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d) Ungerechtfertigte Fortführung der Vollstreckung

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5.22

Von der Frage, ob gegen die Rechtskraft des Titels durch Schadensersatzansprüche angegangen werden kann, ist die andere Frage zu unterscheiden, ob das Fortbetreiben der Zwangsvollstreckung nach Zahlung schadensersatzpflichtig macht, falls der Schuldner sich nicht sofort gegen den Fortgang der Vollstreckung wehrt (§ 767). Die Rechtsprechung vertrat ursprünglich die Auffassung, die Einleitung von Rechtsdurchsetzungsverfahren sei kein rechtswidriger Eingriff in Schuldnerrechte – außer im Falle vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung[33]; Schadensersatzpflichten seien auf die Fälle der §§ 717, 945 beschränkt. In neueren Entscheidungen gibt der BGH der literarischen Kritik[34] im Falle ungerechtfertigter Weitervollstreckung etwas nach.

Im ersten Fall[35] ging es um das Fortbetreiben der Zwangsvollstreckung durch den Rechtsanwalt bis zum Haftbefehl und zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis trotz telefonisch mitgeteilter Zahlung. Hier bejaht der BGH die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Gläubigeranwalts, weil sich der Sorgfaltsverstoß auf besondere Tatsachen gründe. Allerdings lässt der BGH dann den Ersatz des Vermögensschadens an der fehlenden Anspruchsgrundlage scheitern (kein „betriebsbezogener“ Eingriff in den Gewerbebetrieb, § 823 Abs. 1 BGB; Wahrnehmung berechtigter Interessen, §§ 823 Abs. 2, 824 BGB) und erwägt nur den erregungsbedingten Gesundheitsschaden als ersatzfähig (§§ 823 Abs. 1, 249 ff., 253 BGB).

Im zweiten Fall[36] vergaß eine Angestellte des Gläubigers die Unterrichtung des Vollstreckungsgerichts, die sie auf Zahlung zugesagt hatte, sodass der Haftbefehl und die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis Darlehensschäden verursachten. Hier bejahte der BGH positive Vertragsverletzung und sprach den Vermögensschaden zu. Obwohl diese Entscheidung im Ergebnis zu billigen ist, bleibt ein Schönheitsfehler: der BGH geht nicht von der materiellrechtlichen Rechtsbeziehung als Grundlage der positiven Vertragsverletzung (§ 280 BGB) aus, sondern vom Vollstreckungsverhältnis als „gesetzlicher Sonderbeziehung privatrechtlicher Art“. Weder das Prozessrechtsverhältnis noch das Vollstreckungsverhältnis sollte man aber zur Grundlage materiellrechtlicher Ersatzpflichten machen; das Verfahrensrecht restituiert mit prozessualen Mitteln, das materielle Recht mit Schadensersatz, eine Vermischung beider Systeme führt zu bedenklichen Unklarheiten[37].

Zwangsvollstreckungsrecht, eBook

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