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Kapitel 13

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241. Vom Bischof Braun (Bruno) zu Würzburg.

J . M ü l l e r Würtzb. Chronik. p 364. F r i e s

Würzb. Chron. 1847, S. 158. G r o p p Wirtzb. Chron. I.,

209. E r t l relatt. cur. Bav. S. 107 u.A.

Braun war ein hochgelehrter frommer und einsichtsvoller

Fürst. Einmal mußte er den König Heinrich

(III.) auf einem Heereszuge nach Ungarn begleiten.

Als das Schiff, auf welchem sich der Kaiser mit

Braun befand, gerade den Donaustrudel bei Grein

passirte, erhob sich plötzlich auf der Spitze des Felsens

am rechten Ufer eine gespenstige Erscheinung in

Gestalt eines unförmlichen schwarzen Mannes, welcher

dem Schiffe mit schrecklicher Stimme zuschrie:

»Hörst du, Bischof Braun, wo willst du hin? Du wirst

mir nicht entfliehen; wohin du auch gehest, bleibst du

doch mein. Zwar habe ich diesmal nichts mit dir zu

schaffen, doch werde ich in Kürze wieder bei dir

sein.« Alle, die auf dem Schiffe waren, erschracken

heftig ob dieser Anrede und bezeichneten sich mit

dem heiligen Kreuze, worauf das Gespenst verschwand.

Der Kaiser nahm des Abends im Schlosse

Boissenburg sein Absteigequartier. Als er nun nach

dem Abendessen in Gesellschaft des Bischofs Braun,

des Abtes Alman von Seusenstein und der Hauswirthin

Gräfin Reichilt in einem Sommerhause nächst der

Donau sich an der frischen Luft und Aussicht weidete,

brach mit einem Male der morsche Boden des Sommerhauses

ein und die vier Personen fielen in den unteren

Stock hinab, wo sich eine Badestube befand.

Kaiser Heinrich fiel unbeschädigt mitten in eine mit

Wasser gefüllte Badewanne, Bischof Braun aber starb

acht Tage darnach am 27. Mai 1045.

242. Das Cyriakus-Panier zu Würzburg.

Monumenta Kilianea (von R e u ß ) Würzburg 1844, I.

G r o p p coll. nov. II., 42.

Nach dem Tode des Bischofs Iring von Reinstein im

Januar 1266 hatte das Domkapitel neue Bischofswahl

vorgenommen. Es waren aber auf die Grafen Konrad

von Trimberg und Berthold von Henneberg gleiche

Wahlstimmen gefallen und beide bemühten sich eifrigst,

in den Besitz des fränkischen Herzogshutes zu

gelangen. Während Konrad nach Rom gereist war,

bestürmte Berthold das Domkapitel, ihn als Bischof

anzuerkennen. Dieses wies jedoch seine Anträge zurück

und ernannte einstweilen den Domdechant Berthold

von Sternberg zum Stiftspfleger. Zornentbrannt

verließ der Henneberger die Stadt, um bald mit einem

mächtigen Heere wiederzukommen. Unterdessen traf

auch der Stiftspfleger gute Vorkehrungen, dem Anfalle

eines ungerechten Feindes Widerstand zu leisten.

Bald zog die Schaar der Würzburger in's Feld; eine

große, mit dem Bilde des heiligen Kilian geschmückte

und im Dome geweihte Standarte wurde vorangetragen.

Es war am 8. August, dem Cyriakustage, als die

Würzburger den an Zahl weit überlegenen, sorglos

gelagerten Feind bei Kitzingen angriffen. Nach heißem

Kampfe wurden die Henneberger geschlagen. In

wilder Flucht stürzten sie über den Main, der sich

vom Blute der Erschlagenen röthete. Darauf zog der

Stiftspfleger im Triumphe zu Würzburg ein und ließ

die geweihte Standarte als Siegeszeichen im Dome

aufhängen. Alljährlich wurde zum Andenken die Cyriakusprozession

gefeiert. Das Cyriakuspanier aber

wird noch heute in der Sammlung des historischen

Vereins bewahrt.

243. Wer das Glück hat, führt die Braut heim.

F r i e s Würzb. Chronik. N. Ausg. S. 74. E r t l relatt.

II., 4; woselbst das Sprüchwort lautet: »wer weiß, wer die

Braut heimführt.«

Auf einem Kriegszuge König Ludwigs des Deutschen

gegen die Mähren befanden sich auch die Franken,

angeführt vom Bischof Arno von Würzburg im Heere.

