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5 bis 8. Bändchen
XXVI.
Der Hof des Königs Pétaud. 16

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Ludwig XV. wich bei dem unerwarteten Anblick des neuen Schauspielers, der sich in die Scene mischte, um seinen Abgang zu verhindern, einen Schritt zurück.

»Ah! bei meiner Treue!« dachte er, »diesen hatte ich vergessen. Er sei willkommen, denn er wird für die Andern bezahlen  . . .«

»Ah! Sie hier!« rief er, »ich schickte nach Ihnen, Sie wissen das?«

»Ja, Sire,« antwortete kalt der Minister, »ich kleidete mich eben an, um mich zu Eurer Majestät zu begeben, als mir der Befehl zukam.«

»Gut. Ich habe über ernste Angelegenheiten mit Ihnen zu sprechen,« fing Ludwig XV. an, indem er die Stirne runzelte, um, wenn es möglich wäre, seinen Minister einzuschüchtern.

Zum Unglück für den König war Herr von Choiseul einer von den Männern, welche sich am allerwenigsten im Königreich einschüchtern ließen.

»Und ich auch, wenn es Eurer Majestät beliebt,« antwortete er sich verbeugend, »ich habe auch über sehr ernste Angelegenheiten zu sprechen.«

Zu gleicher Zeit wechselte er einen Blick mit dem Dauphin, der halb hinter seiner Pendeluhr verborgen war.

Der König blieb stehen.

»Ah! gut,« dachte er, »auch von dieser Seite bin ich in dem Dreieck gefangen, und nun ist es mir nicht mehr möglich, zu entkommen.«

»Sie müssen wissen,« sprach der König eiligst, um seinem Gegner den ersten Stoß beizubringen, »Sie müssen wissen, daß der arme Vicomte Jean beinahe ermordet worden wäre.«

»Das heißt, er hat einen Degenstich in den Vorderarm bekommen. Ich bin hier, um mit Eurer Majestät über dieses Ereigniß zu sprechen.«

»Ja, ich begreife, Sie eilten dem Gerücht voran.«

»Ich komme den Commentaren zuvor, Sire.«

»Sie kennen also diese Angelegenheit, mein Herr?« fragte der König mit bezeichnender Miene.

»Vollkommen.«

»Ah!« machte der König, »das habe ich bereits von guter Hand erfahren.«

Herr von Choiseul blieb unempfindlich.

Der Dauphin fuhr fort, eine Schraubenmutter zu befestigen, dabei horchte er aber mit gesenktem Kopfe und verlor kein Wort von der Unterredung.

»Ich will Ihnen nun sagen, wie sich die Sache zu« getragen hat,« sprach der König.

»Hält sich Eure Majestät für gut unterrichtet?« fragte Herr von Choiseul.

»Oh! was das betrifft  . . .«

»Wir hören, Sire.«

»Wir hören?« wiederholte der König.

»Allerdings, Monseigneur der Dauphin und ich.«

»Monseigneur der Dauphin?« wiederholte der König, dessen Augen von dem ehrfurchtsvollen Choiseul zu dem aufmerksamen Ludwig August übergingen, »und was hat der Herr Dauphin mit dieser Zänkerei gemein?«

»Sie berührt Monseigneur, weil die Frau Dauphine bei der Sache betheiligt ist,« fuhr Herr von Choiseul mit einer Verbeugung gegen den jungen Prinzen fort.

»Die Frau Dauphine ist betheiligt? rief der König schauernd.

»Allerdings; sollten Sie das nicht wissen, Sire? Dann wäre Eure Majestät schlecht unterrichtet.«

»Die Frau Dauphine und Jean Dubarry,« sprach der König, »das wird interressant. Lassen Sie hören, erklären Sie sich, Herr von Choiseul, verbergen Sie mir besonders nicht das Geringste, und hätte die Dauphine Dubarry den Degenstich gegeben!«

»Sire, nicht die Frau Dauphine,« erwiederte Choiseul mit gleicher Ruhe, »sondern einer von den Officieren ihrer Escorte.«

»Ah!« machte der König, der nun, wieder ernst wurde, »ein Officier, den sie kennen, nicht wahr, Herr von Choiseul?«

»Nein, Sire, ein Officier, den Eure Majestät kennen muß, wenn Eure Majestät sich aller ihrer guten Diener erinnert; ein Officier dessen Namen in der Person seine Vaters bei Philippsburg, Fontenoy, Mahon geklungen hat ein Taverney-Maison-Rouge.«

Der Dauphin schien diesen Namen mit der Luft des Saales einzuathmen, um ihn besser im Gedächtnis, zu behalten.

