Читать книгу Schuldrecht Allgemeiner Teil I - Achim Bönninghaus - Страница 123
1. Grundregeln
Оглавление167
Nach der herrschenden „Theorie der realen Leistungsbewirkung“ ist eine Zweckbestimmung des Schuldners – und damit ein subjektives Element – zwar möglich, aber für die Erfüllung nicht zwingend erforderlich.[35]
Denn § 362 Abs. 1 lässt sich nicht entnehmen, dass für die Erfüllungswirkung der Leistung eine Zweckbestimmung erforderlich ist. Vielmehr ergibt sich aus § 366 Abs. 1 und Abs. 2, dass eine solche Zweckbestimmung möglich (§ 366 Abs. 1), aber eben gerade nicht notwendig ist. Andernfalls ließe sich die Existenz des § 366 Abs. 2, der eine gesetzliche Regelung zur Erfüllungswirkung gerade für den Fall vorsieht, dass keine Zweckbestimmung erfolgt ist, nicht erklären.
168
Voraussetzung für eine Erfüllung ist aber stets, dass die Leistung einem bestimmten Schuldverhältnis zugeordnet werden kann.[36]
169
Trifft der Schuldner eine ausdrückliche Zweckbestimmung (auch „Tilgungsbestimmung“ genannt), entscheidet diese über die Zuordnung der Leistung.
Hinweis
Die Tilgungsbestimmung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das durch empfangsbedürftige Willenserklärung vorgenommen wird und auf das die allgemeinen Regeln zur Anwendung kommen.[37]
Da besondere Formgebote nicht bestehen, kann die Tilgungsbestimmung schlüssig abgegeben werden und ist gem. §§ 133, 157 vom Empfängerhorizont (= Leistungsempfänger) auszulegen. Sie ist unter den Voraussetzungen der §§ 119 ff. anfechtbar.[38]
Die Tilgung kann auch zum Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung („Tilgungsabrede“) gemacht werden. Sie muss also nicht zwingend durch einseitiges Rechtsgeschäft erfolgen.[39] In einem solchen Fall hat sich der Schuldner verbindlich festgelegt und kann von der vertraglichen Vereinbarung durch einseitige Tilgungsbestimmungen ohne Zustimmung des Gläubigers nicht mehr abweichen.[40]
170
Wenn es keine ausdrückliche Zweckbestimmung gibt, lässt sich die Leistung immer dann einem Schuldverhältnis zuordnen, wenn es sich dabei um die allein geschuldete Leistung handelt und keine andere gleichartige Schuld besteht, auf welche die Leistung daneben oder stattdessen erbracht worden sein könnte.[41] Keine Zuordnungsschwierigkeiten ergeben sich ferner, wenn der Schuldner einem einzigen Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen verpflichtet ist und das Geleistete zur Tilgung aller Verbindlichkeiten ausreicht.[42]
Letztlich liegt in diesen Fällen aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers (= Gläubigers) eine mit der Leistung schlüssig erklärte Tilgungsbestimmung vor, deren Auslegung die Zuordnung erlaubt.
In folgenden Fällen ist die Zuordnung aber problematisch, weil die Leistung mehreren Schuldverhältnissen zugeordnet werden kann: