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2. Verschiedene Gläubiger einer mehrmals geschuldeten Leistung
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Wenn der Schuldner mehreren Gläubigern eine gleichartige Leistung schuldet, sie aber nur einmal ohne ausdrückliche Zweckbestimmung erbringt, können Zweifel an der richtigen Zuordnung auftauchen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Erfolgsort nicht am Sitz des Gläubigers liegt. Hier entscheidet eine Auslegung nach redlichem Verständnis vom Horizont beider möglichen Leistungsempfänger gem. §§ 133, 157.[43]
Beispiel[44]
A verpflichtet den B (werk-)vertraglich zum Aushub von Erdreich und der fachgerechten Entsorgung des ausgehobenen Bodens von der Baustelle.
B schließt seinerseits einen Vertrag mit C, nach dem C den Aushub und die Entsorgung übernimmt (sog. „Subunternehmervertrag“). C führt die Baggerarbeiten durch und stellt die Arbeiten dann vor Entsorgung des Bodens ein, weil B die vereinbarten Abschläge nicht bezahlt. A will den Boden schnell entsorgt haben und verpflichtet den C seinerseits, die Entsorgung gegen Zahlung der insoweit zwischen A und B vereinbarten Vergütung vorzunehmen. C tut dies und wird von A bezahlt. Nach Abschluss der Arbeiten stellt C dem B sodann auch seine Entsorgungsarbeiten in Rechnung. B meint, C könnte sich insoweit nur an A halten, da C seine Arbeiten insoweit direkt und allein für A erbracht habe. Es sei deswegen dem C unmöglich geworden, die Leistung noch einmal an ihn, B, zu erbringen.
Der vertragliche Vergütungsanspruch gem. § 631 Abs. 1 des C gegen B könnte hier wegen Unmöglichkeit nach § 326 Abs. 1 S. 1 teilweise, nämlich in Bezug auf die Entsorgung des Erdreichs entfallen sein.[45] Mit Entsorgung des Bodens ist die dem B geschuldete Leistung möglicherweise durch Zweckerreichung i.S.d. § 275 Abs. 1 unmöglich geworden. Im Verhältnis zur Restleistung ist diese Verpflichtung teilbar, da mit ihr ein gegenüber dem Aushub selbstständiger Zweck verfolgt wird. Allerdings kommt Unmöglichkeit dann nicht in Betracht, wenn C seine Leistung auch insoweit an B erbracht hat und damit vollständige Erfüllung in ihrem Schuldverhältnis nach § 362 Abs. 1 eingetreten ist. Erfüllung und Unmöglichkeit schließen sich gegenseitig aus. Entscheidend ist deshalb, wem gegenüber der C seine Entsorgungsarbeiten erbringen wollte. Da C zu diesen Arbeiten sowohl dem A als auch dem B vertraglich verpflichtet war, kommen beide Schuldverhältnisse für die Zuordnung in Betracht. Da eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung nicht getroffen wurde, ist entscheidend, wie die beteiligten Personen den Leistungszweck verstehen durften. Würde man die Leistung dem Vertragsverhältnis zwischen B und C zuordnen, träte in ihrem Verhältnis Erfüllung ein. Dann wäre auch die Verpflichtung des B gegenüber A durch Erfüllung erloschen, da C insoweit als Erfüllungsgehilfe des B angesehen werden müsste. Das wiederum hat zur Konsequenz, das A dem B die Vergütung auch für die Entsorgungsarbeiten schuldet. A droht dann sowohl eine Inanspruchnahme durch den B als auch durch den C, mit dem er einen eigenen Werkvertrag geschlossen hat. Allein wegen dieser Möglichkeit entspricht es einer interessengerechten Auslegung, dass ein solches Haftungsrisiko des A nicht gewollt ist. Schließlich hat dieser eine Lösung für die ins Stocken geratenen Bauarbeiten angeboten und soll für seine Initiative nicht „bestraft“ werden. Derartige Nachteile lassen sich dadurch vermeiden, dass die Leistung des C dem direkt zwischen ihm und A geschlossenen Vertrag zugeordnet wird. Dann kann B insoweit keine Vergütung von A verlangen, weil weder er noch C als sein Erfüllungsgehilfe tätig geworden sind (vgl. § 641 Abs. 1).
Somit liegt im Verhältnis zwischen B und C Unmöglichkeit durch Zweckerreichung vor. Ob der Vergütungsanspruch des C gegen B ausnahmsweise nach § 326 Abs. 2 S. 1 aufrecht zu erhalten ist, kann dahingestellt bleiben. Denn C müsste sich in jedem Fall die von A erhaltene Entlohnung anrechnen lassen, § 326 Abs. 2 S. 2. Da diese laut Sachverhalt wertmäßig gleich hoch sind, besteht im Ergebnis kein Zahlungsanspruch des C wegen der Entsorgungsarbeiten gegen den B.