»Ein Maison-Rouge!« sagte Ludwig XV., »sicherlich kenne ich das. Ei! warum hat er sich gegen Jean geschlagen, den ich liebe? Vielleicht weil ich ihn liebe  . . . einfältige Eifersüchteleien, Anfänge von Unzufriedenheit, partielle Meuterei?«

»Sire, wird Eure Majestät die Gnade haben, zu hören?« versetzte Herr von Choiseul.

Ludwig XV. begriff, daß er kein anderes Mittel hatte, sich ans der Sache zu ziehen, als aufgebracht zu werden.

»Ich sage Ihnen, mein Herr, daß ich hierin den Keim einer Verschwörung gegen meine Ruhe, eine gegen meine Familie organisirte Verfolgung erblicke.«

»Ah! Sire,« entgegnete Herr von Choiseul, »verdient ein junger Mann deßhalb, weil er die Frau Dauphine, die Söhnerin Eurer Majestät vertheidigt, solche Vorwürfe?«

Der Dauphin richtete sich auf, kreuzte die Anne und sprach:

»Ich gestehe, ich bin dem jungen Manne dankbar, der sein Leben für eine Prinzessin ausgesetzt hat, welche in vierzehn Tagen meine Frau sein wird.«

»Sein Leben ausgesetzt! sein Leben ausgesetzt!« stammelte der König, »aus welcher Veranlassung? darf man wohl wissen, aus welcher Veranlassung?«

»Weil es dem Herrn Vicomte Jean Dubarry, der sehr schnell reiste, in den Kopf kam, die Pferde auf der Station zu nehmen, welche die Dauphine eben erreichen sollte, und zwar ohne Zweifel, um noch schneller zu fahren.«

Der König biß sich in die Lippen und wechselte die Farbe, er erblickte im Helldunkel wie ein drohendes Gespenst die Aehnlichkeit, die ihn kurz zuvor beunruhigt hatte.

»Es ist nicht möglich!, ich kenne die Sache, Sie sind schlecht unterrichtet, Herzog,« murmelte Ludwig XV., um Zeit zu gewinnen.

»Nein, Sire, ich bin nicht schlecht unterrichtet, und was ich Eurer Majestät zu sagen die Ehre gehabt habe, ist reine Wahrheit. Ja, der Herr Vicomte Jean Dubarry hat der Frau Dauphine die Beleidigung angethan, für sich die für ihren Dienst bestimmten Pferde zu nehmen, und er führte sie, nachdem er den Postmeister mißhandelt, bereits mit Gewalt fort, als der Herr Chevalier Philipp von Taverney, von Ihrer Königlichen Hoheit abgeschickt, ankam und nach mehreren höflichen und versöhnenden Aufforderungen  . . .«

»Oh! oh!« brummte der König.

»Und nach mehreren höflichen und versöhnenden Aufforderungen, ich wiederhole dies, Sire.«

»Ja, und ich verbürge mich dafür,« sprach der Dauphin.

»Sie wissen das auch?« versetzte der König von Erstaunen ergriffen.

»Vollkommen, Sire.«

Herr von Choiseul verbeugte sich strahlend und sprach: »Will Seine Hoheit fortfahren? Seine Majestät wird ohne Zweifel mehr Zutrauen zu dem Worte ihres erhabenen Sohnes haben, als zu dem meinigen.«

»Ja, Sire,« fuhr der Dauphin fort, ohne jedoch für die Wärme, mit der Herr von Choiseul die Erzherzogin vertheidigt hatte, alle Dankbarkeit an den Tag zu legen, welche der Minister zu erwarten berechtigt war. »Ja, Sire, ich wußte dies und war gekommen, um Euere Majestät davon in Kenntniß zu setzen, daß nicht allein Herr Dubarry die Frau Dauphine dadurch beleidigte, daß er ihrem Dienst in den Weg trat, sondern auch, daß er sich gewaltsam einem Officier meines Regiments wider setzte, der seine Pflicht that, indem er ihn wegen dieses Mangels an Schicklichkeit zurechtwies.«

Der König schüttelte den Kopf und erwiederte:

»Das müßte man wissen, das müßte man wissen.«

»Ich weiß es, Sire,« sprach mit sanftem Tone der Dauphin. »für mich gibt es keinen Zweifel mehr, Herr Dubarry hat den Degen in die Hand genommen.«

»Zuerst?« fragte Ludwig XV., glücklich, daß man ihm diese Chance geöffnet hatte, um den Streit auszugleichen.

