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b) Ausformung im geltenden Recht

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6.68

Das geltende Recht verbietet nutzlose Vollstreckungseingriffe (§§ 803 Abs. 2 ZPO; 77 ZVG), deren Erfolglosigkeit von vornherein feststeht[100]. Das Vollstreckungsinteresse, eine Sonderform des Rechtsschutzinteresses, dürfte allerdings nur selten ausnahmsweise fehlen. Man wird nach dem Grundsatz „in dubio pro creditore“ zu entscheiden haben, will man das Vollstreckungsverfahren nicht durch eine vorweggenommene Würdigung der Vollstreckungsaussichten blockieren.

Die Problematik fehlenden Vollstreckungsinteresses und rechtsmissbräuchlicher Vollstreckung (Rn. 6.57) ist teilweise identisch: in beiden Fällen geht es um die Schranken der Ausnutzung einer vorgegebenen Rechtsposition. Beide Möglichkeiten einer Vollstreckungsbeschränkung sollten zurückhaltend beurteilt werden, wobei die verfassungsrechtliche Betrachtung ein gegenteiliges Ergebnis nicht zu stützen vermag (Rn. 7.21). Besonders problematisch ist ein strenger Maßstab bei zwangsweiser Durchsetzung der vollstreckungsrechtlichen Aufklärungsmittel (§§ 802g, 807): hier droht allzuleicht die Gefahr vorweggenommener Würdigung des Aufklärungsergebnisses, wie sie im Erkenntnisverfahren regelmäßig als unzulässig betrachtet wird[101].

6.69

Das positive Recht verbietet die „Kahlpfändung“ (§§ 811 ff., 850 ff.) und gewährt schuldnerschonende Moratorien (§§ 721, 802b, 765a ZPO; 30a ff. ZVG). Es begrenzt durch Höchstsätze die Möglichkeit schuldnerischer Willensbeugung (§§ 802j, 888 Abs. 1 S. 2 und 3, 890). Dem Gesetz liegt der Gedanke zu Grunde, dass auch die Rechtsverwirklichung den unbegrenzten Eingriff in die Freiheits- und Vermögenssphäre des Schuldners nicht erlaubt, anders als in älteren Rechtsordnungen[102].

Der Grundsatz des beschränkten Vollstreckungszugriffs ist insoweit in seinem Kernbestand verfassungsfest (Rn. 7.15). Er verdankt einerseits dem Gedanken der Beschränkung staatlichen Eingriffs in bürgerliche Freiheitsrechte seine Existenz[103], andererseits ist er durch die Abwägung zwischen Gläubiger- und Schuldnerrechten determiniert; hinzu kommt das öffentliche Interesse am Schutz vor Sozialhilfefälligkeit einzelner Bürger[104].

Zwangsvollstreckungsrecht, eBook

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