Diese erprobten große Tapferkeit beim Angriffe und

trugen auch den Sieg davon. Zufällig hatte damals der

Herzog von Behaim seine Tochter mit dem Herzoge

von Mähren vermählt und die fürstliche Braut befand

sich auf der Reise in das Land ihres Bräutigams. Dies

erfuhren Bischof Arno und der Vogt Rudolph von

Bayern von aufgefangenen Boten, überfielen den in

sorgloser Fröhlichkeit daherkommenden Brautzug,

tödteten die Widerspenstigen, nahmen die Braut

sammt ihren Jungfrauen gefangen und erbeuteten den

ganzen ansehnlichen Brautschatz. Der Herzog von

Mähren wartete nun mit den festlich geschmückten

Hochzeitgästen vergebens auf die Ankunft seiner geliebten

Braut und hatte umsonst die Zurichtungen zu

deren Empfang und Bewirthung gemacht, denn Bischof

Arno lieferte die gefangene Fürstin an den

König aus. Von seinem wohlgelungenen Handstreiche

wurde bald in ganz Deutschland mit Ruhm gespro-

chen. Und weil der Bischof ungeladen zur Hochzeit

gekommen und die Braut weggeführt hat, entstand

das Sprüchwort: »Wer das Glück hat, führt die Braut

heim.«

244. Gustav Adolph in Würzburg.

Von F . J . F r e i h o l z .

Unterm Schalle der Trompeten

Zog der wilde Held von Schweden

In die Frankenhauptstadt ein.

Kinder thäten 's Liedlein summen:

Schwed ist kummen, hat genummen

Selbst das Blei vom Fensterlein.

Ueberall raubten die Soldaten,

Thäten übrall großen Schaden

Treulich half ihr König mit.

Leer war Würzburg schon an Schätzen,

Ach! da sah man mit Entsetzen

Wie er zum Spitale schritt.

Doch ein Priester fromm und bieder

War des reichen Stiftes Hüter,

Und der sprach zum König frei:

»Raube nicht und hab' Erbarmen,

Dieses Gut gehört den Armen,

Das wär Gottesräuberei!«

Und er reichet unterthänig

Jetzt dem wilden Schwedenkönig

Ein beschriebnes Pergament:

»Nimm und lies die Stiftungsgabe,

Die ich hier in Händen habe,

Es ist Julius Testament!«

Und mit merklichem Verdrusse

Las der Schwede an dem Schlusse

Julius Drohung, diesen Satz:

»Greifet je mit gier'gen Händen

Andrem Zweck ihn zuzuwenden

Einer nach dem Spittelschatz:

Den will in den letzten Tagen

Ich vor Gottes Thron verklagen,

Fluch beschwör' ich auf sein Haupt!

Ewig soll es so verbleiben

Wie es steht in diesem Schreiben,

Fluch! wer Aendrung sich erlaubt!«

Da sprach Gustav zu dem Hüter:

»Ich belaß euch alle Güter,

Keinen Pfennig rühr ich an;

Gott behüt, mit diesem Pfaffen

Mag ich drüben nichts zu schaffen

In der andern Welt mehr han.«

245. Bischof Conrads Mainfahrt.

Von J . B . G o ß m a n n . – J . W . W o l f ,

deutsche Märchen und Sagen. Leipzig 1845, S. 210.

Erasmi Francisci höllischer Proteus S. 397. De Vries de

Satan II., S. 345. – C o n r a d W i l h e l m von Wernau

von W ü r z b u r g und Herzog in Franken, starb 1684.

»Geh, Diener, und halte das Schifflein bereit!

Herr Dechant, Ihr gönnt uns Euer Geleit:

Die Frühlingssonne, der freundliche Main,

Sie locken und laden zur Lustfahrt ein.«

Kein Stündchen verschwand, da verließen das Schloß

Der Bischof und Dechant auf schmuckem Roß,

Bestiegen selbander das harrende Schiff

Nach Höchheim zu rudern mainab im Begriff.

Wie spielte die Luft mit den Wimpeln so hold,

Wie glänzte die Burg in der Sonne Gold,

Wie trieben die Fischlein ihr munteres Spiel,

Wie rauschte die Well' um den bauchigen Kiel!

Da wurde dem Bischof im Herzen so warm,

Da fühlt er sich ledig von Sorgen und Harm,

Da mundet ihm wieder der köstliche Wein,

Den drüben die Sonne gewürzt hat am Stein.

Das ist ein Getränk für Dezember und Mai,

Und zaubert dem Zecher all Holdes herbei;

Das kühlet im Sommer die sengende Glut

Das wärmet im Winter das frostige Blut.

Und langsam bewegt sich das Schifflein zur Stell

Des Frauenklosters von Unterzell,

Wo frommgepriesen, zu selbiger Frist,

Die Schwester des Bischofs – Aebtissin ist.

Und kommen sieht sie von Weitem den Zug –

Und sieht – ist es Täuschung und Sinnentrug? –

Und reibt sich die Augen, und starret mit Graus –

Die Schwester nach ihrem Bruder hinaus.