Der Dauphin erröthete und schaute Herrn von Choiseul au, der dem Prinzen, als er ihn in Verlegenheit sah, schleunigst zu Hülfe kam.

»Kurz, Sire,« sagte er, »der Degen wurde von zwei Männern gekreuzt, von denen der eine die Dauphine verletzte , während der andere sie vertheidigte.«

»Ja, aber wer war der Angreifer?« fragte der König. »Ich kenne Jean, er ist sanft wie ein Lamm.«

»Der Angreifer ist, wenigstens wie ich glaube, derjenige, welcher Unrecht gehabt hat, Sire, sprach der Dauphin mit seiner gewöhnlichen Mäßigung.

»Das ist eine delikate Sache,« sagte Ludwig XV., »der Angreifer derjenige, welcher Unrecht gehabt hat  . . . derjenige, welcher Unrecht gehabt hat  . . . und wenn der Officier unverschämt war?«

»Unverschämt!« rief Herr von Choiseul, »unverschämt gegen einen Menschen, der mit Gewalt die für die Dauphine bestimmten Pferde wegführen wollte! Ist das möglich, Sire?«

Der Dauphin sagte nichts, aber er erbleichte.

Ludwig XV. sah diese zwei feindseligen Stellungen.

»Lebhaft, wollte ich sagen,« fügte er sich verbessernd bei.

»Und überdies,« versetzte Herr von Choiseul, der diesen Schritt rückwärts benützen wollte, um einen Schritt vorwärts zu machen, »und überdies weiß Seine Majestät wohl, daß ein eifriger Diener nicht Unrecht haben kann.«

»Ah ja! doch wie haben Sie dieses Ereigniß erfahren, mein Herr?« fragte der König den Dauphin, ohne Herrn von Choiseul aus dem Gesicht zu verlieren, dem diese ungestüme Aufforderung dergestalt in die Quere kam, daß man seine Verlegenheit leicht bemerken konnte, trotz der Mühe, die er sich gab, um sie zu verbergen.

»Durch einen Brief, Sire,« antwortete der Dauphin.

»Ein Brief, von wem?«

»Von irgend Jemand, der sich für die Frau Dauphine interessirt und es wahrscheinlich seltsam findet, daß man sie beleidigt.«

»Sieh da, abermals Mysterien, geheime Korrespondenzen, Commplotte,« rief der König, »Man fängt wieder an, sich zu verständigen, um mich zu plagen, wie zur Zeit von Frau von Pompadour.«

»Nein, nein, Sire,« versetzte Herr von Choiseul, »es ist eine ganz einfache Sache, ein Verbrechen beleidigter Majestät. Eine gute Bestrafung wird über den Schuldigen verhängt werden, und Alles ist vorbei.«

Bei dem Worte Bestrafung sah Ludwig XV. die Gräfin wüthend und schon schäumend sich erheben, er sah den Frieden des Haushalts, den er immer gesucht, ohne ihn je zu finden, entfliehen, und den inneren Krieg mit gekrümmten Nägeln und rothen, von Thränen geschwollenen Augen eintreten.

»Eine Bestrafung,« rief er, »ohne daß ich die Parteien angehört, ohne daß ich beurtheilen kann, auf welcher Seite das gute Recht ist! Ein Staatsstreich, ein geheimer Verhaftsbefehl! Oh! was für einen schönen Vorschlag machen Sie mir da, Herr Herzog, in welch eine herrliche Geschichte verwickeln Sie mich!«

»Aber, Sire, wer wird fortan die Frau Dauphine respectiren, wenn nicht ein strenges Beispiel an der Person des Ersten gegeben wird, der sie beleidigt hat?«

»Ganz gewiß!« fügte der Dauphin bei, »und das wäre ein Scandal, Sire.«

»Ein Beispiel, ein Scandal,« sprach der König.

