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III. Leistungszeit
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Erfüllung setzt weiter voraus, dass die Forderung in zeitlicher Hinsicht überhaupt erfüllbar ist.[29] Dabei ist begrifflich genau zwischen der „Erfüllbarkeit“ einerseits und der „Fälligkeit“ andererseits zu unterscheiden.
Unter Fälligkeit der Leistung ist allgemein der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann.[30]
Eine betagte Forderung ist eine Forderung, die zwar schon entstanden, aber noch nicht fällig ist.[31]
Erfüllbarkeit meint den Zeitpunkt, ab dem der Schuldner leisten darf und der Gläubiger bei Nichtannahme in Annahmeverzug gem. §§ 293 ff. gerät.[32]
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Der Zeitpunkt der Erfüllbarkeit richtet sich – wie sonst auch – in erster Linie nach Vereinbarungen der Parteien und den sonstigen Umständen des Schuldverhältnisses.
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Haben sich die Parteien bei Vertragsschluss auf einen Termin verständigt, ist nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vor dieser Zeit bewirken kann. Damit erhält die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 dem Schuldner im Zweifel die Möglichkeit, den Anspruch freiwillig vorher zu erfüllen, indem der Anspruch im Zweifel sofort und vor dem vereinbarten Termin erfüllbar ist.
Eine vorzeitige Erfüllbarkeit nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 kommt nicht zum Zuge, wenn sich aus den Umständen des Schuldverhältnisses oder aus dem Gesetz etwas anderes ergibt und damit die „Zweifel“ des § 271 Abs. 2 beseitigt werden. Das ist immer dann der Fall, wenn der Gläubiger durch vorzeitige Leistungen des Schuldners seinerseits Rechte verlieren oder in seinen Interessen erheblich beeinträchtigt würde.
Beispiel 1
Aus § 488 Abs. 3 S. 3 ergibt sich, dass die Rückzahlung eines verzinslichen Darlehens vor Fälligkeit ausgeschlossen ist. Andernfalls würde der Darlehensgeber seine Zinsansprüche vorzeitig verlieren. Beim unverzinslichen Darlehen stellt sich dieser Rechtsverlust nicht, weshalb eine vorzeitige Rückzahlung dort erlaubt ist.
Eine Ausnahme gilt beim verzinslichen Verbraucherdarlehen, wo § 500 Abs. 2 eine jederzeitige Erfüllung erlaubt. Die Bank kann dann aber nach § 502 eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Bei Teilzahlungsgeschäften i.S.d. § 506 Abs. 1, 3 gehen die Privilegien des Verbrauchers noch weiter: Er kann vorzeitig erfüllen (§§ 506 Abs. 1, 500 Abs. 2), ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen (§ 507 Abs. 3 S. 3).
Beispiel 2
Der Käufer einer Einbauküche hat im Zweifel kein Interesse, die Küche vor Fälligkeit geliefert zu bekommen, da er bis zur Fälligkeit möglicherweise erst noch die Voraussetzungen für die neue Küche (Beseitigung der alten Küche, Installation von Anschlüssen etc.) schaffen muss und über keine Lagerkapazitäten für die neue Küche verfügt.[33]
Etwas anderes gilt beim Kauf eines Pkws, da der Käufer hier keine Vorbereitungen in seiner Sphäre schaffen muss, um den Wagen entgegenzunehmen und in der Regel seinen Altwagen bereits in Zahlung gegeben oder anderweitig veräußert hat.[34]
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Wenn ein Fälligkeitstermin weder vertraglich vereinbart noch gesetzlich besonders bestimmt ist, treten Fälligkeit einerseits und Erfüllbarkeit andererseits nach § 271 Abs. 1 grundsätzlich sofort mit Entstehung des Anspruchs ein.
3. Teil Erfüllung nach § 362 › C. Bewirken der geschuldeten Leistung › IV. Zuordnung der Leistung