Denn vor ihm, da Wimpel und Deck' ihn nicht barg,

Lag schwarzumhangen von Tüchern, ein Sarg

Und Stola darauf und Inful und Stab,

So wie er gesenkt wird in's offene Grab.

Da ruft sie die Schwestern herbei auch in Eil'

Doch Keiner ward die Erscheinung zu Theil,

Sie sah'n in der Helle des sonnigen Lichts,

Den Bischof, den Dechant, die Diener, sonst Nichts.

Die Aebtin eilet entsetzt in den Chor,

Und sendet Gebete zum Himmel empor,

Und klaget: »So früh schon zum Tode bestimmt,

Da frisch noch die Lampe des Lebens ihm glimmt!«

Der Bischof reitet zur Stadt zurück:

»Ein solcher Tag ist im Leben ein Glück!«

Der Bischof reitet hinan auf's Schloß,

Steigt ab, und streichelt das muntere Roß.

Das Rößlein wird in den Stall geführt,

Da hat's nicht Hafer noch Heu berührt,

Dem Bischof drückte zur ewigen Ruh'

Der Engel des Todes die Augen zu.

Dies Alles geschah in derselbigen Nacht,

Des andern Tags hat die Sonne gelacht

So freundlich, als wie den Tag vorher,

Das Roß und den Reiter – sie freut es nicht mehr.

246. Bischof und Marschall.

Von F . J . F r e i h o l z . – J o h a n n G o t t f r i e d

II. von G u t e n b e r g Bischof und Herzog in Franken

1684-1698.

Nicht immer wohnet Tapferkeit

Im blankgeschliffnen Schwerte,

Es gibt auch sonst noch tapfre Leut

Auf Gottes weiter Erde,

Und mancher unterm Pfaffenhut

Zeigt in Gefahren großen Muth.

Zu Würzburg in dem Frankenland

Saß auf dem Bischofstuhle

Ein edler Herr; an seiner Hand

Saß immer seine Buhle;

Die liebt er heiß, die liebt er sehr,

Sie war auch schön, hieß – F ü r s t e n e h r ' !

Da kam Türenne, der große Held

Ließ nirgends was als – Asche,

Und steckte gern die ganze Welt

In Frankreichs weite Tasche.

Kam auch nach Würzburg, klopfte an,

Doch ward ihm hier nicht aufgethan.

Da lacht der Marschall: »Ha bei Gott!

Die sollens noch beklagen!«

Und läßt dem Bischof wie zum Spott

Die kurze Rede sagen:

»Komm' morgen selbst zum Bischof Hans,

Und eß mit ihm die Martinsgans!«

Doch Hans Gottfried, der tapfre Mann

Versammelt seine Franken:

»So lang ich auf euch bauen kann,

Soll auch mein Muth nicht wanken.

Den Kelch vertausch' ich mit dem Schwert,

Und schütze euch und euren Herd!«

Da schlägt aus jeder Frankenbrust

Ein Jubel gegen Himmel;

Das ist ein Leben, eine Lust

Ein kriegerisch Gewimmel;

Und Jeder nimmt das Schwert zur Hand

Zum Schutze für das Vaterland.

Der Bischof spricht zum Feldmarschall

Durch seinen Abgesandten:

»Es ist zu einem Mittagsmahl

Viel Gänsefleisch vorhanden.

Dieweil in Franken Gastrecht gilt

Sind ihn zu füttern wir gewillt.

Doch käme er zu uns als Feind,

Soll dies Brandschatzung heißen,

Dann haben wir's nicht so gemeint,

Dann gibt es Gäns von Eisen;

Und biss' er sich an unsrem Trumpf

Auch alle seine Zähne stumpf.

Und alldieweil die Gänse sind

Sehr schwierig zu vertragen,

So sind wir freundlich ihm gesinnt,

Und füllen ihm den Magen

Mit heißem, blutigrothem Wein,

Den schenken Kanoniere ein!«

Es stutzt der Marschall, staunt und schaut,

Als dieses er vernommen;

Auch ist ihm eine Gänsehaut

Gar plötzlich überkommen.

Hat reiflich drüber nachgedacht,

Und klüglich sich davon gemacht.

Drum noch einmal, nicht immer steckt

Die Tapferkeit im Schwerte

Und manches Pfaffenkleid verdeckt

Wie diese Sage lehrte,

Zu seiner Unterthanen Glück

Ein muth'ges Herz im Mißgeschick.

247. Der heilige Macarius zu Würzburg.

G r o p p Wirtzb. Chronik II., 222.

Macarius, ein Mönch aus dem Schottenkloster zu Regensburg,

nachmals Abt des Schottenklosters St.

Jakob in Würzburg, war nicht sobald zu Würzburg

angekommen, als der Ruf seiner Heiligkeit sich verbreitete.