»O! bei Gott, gebt ein Beispiel für jeden Scandal, der um uns her vorgebt, und ich werde mein Leben damit hinbringen, daß ich geheime Verhaftsbefehle unterzeichne; ich unterzeichne, Gott sei Dank, so schon genug.«

»Es muß sein, Sire,« sagte Herr von Choiseul.

»Sire, ich bitte Eure Majestät  . . .« rief der Dauphin.

»Wie, Sie finden ihn noch nicht hinreichend dadurch bestraft, daß er den Degenstich bekommen hat?«

»Nein, Sire, denn er konnte Herrn von Taverney verwunden.«

»Und was hätten Sie denn in diesem Fall verlangt?«

»Ich hätte seinen Kopf von Ihnen verlangt.«

»Aber man hat Herrn von Montgommery nichts Schlimmeres dafür gethan, daß er König Heinrich II. getödtet,« sprach Ludwig XV.

»Er tödtete den König aus Zufall, Sire, und Herr Jean Dubarry hat die Dauphine beleidigt mir der Absicht, sie zu beleidigen.«

»Und Sie, mein Herr,« sagte Ludwig XV., sich an den Dauphin wendend, »verlangen Sie auch den Kopf von Jean?«

»Nein, Sire, ich bin nicht für die Todesstrafe, Euere Majestät weiß es wohl« antwortete sanft der Dauphin, »Ich begnüge mich auch, die Verbannung von Ihnen zu fordern.«

Der König lachte.

»Die Verbannung wegen eines Wirthshausstreites? Sie sind streng, trotz ihrer philanthropischen Ideen. Es ist nicht zu leugnen, ehe Sie Philanthrop waren, waren Sie Mathematiker, und ein Mathematiker  . . .«

»Eure Majestät geruhe zu vollenden  . . .«

»Und ein Mathematiker würde das Weltall seiner Ziffer opfern.«

»Sire,« sprach der Dauphin, »ich bin Herrn Dubarry nicht persönlich böse.«

»Und wem sind Sie denn böse?«

»Dem Angreifer der Frau Dauphine.«

»Was für ein Muster von einem Ehegatten!« rief der König ironisch. »Zum Glück macht man mich nicht so leicht an dergleichen glauben. Ich sehe, wen man hier angreift, und sehe besonders, wie weit man mich mit allen diesen Uebertreibungen führen will.«

»Sire,« sagte Herr von Choiseul, »glauben Sie nicht, man übertreibe; das Publikum ist in der That entrüstet über so viel Frechheit.«

»Das Publikum! Ah! abermals ein Ungeheuer, das Sie sich machen, oder vielmehr, das Sie nur machen. Das Publikum, höre, ich es, wenn es mir durch die tausend Zungen seiner Libellisten und seiner Phamphletschreiber, seiner Liedermacher und seiner Kabalenschmiede sagt, man bestehle, man prelle, man verrathe mich? Ei! mein Gott, nein. Ich lasse sie sprechen und lache. Machen Sie es wie ich, schließen Sie das Ohr, und wenn es des Schreiens müde ist, Ihr Publikum, so wird es nicht mehr schreien. Gut! Sie bringen mir Ihren Unzufriedenheitsgruß. Ludwig macht mir die Grimasse eines Schmollenden. Wahrlich, es ist seltsam, daß man nicht für mich thun kann, was man für den letzten Privatmann thut; daß man mich nicht will nach meinem Gefallen leben, lassen; daß man unablässig haßt, was ich liebe; daß man ewig liebt, was ich hasse! Bin ich weise oder bin ich ein Narr? Bin ich der Herr, oder bin ich es nicht?«

Der Dauphin nahm sein Radirmesser und kehrte zu seiner Pendeluhr zurück.

Herr von Choiseul verbeugte sich auf dieselbe Weise wie das erste Mal.

»Gut! man antwortet mir nichts. Aber antworten Sie mir doch etwas, bei Gottes Tod! Sie wollen mich also vor Aerger sterben machen mit Ihren Redensarten und mit Ihrem Stillschweigen, mit Ihren kleinen Gehässigkeiten und mit Ihren kleinen Befürchtungen?«

»Ich hasse Herrn Dubarry nicht, Sire,« sprach der Dauphin lächelnd.

