bewusstsein in die Wirklichkeit zurück.
„Hallo? Jemand zu Hause bei dir hinter der Stirn? Oder ist dir nicht gut.“ Es war die Stimme von Smith, dem Hausmeister des High School Internats Saint Morn, auf das Brian Hunter von nun an gehen würde. Smith hatte Brian vom Bahnhof in Boston abgeholt. Jetzt fuhren sie schon eine ganze Weile auf etwas einsameren Straßen herum, um nach Saint Morn zu gelangen.
„Es ist alles in Ordnung“, versicherte Brian.
„Du hast ganz blass ausgesehen!“, hakte Mister Smith nach. „Also um ein Haar wäre ich angehalten, um...“
„Es ist wirklich alles in Ordnung“, versicherte Brian noch einmal und diesmal ziemlich gereizt.
Meine Güte, was macht der für einen Aufstand!, ging es ihm dabei etwas ärgerlich durch den Kopf. Sollte er nicht extra auf die Mystic High School von Saint Morn gehen, weil man dort etwas mehr Verständnis dafür hatte, dass er eben anders war? Brian hatte diese Visionen des öfteren. Meistens zeigten sie ihm etwas, was in näherer oder fernerer Zukunft geschah. Nicht immer traf das, was er dann schlaglichtartig vor den Augen hatte, auch tatsächlich genau so ein. Manchmal hatte er nur einen kurzen Ausschnitt des Geschehens erkennen können und es stellte sich hinterher heraus, dass er den Zusammenhang völlig falsch beurteilt hatte.
Dinge, die ihm bedeutend erschienen, stellten sich später als völlig unwichtig heraus und umgekehrt. Aber was den Werwolf anging, da war er sich vollkommen sicher. Es war von Bedeutung, was er gesehen hatte, und es hatte irgend etwas mit dem Ort zu tun, zu dem er jetzt unterwegs war.
Brian konnte eine ganze Weile an gar nichts anderes mehr denken, während der Kombi von Mister Smith die Straße an der Küste entlang fuhr. Aber dann bog er ab und von da an wurde die Straße immer kleiner und gewundener. Sie führte durch einen Wald.
„Hör mal, ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen, Brian“, sagte Mister Smith. „Aber wenn du nach Saint Morn kommst, dann solltest du lernen, etwas offener damit umzugehen, dass du ein paar besondere Talente hast.“
„Ja sicher“, gab Brian wenig interessiert zurück. Seine übersinnliche Begabung... Das war der Grund dafür, dass er an der Saint Morn High School angenommen worden war. Und dazu gehörten nicht nur seine Visionen von der Zukunft, sondern noch ein paar andere Dinge, die ihm schon manchmal ziemlich großen Ärger eingebracht hatten... In so fern war die neue Schule für Brian auch ein neuer Anfang.
Brian sah aus dem Fenster. Mister Smith bog mit dem Wagen ab. Das Meer und die Steilküste waren jetzt nicht mehr zu sehen, dafür war rechts und links der Straße dichter Wald.
„Sieht das hier überall so aus“, fragte Brian.
„Du findest in Saint Morn alles, was du brauchst: Eine Schule, eine kleine Stadt, in der es alles gibt und landschaftlich sehr schön gelegen ist. Du kannst Wassersport machen oder...“
„Ich sehr ziemlich viel Wald und sehr wenig Stadt“, stellte Brian fest. „Meine Güte, sieht wohl so aus als würden sich hier Fuchs und Hase gute Nacht sagen...“
„Woher kommst du denn?“, fragte Mister Smith.
„New York City.“
„Naja, mit einer Acht-Millionenstadt und den Wolkenkratzern von Manhattan ist das hier natürlich nicht zu vergleichen. Aber ich kann dir sagen, dass die meisten sich wohlfühlen.“
„Wir werden sehen...“
„Aber eins solltest dir merken.“
„Und das wäre?“
„Du bist hier nichts Besonderes. Hier haben alle irgendwelche besonderen Fähigkeiten – und nur deswegen bist du hier. Also brauchst du dir nichts darauf einzubilden und du solltest auch nicht auf die Idee kommen, darin den Grund zu sehen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollten!“
Brian atmete tief durch. „Das hört sich ja ganz so an, wie die Predigten, die ich mir zu Hause immer anhören musste.“
„Manche Dinge sind überall gleich, Brian.“
„Ja, nur gehörte das auf meiner alten Schulte nicht zu den Aufgaben des Hausmeisters.“
Mister Smith lachte rau. „Kann sein. Aber in Saint Morn sind alle eine Gemeinschaft. Wir haben alle eine gemeinsame Aufgabe, von der sich niemand ausschließen kann – auch der Hausmeister nicht!“
„Gemeinsame Aufgabe? Das klingt ja fast so bedeutungsvoll wie geheime Mission oder so was... Meine Güte, ich dachte, es ginge nur darum, was zu lernen.“
„Du wirst es schon begreifen, wie hier der Hase läuft.“
„Nochmal eine andere Frage...“
Mister Smith hob die Augenbrauen. „Bitte, nur raus damit!“
„Gibt es hier eigentlich Wölfe in der Gegend?“
Mister Smith war überrascht. „Wie kommst du jetzt auf Wölfe?“
„Nur so...“, sagte Brian.
Mister Smith zuckte mit den breiten Schultern. „Keine Ahnung. Ich bin schon dreizehn Jahre hier – aber von Wölfen in der Gegend habe ich noch nie etwas gehört.“