Eines Tages kam er in Geschäften zu dem

Bischof Embrico, welcher ihn gar freundlich empfing

und befahl, nach Landes Gebrauch mit einem guten

Trunke Wein zu bewillkommnen. Macarius, fest entschlossen,

bei seiner strengen Lebensart und Abbruch

von Wein zu verharren, entschuldigte sich ehrfürchtig

mit diesen Worten: Mein Vater! ich trinke keinen

Wein. Der Bischof versetzte: ich befehle dir aus heiligem

Gehorsam, bitte dich auch, daß du zu Ehren des

heil. Martyrers Kilian mit mir etwas Weniges von diesem

Wein verkostest.

Also stund Macarius zwischen zweien Tugenden,

des Gehorsams und des Abbruchs, zweifelhaft, welcher

von beiden er folgen sollte. Und siehe, er nimmt

den eingeschenkten Becher und verkostet etwas Weniges.

Alsdann redet er den Bischof an: Hochwürdiger

Vater! ihr werdet aus gleicher Lieb euch gefallen lassen,

mir aus diesem Becher Bescheid zu thun. Embri-

co nimmt solchen von dem Abte, verkostet denselben,

und da er merkt, daß es Wasser, verwundert er sich

über die Maßen, ruft seinen Mundschenk mit dem

Verweis, warum er dem Abte Macarius Wasser eingeschenkt,

da er doch befohlen, ihm von dem guten Kiliani-

Wein zuzubringen. Der Mundschenk betheuerte

gar sehr, daß er von dem besten Weine im ganzen bischöflichen

Keller herbeigebracht habe. Hierauf hat

der Bischof selbst allen Anwesenden den Becher

herum getragen und jedem das aus Wein gewordene

Wasser zu verkosten gegeben. Alsbald wurde das

Wunder in der Stadt bekannt, zu Jedermanns Erstaunen,

so daß darob die Glocken geläutet, auch Macarius

als ein frommer Diener Gottes von dem Bischof,

Hohen und Niedern durch das ganze Land geehrt und

gepriesen worden1.

Fußnoten

1 Vgl. die Legende von M e c h t i l d i s zu D i e s -

s e n in Z i m m e r m a n n s geistl. Kal. I., 138.

248. Das Grab im neuen Münster zu Würzburg.

Von A u g u s t S t ö b e r .

Im Lorenzgarten liegt ein Stein

An einer kühlen Stelle,

Da schwirren die Vöglein aus und ein,

Und pfeifen und singen helle.

Es ist ein alter Leichenstein

Von Trauerweiden beschattet,

Darunter liegt im engen Schrein

Ein Sängerherz bestattet.

Die Vöglein waren seine Lust,

Es hörte gern ihr Singen,

Und hüpfte selber in der Brust,

Wie muntre Vöglein springen.

Der Sänger lauschte mit Acht und Müh,

Der Lerche Ton zu lernen:

Auch schallt sein Lied wie morgenfrüh

Aus himmelblauen Fernen.

Er lernte von der Nachtigall

Das innigliche Kosen:

Drum singt er oft mit süßem Schall

Von Minnelust und Rosen.

Auch liebt er, wie die Vögelein,

Ein Wanderleben zu führen,

Und Gärten und Felder aus und ein

Die Flügel frisch zu rühren.

So streift er über den Wiesengrund

Und über die Bergesgipfel,

Bis er ein warmes Nestchen fand

Auf einem stolzen Wipfel.

An Vögel mahnt des Sängers Nam',

Ein Vöglein saß im Schilde,

Und als er nun zu sterben kam,

Bedacht' er sie gar milde.

»Vier Löcher höhlt in meinen Stein,

Und senkt darein vier Tröglein,

Und schüttet Wasser und Körner ein

Für meine lieben Vöglein!«

Und was er bat im letzten Drang,

Willfahret ward ihm eilig;

Die Klosterbrüder hielten lang

Des Sängers Willen heilig.

Herr Walther von der Vogelweid

Ist unser Meister geheißen;

Noch fliegen Vögel aus Wald und Haid

Und singen ihm frische Weisen.

249. Des Minnesängers Vermächtniß.

Von L a n g b e i n .

»Walther von der Vogelweide

Nennt mich alten Mann die Welt,

Und ein Weidplatz, wann ich scheide,

Sei den Vögelein bestellt.«

»Meinen Leichnam zu bedecken,

Wählet einen flachen Stein,

Und vier Höhlen an den Ecken

Meiselt tief und sauber ein.«

»Füllet täglich diesen Becher

Mit des Baches reiner Flut

Für die höchst bescheidnen Zecher,

Denen Wasser Gnüge thut.«

»Und auf meines Grabsteins Mitte

Streut zugleich des Weizens Frucht,

Daß die Schaar zu Gast sich bitte,

Die oft mühvoll Nahrung sucht.«

Als der gute Minnesänger

Sein Vermächtniß so gemacht,

Stundet ihm der Tod nicht länger

Seinen Gang ins Reich der Nacht.

