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2. Geldvollstreckung und Naturalvollstreckung
ОглавлениеSchrifttum:
Zimmermann, The Law of Obligations, 2. Aufl. 1993, S. 770 ff.; Nehlsen-v. Stryk, Grenzen des Rechtszwangs: Zur Geschichte der Naturalvollstreckung, AcP 193 (1993), 529; Rütten, Zur Entstehung des Erfüllungszwangs im Schuldverhältnis, in: FS Gernhuber, 1993, S. 939 ff.
3.29
Das Verhältnis von Geldvollstreckung und Naturalvollstreckung ist durch ein ursprüngliches Übergewicht der Geldvollstreckung geprägt. Das Prinzip der Geldvollstreckung, das der römischrechtlichen Auslösung und damit der Personalvollstreckung seine Entstehung verdankt, war im deutschen und noch mehr im ausländischen Recht außerordentlich lebenskräftig. Ob man das Prinzip der Geldkondemnation dem Verfahrens- bzw. Vollstreckungsrecht überhaupt zurechnen soll oder nicht besser dem materiellen Recht, wo dann die Abgrenzung zwischen (primären) Naturalerfüllungsansprüchen und (sekundären) Schadensersatzansprüchen verläuft, ist eine offene Frage, die letztlich mit dem prozessualen oder materiellrechtlichen Verständnis des Anspruchs zusammenhängt und damit mit dem grundsätzlichen Verhältnis von materiellem Recht und Prozessrecht (hierzu etwa § 893 einerseits und art. 1142 ff. französischer C.c. andererseits). Die Auslösungssumme des römischen Rechts brachte ursprünglich eine Abmilderung der strengen Personalhaftung, in der Folgezeit führte die Geldkondemnation aber letztlich zur Möglichkeit, sich vom Recht freizukaufen, und konnte die Rechtsentwicklung vielleicht deshalb nicht dauerhaft prägen. Die Endphase der verschiedenen Rechtssysteme kennt jedenfalls Naturalerfüllungsanspruch und Naturalvollstreckung. Warum hier die Entwicklung in Deutschland schneller und deutlicher verlaufen zu sein scheint als im romanischen oder angloamerikanischen Rechtskreis (s. Rn. 59.24, 59.51, 59.66, 59.104), ist schwer zu begründen; vielleicht hat die Ungehorsamsstrafe des Mittelalters neben dem kognitialen Vollstreckungsrecht Justinians eine prägende Rolle gespielt. Natürlich steckt in der Naturaldurchsetzung einer Rechtspflicht immer ein härterer Zugriff auf Schuldner mit fast totalitärem Charakter als in der bloßen Geldhaftung bei Nichterfüllung, die viel Verhaltensspielraum lässt. Auch in der Gegenwart ist deshalb das Verhältnis von Naturaldurchsetzung und Geldersatz für viele Pflichten keineswegs ausdiskutiert[6]. Fest steht aber die Tendenz moderner Rechtsordnungen zur Naturalvollstreckung[7].