»Und ich fürchte ihn nicht,« sagte stolz Herr von Choiseul.

»Hört, Ihr seid alle schlimme Geister,« rief der König, der den Wüthenden zu spielen suchte, während er nur ärgerlich war. »Ihr wollt, daß ich mich zur Fabel von Europa mache, daß ich mich von meinem Vetter dem König von Preußen verspotten lasse, daß ich den Hof des Königs Pétaud von diesem Schufte Voltaire verwirkliche. Ei! nein, das werde ich nicht thun. Nein! Ihr werdet diese Freude nicht haben. Ich verstehe meine Ehre auf meine Weise und werde sie auf meine Weise wahren.«

»Sire,« erwiederte der Dauphin mit seiner unerschöpflichen Sanftmuth, aber auch mit seiner ewigen Beharrlichkeit, »ich bitte Eure Majestät um Verzeihung, es handelt sich nicht um ihre Ehre, sondern um die Würde der Frau Dauphine, welche verletzt worden ist.«

»Monseigneur hat Recht, Sire; ein Wort aus dem Munde Eurer Majestät, und Niemand wird wieder beginnen.«

»Und wer sollte denn wieder beginnen? man hat noch nicht begonnen: Jean ist ein Tölpel, aber er ist nicht bösartig.«

»Das mag sein,« sprach Herr von Choiseul, »setzen wir das auf die Rechnung des Tölpels, und er entschuldige sich mit seiner Tölpelei bei Herrn von Taverney.«

»Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß mich Alles dies nichts angeht,« rief Ludwig XV.; »Jean mag sich entschuldigen, das steht ihm frei; er mag sich nicht entschuldigen, das steht ihm abermals frei.«

»Wird die Sache so sich selbst überlassen, so muß sie nothwendig Lärmen machen, Sire; ich habe die Ehre, Euere Majestät hievon in Kenntniß zu setzen,« sagte Herr von Choiseul.

»Desto besser!« rief der König, »möchte sie so viel Lärmen machen, daß ich darüber taub würde, um alle Eure Albernheiten nicht mehr zu hören.«

»Euere Majestät bevollmächtigt mich also, zu veröffentlichen, Sie gebe Herrn Dubarry Recht?« versetzte Herr von Choiseul mit seiner unstörbaren Kaltblütigkeit.

»Ich!« rief Ludwig XV., »ich Jemand Recht geben in einer Angelegenheit, welche so schwarz ist wie Tinte! Man will mich offenbar auf das Aeußerste treiben. Oh! nehmen Sie sich in Acht, Herzog  . . . Louis, schonen Sie mich um Ihrer selbst willen  . . . Ich lasse Sie das, was ich Ihnen sage, überlegen, denn ich bin müde, ich bin erschöpft, ich halte es nicht mehr aus. Adieu, meine Herren, ich gehe zu meinen Töchtern und flüchte mich nach Marly, wo ich vielleicht ein wenig Ruhe haben werde, wenn Sie mir nicht überallhin folgen.«

In diesem Augenblick, und als sich der König gegen die Thüre wandte, öffnete sich diese, ein Huissier erschien auf der Schwelle und sprach:

»Sire, Ihre königliche Hoheit Madame Louise erwartet in der Gallerie den Augenblick, um vom König Abschied zu nehmen.«

»Abschied!« rief der König erstaunt, »und wohin geht sie?«

»Ihre Hoheit sagt, sie habe von Eurer Majestät die Erlaubniß erhalten, das Schloß zu verlassen.«

»Ah! abermals ein Ereigniß! Meine Bigotte macht ihre gewöhnlichen närrischen Streiche. In der That, ich bin der unglücklichste der Menschen.«

Und er lief in größter Eile ans dem Saale.

»Seine Majestät läßt uns ohne Antwort,« sagte der Herzog zum Dauphin, »was entscheidet Eure Königliche Hoheit.?«

»Ah! nun schlägt sie,« rief der junge Prinz, mit einer geheuchelten oder einer wirklichen Freude auf das Klingeln der wieder in Bewegung gesetzten Uhr horchend.

Der Minister runzelte die Stirne und entfernte sich rückwärts ans der Salle des Pendules, wo der Dauphin allein blieb.

Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1

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