Und in Würzburg, an dem Orte,

Wo er hauste lange Zeit,

Ward ihm vor des Münsters Pforte

Seine Ruhestatt geweiht.

Ihre grünen Arme streckten

Hohe Linden drüber hin

Und die Vögelein entdeckten

Bald den reichen Fruchtgewinn.

Freudig flogen sie hernieder,

Labten sich mit Speis' und Trank,

Schwirrten auf die Bäume wieder,

Sangen dort dem Geber Dank.

Doch erlebte dies Vermächtniß

Leider nur ein nahes Jahr,

Ob's zu ewigem Gedächtniß

Gleich unlängst gestiftet war.

Denn der Chorherrn böses Geizen

Unterbrach der Spende Lauf,

Und sie sammelten den Weizen

Für sich selbst zu Kuchen auf.

Auch das Wasser ließ man fehlen,

Das behielten Quell und Bach,

Jene weingewohnten Kehlen

Sehnten nimmer sich danach.

250. Des Malers Rache.

Von J u l i u s R u t t o r .

War einst ein junger Maler

Zu Würzburg, weitbekannt;

Sein Name wird in keiner

Der Chroniken genannt.

Doch lebt im Volkesmunde

Des Malers Rachethat;

Ich will es euch erzählen,

Wie sich's begeben hat.

Der Maler führt den Pinsel

Nach innerm Künstlerdrang;

Darum ihm auch vortrefflich

Des Heilands Bild gelang.

Und weit und breit erschollen

War unsers Malers Ruhm;

Und seine Bilder prangten

Im Tempelheiligthum.

Da war im Reuernkloster

Ein Mönch zur selben Zeit,

Trotz seinem mächt'gen Geize

Im Ruf der Heiligkeit.

Der ließ den Maler kommen,

Und sprach: »Mein lieber Sohn!

Mal' unsrer Kirch' den Heiland,

Was heischest du für Lohn?« –

Der Maler sprach: »Zweihundert

Bezahlt der Gulden mir;

Ich mal' euch unsern Heiland,

Schön soll er prangen hier.

Doch brauch' ich zwanzig Wochen,

Bis er vollendet ist;

Ich mal' mit allem Fleiße

Das Bild von Jesu Christ.«

Der Priester drauf versprach ihm

Den ausgedungnen Lohn;

Der Maler ging zur Arbeit

Voll Eifer gleich davon.

Und als die zwanzig Wochen

Vorbei, die Arbeitsfrist;

Da ist das Bild vollendet,

Das Bild von Jesu Christ.

Er tritt mit seinem Bilde

Zum greisen Prior hin;

Doch dieser will vom Lohne

Die Hälfte weg ihm zieh'n.

Da wird der Maler zornig,

Vernichtet rasch das Bild,

Und droht dem Mönche Rache,

Sein Auge rollet wild.

Der Maler eilt nach Hause,

Im Herz der Rache Plan:

»Dich soll man immer schauen,

Weil du mir so gethan.«

Und schon am andern Tage

Wird neu ein Bild bestellt,

Wo Christus wird gezeiget

Der schlimmen Judenwelt.

Dieß Bild soll in dem Dome

Dort am Altare steh'n.

Hört nun, was von dem Maler

Dem Mönchen ist gescheh'n.

Er malet den Pilatus,

Wie er den Heiland zeigt,

Und sich zum Judenvolke

Vom Altan sprechend neigt:

Seht da den Judenkönig!

Seht euren Meister an! –

Da schrie das Volk der Juden

In seinem irren Wahn:

An's Kreuz mit dem Betrüger,

Er sprach dem Kaiser Hohn;

Den Tod soll er erleiden

Als seiner Thaten Lohn!

Und in der Juden Mitte,

Da sieht man einen Mann,

Mit einem weißen Mantel,

Hat braune Kutte an.

Das Haupt ist ihm geschoren,

Er streckt den Arm empor,

Und feuert an zum Rufen

Des Judenvolkes Chor.

Und dieser ist der Prior. –

Der Maler Rache sann,

Er zeichnet ihn noch schlechter

Als jeden jüd'schen Mann.

Der Maler ist vergessen,

Ihn nennt kein Chronikbuch,

Doch jenen geiz'gen Mönchen

Verfolgt der Rache Fluch.

Ihn schau'st du auf dem Bilde

Zu Würzburg in dem Dom,

Wie er dem Volk der Juden

Anregt der Bosheit Strom.

Der Maler ist vergessen,

Sein Nam' wird nicht genannt;

Doch seine grimme Rache

Zeigt des Altares Wand.

