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3. Staatlicher Eingriff, Gemeinwohl und Schuldnerschutz

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5.15

Die Zwangsvollstreckung ist sonach Ausübung staatlichen Hoheitsrechts; „sie gehört daher in allen ihren Teilen ausschließlich dem öffentlichen Recht an“[15]. Da der Staat seine Vollstreckungsgewalt nicht aus der privatrechtlichen Rechtsstellung des Gläubigers ableitet, dient er bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht allein den Interessen des Gläubigers; er hat auch die wohlverstandenen Belange des Schuldners zu wahren und soziale oder gesamtwirtschaftliche Auswirkungen der Zwangsvollstreckung im Rahmen des Gesetzes zu berücksichtigen[16].

5.16

Daraus ergibt sich, dass die Zwangsvollstreckung dem Schuldner die für seine Existenz und sein wirtschaftliches Fortkommen notwendigen Vermögensgegenstände belassen muss (z.B. §§ 811, 850–850i, 851a und 851d), vor allem aber, dass dem Vollstreckungsrichter die Aufgabe zufällt, unnötige Härten abzuwenden und auf einen Ausgleich zwischen den Interessen des Gläubigers und denen des Schuldners bedacht zu sein (z.B. § 765a; §§ 30a, 85a ZVG). Nach der neueren sozialstaatlichen Auffassung über die Stellung des Staates in der Zwangsvollstreckung – die zuerst in der österreichischen Exekutionsordnung von 1896 Ausdruck gefunden hat[17] – muss der Staat durch seine Vollstreckungsorgane auch die Gesamtinteressen berücksichtigen. Wie die Zwangsvollstreckung eine wesentliche Voraussetzung für das „Funktionieren“ der Wirtschaftsordnung ist, so liegt es andererseits nicht im Interesse der Gesamtheit, leistungswillige Schuldner durch eine reibungslose Vollstreckung zu vernichten. Diese Erwägungen haben in der neueren Gesetzgebung nicht nur zu einem – allerdings gelegentlich übersteigerten – Schuldnerschutz geführt, sondern vor allem die Stellung des Richters in der Zwangsvollstreckung gestärkt; er ist – wie dies auch auf anderen Gebieten zu beobachten ist – zum Mittler eines sozialen Ausgleichs geworden (Rn. 3.23 ff.). Der Schuldnerschutz beruht vielfach auf sozialstaatlich verstandenen Grundrechten und ist daher in seinen Grundzügen verfassungsfest[18].

Zwangsvollstreckungsrecht, eBook

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