251. Stift Haug.

B. B a a d e r bei M o n e , Anz. IV., 411.

Als die Hauger Stiftskirche in Würzburg erbaut werden

sollte, machte sich der Baumeister verbindlich,

ein schönes Gotteshaus mit hoher Kuppel, ähnlich der

Peterskirche in Rom, herzustellen, auch wollte er,

wenn das Werk mißlänge, durchaus keinen Lohn

dafür. Mit Hülfe des Teufels vollendete er das Gebäude.

Als man das Gerüst vom Gewölbe nahm, senkte

sich der Bau mit solchem Krachen, daß der Baumeister

glaubte, Alles stürze zusammen. Eilends schwang

er sich auf sein Pferd und sprengte den Galgenberg

hinauf; wurde aber hier vom bösen Feinde geholt. Bis

zum heutigen Tag ist die Kirche noch nicht bezahlt.

So oft etwas an der Kuppel ausgebessert wird, muß

ein Arbeiter dabei das Leben verlieren; was auch im

Jahre 1827 wieder der Fall gewesen ist.

252. Das Teufelsthor zu Würzburg.

Von J. R u t t o r .

In mitternächt'ger Stunde,

Im Arme das Gewehr,

So schreitet dort am Thore

Die Wache hin und her.

Da kommt ein schwarzer Pudel,

Und grinst den Krieger an,

Und droht ihn zu zerreißen,

Die Wache sieht ihn nah'n.

Da tönt es aus dem Pudel

Wie eines Menschen Laut;

Dem Krieger scheint's nicht richtig,

Als er ihn näher schaut.

»Zurück!« ruft nun die Wache, –

Der Pudel weichet nicht.

»Zurück!« so schallt es nochmals,

Der Spukgeist weichet nicht.

Es schallt zum dritten Male:

»Zurück!« – es wirket nicht;

Da legt er an und schießet

Dem Pudel in's Gesicht.

Und gut hat er getroffen,

Der Spukgeist liegt im Blut,

Und röchelt vor dem Tode

In letzter Lebensglut.

Und als am andern Morgen

Den Pudel man beschaut,

Ist's eines Studio Leiche

In eines Pudels Haut.

Der wollt' die Wache schrecken,

Und büßt' den Frevel schwer.

Es schrecket wohl kein Studio

Vermummt die Wache mehr.

Und kommt die eilfte Stunde,

So spukt sein Geist am Thor;

Als schwarzer Pudel rennt er

Mit weißem Schweif und Ohr.

Und seit die Wache nimmer

Am Thore dorten steht,

So hält der Teufel selber

Dort Wache – ha nun seht!

Was trägt er auf der Schulter?

Das ist doch kein Gewehr?

Er schultert die Kanone,

Ihm ist sie nicht zu schwer.

Noch jetzt spukts dort am Thore

In stiller Mitternacht,

Wenn Alles rings im Schlummer

Und noch der Träumer wacht.

Ich sah den Spuck auch schleichen

Jüngst dort entlang der Wand.

Das Thor es wird noch heute

Das Teufelsthor genannt.

253. Die Residenz zu Würzburg.

Von J. R u t t o r .

Die Bauten sind zu Ende,

Es prangt der Fürstenbau,

Und über ihm sich wölbet

Voll Stolz des Himmels Blau.

Die Residenz, die schöne,

Sie prangt in Kaiserpracht;

Das Werk bald in Vollendung

Dem edlen Meister lacht.

Da tritt er vor den Bischof,

Und fordert seinen Lohn;

Doch dieser zwacket dieses

Und jenes ab davon.

Der Meister drob erzürnet,

Geräth in bittre Wuth,

Und redet zu sich selber

In heißer Zornesglut:

»Der Bau soll stets erinnern,

Daß er nicht ganz bezahlt;

Der Bau wird nicht vollendet,

Wie fürstlich er auch strahlt!«

Und tritt zu den Gesellen,

Und spricht das herr'sche Wort:

»Ein Fenster gegen Norden

Bleibt unvollendet dort!«

Und die Gesellen thaten,

Wie jener streng befahl;

Am Fenster das Gesimse

Wird nicht behau'n einmal.

Und noch zu dieser Stunde

Ist's unvollendet dort;

Der Geist des zorn'gen Meisters,

Er wandelt Nachts am Ort.

Versucht's ein and'rer Meister,

Das Fenster auszubau'n,

Kann er's am Morgen wieder

Im alten Stande schau'n.

Drum bleibt es unvollendet,

So lang der Bau besteht,

Der Wandrer kann es schauen,

Der dort vorüber geht.

254. Das Kreuz im Neumünster.

Mündlich.

In der Kirche zum Neumünster in Würzburg ist ein

altes Kreuzbild, davon geht die Sage: Als die Schweden

in Würzburg hausten, stieg ein Soldat zu Nachtszeit

in die Gruft der Neumünsterkirche hinab, in der

Absicht, sich des goldenen Kreuzbildes zu bemächtigen,

das seine Habgierde gereizt hatte. Doch siehe!

als er die räuberische Hand darnach ausstreckt, umschließt

ihn das Bild des Gekreuzigten mit beiden

Armen und läßt ihn nicht mehr von der Stelle weichen,

so viel er auch flucht und lästert und sich mit

Gewalt davon losmachen will. So blieb er gefesselt

hängen bis zur frühen Morgenstunde. Da nahte sich

ein Priester, hörte das Wehklagen des Frevlers und

bewirkte durch sein Gebet die Befreiung desselben.

Das Kreuzbild aber wird bis auf diese Stunde in dem

Neumünster aufbewahrt.

255. Der Schornsteinfeger am Fischmarkt.

Mündlich.

Auf einem Schornstein des Fischmarktes zu Würzburg

war früher ein Schornsteinfeger abgemalt zu

sehen. Davon erzählt die Sage: Nach der Schlacht bei

Nördlingen rief der schwedische Heerführer, welcher

damals in Würzburg lag, seine Leute auf dem Fischmarkt

zusammen und verkündigte ihnen in schwedischer

Sprache, damit es die Würzburger nicht merkten,

was bei Nördlingen vorgefallen, und wie man

sich schleunigst aus Würzburg zurückziehen müsse;

vorher sollte jedoch die Stadt noch einmal männiglich

geplündert werden. Diese Anrede hörte Niemand mit

an als ein Schornsteinfeger, der aus dem Versteck

eines benachbarten Schornsteines lauschte. Derselbe

hatte sich früher als Handwerksbursche ein wenig in

Schweden umgesehen und so viel von der Sprache gemerkt,

daß er die Würzburger alsogleich von der drohenden

Gefahr benachrichtigen konnte. Wie das der

Magistrat hörte, traf er schnell geeignete Maßregeln,

und so mußten die Schweden diesmal mit leeren Säkken

aus Würzburg ziehen. Zum Angedenken dieser

Begebenheit wurde ein Schornsteinfeger auf den

Schornstein eines Hauses am Fischmarkt gemalt.

256. Der Blutstein auf Marienberg.

Mündlich.

In dem Kirchlein der Veste Marienberg bei Würzburg

wird ein Stein am Fuße des Altars gezeigt, der von

Blut befleckt ist. Davon geht im Volke die Sage: Als

die Schweden im Jahre 1631 nach Würzburg kamen

und das feste Schloß des Bischofs erstürmten, drang

ein wüthender Haufe in die Kirche, woselbst ein greiser

Kapuziner am Altare so eben das heilige Meßopfer

feierte. Bei dem Anblicke des würdigen Priesters

ergrimmt die rohe Schaar und Einer haut ihn meuchlings

mit seinem Schwerte nieder. Das Blut des Unschuldigen

spritzte auf einen Stein, von welchem es

nicht mehr abgewaschen werden konnte. Noch heutiges

Tages zeugt der blutige Stein von der unmenschlichen

That.

257. Die Geister auf Marienberg.

Mündlich.

Früher wurde jeden Abend auf der Veste Marienberg

das Ave Maria getrommelt. Dieser Gebrauch soll

daher gekommen sein, weil sich auf eine Zeit um Mitternacht

ein Geisterzug mit solchem Brausen und Lärmen

vernehmen lassen, daß nicht nur die wachthabenden

Soldaten in Schrecken gerathen, sondern auch die

Schläfer aus ihrer Ruhe aufgescheucht worden. Man

weiß nicht, ob es die Geister erschlagener Schweden

oder der von den Schweden Erschlagenen gewesen

seien. Das Ave Maria hat sie zur Ruhe gebracht.

258. Der Schenkthurm bei Würzburg.

B. B a a d e r im Anzeiger von M o n e 1838, S. 53.

Zu Zell bei Würzburg wurde einst in der Spinnstube

gesagt, daß im Schenkthurm ein Hühnernest mit Eiern

sei, und dabei demjenigen ein grüner Rock versprochen,

der sich getraue, jetzt in der Nacht allein die

Eier zu holen. Ein Mädchen erklärte sich zu dem Unternehmen

bereit, wenn man ihr einen Ranken

schwarz Brod, einen Wetzstein und einen schwarzen

Kater verschaffte. Nachdem sie diese Dinge erhalten,

ging sie damit hinauf in den öden Bergthurm, fand

dort in einer Raufe das Nest und nahm die Eier heraus.

Da rief ein grauer Mann ihr zu: »Hättest du deinen

rinkenden Rank, deinen wetzenden Wetz und deinen

schwarzen Kater nicht, so wollt' ich dir den Hals

brechen!« Voll Schrecken lief das Mädchen davon,

und brachte zwar die Eier nach Zell, wurde aber krank

und starb nach kurzer Zeit.

259. Die versunkene Mühle.

Von F . J . F r e i h o l z . – An der Straße nach

V e i t s h ö c h h e i m , wo das S i e c h e n h a u s

steht.

Es saßen einst vier Gesellen

In einer Mühle am Main,

Die zechten da und die sangen

Manch wüstes Lied darein.

Sie fluchten auf Gott und Teufel,

Auf Zeit und auf Ewigkeit;

Sie fluchten dem eig'nen Fluchen

In ihrer Trunkenheit.

Da tappt es leis an der Thüre,

Da tappt es leis an dem Schloß,

So daß den wilden Gesellen

Der Schweiß vom Antlitz floß.

Sie sitzen ganz still und ruhig,

Nur einer springet hervor,

Verlacht die feigen Gefährten

Und öffnet keck das Thor.

Doch draußen da stehet zitternd

In einem ärmlichen Kleid,

Mit ihren bittenden Augen

Die wunderschönste Maid.

In herrlichen Locken wallet

Ihr schwarzes glänzendes Haar,

Es bringt das leuchtende Auge

Wohl jedem Herz Gefahr.

Da jubelten die Gesellen,

Im wilden, lustigen Chor;

Es schlug die schüchternen Augen

Die holde Maid empor:

»O gebet mir Trank und Speise

Und lasset fürder mich ziehn,

Ich muß noch heute nach Würzburg,

Der Frankenhauptstadt hin.«

»Ho! ho! du mein blödes Täubchen,«

So schreit der Erste und lacht,

»Du wirst so schnell nicht entwischen,

Du bleibst bei mir heut Nacht!«

»Ho! ho!« so schreiet der Zweite,

»Komm' Mädel trinke mit mir

Und ich verlange nichts weiter

Als einen Kuß dafür.«

»Ho! ho!« so schreiet der Dritte,

»Ich wünsch' ein Tänzchen mit dir,

O komm' schwarzlockiges Mädel

Und tanze ein's mit mir.«

Jedoch in der Brust des Vierten,

Da wirkt der Liebe Gewalt,

Verdrängt die rohe Begierde

Durch ihre Huldgestalt.

»O komme,« so rief er freudig,

»O komme, holdeste Maid;

Ich will dich treulich beschützen,

Ich geb dir das Geleit;

Ich liebe dich fest im Herzen,

Ich lieb' dich innig und wahr,

Trau meinem kräftigen Arme

Er schützt dich vor Gefahr.«

Da neiget sich süß erröthend,

Zu ihm die herrliche Maid,

Aus ihren glühenden Lippen

Saugt er sich Seligkeit.

So hielt er fest sie umschlungen

Mit seinem kräftigen Arm;

Wie ruht am Busen der Liebsten

Er gar so süß und warm.

Drob zürnten die drei Gesellen,

Und schrie'n und lärmten darein;

»Laß Bruder, lasse die Beute,

Denn sie ist allgemein.

Es hole sich Jeder selber

Was er für's beste dann hält,

So haben wir's stets getrieben,

So ist der Lauf der Welt.«

Doch fester hält er im Arme

Die ewig theuere Maid,

Er faßt die blinkende Waffe,

Und ist zum Kampf bereit.

Da stürmen die drei Gesellen,

Auf ihren Bruder herein,

Und stoßen mordende Dolche

Ihm tief in's Herz hinein.

Er sinket verblutend nieder,

Das Leben will ihm entfliehn,

Da wirft sich seine Geliebte

Noch einmal auf ihn hin.

Sie preßt ihn an ihren Busen,

Und an ihr pochendes Herz,

Sie kühlt mit brennenden Küssen

Ihm seinen Todesschmerz.

Doch jach empor von dem Boden,

Reißt sie der erste Gesell,

Umschlingt das bebende Mädchen

Mit seinen Armen schnell.

Er eilt mit ihr zu der Thüre,

Und faßt das dröhnende Schloß,

Als einer seiner Gefährten,

Von hinten ihn erschoß.

Da fassen die zwei Gesellen

An beiden Armen die Maid;

Doch über ihrem Besitze

Entbrannte neu der Streit.

Es kämpfen die zwei Gesellen

Um sie auf Leben und Tod;

Von ihrem strömenden Blute

Ist ringsum alles roth.

Sie stoßen die blut'gen Dolche

Zugleich in's Herz sich hinein;

Doch während die Zwei sich morden

Entkömmt die Maid zum Main.

Hier springt sie in die Fluthen,

In's tiefe, ruhige Grab,

Mit ihrem Leid um den Theuren,

Mit ihrem Schmerz hinab.

Da bebte es in der Runde,

Weit öffnete sich der Main,

Zog die verrufene Mühle

In seinen Schooß hinein.

Da stehet sie nun noch unten,

Und treibet ihr Rad noch heut,

Gar viele hörten sie rauschen

Zur mitternächt'gen Zeit.

Es schlagen die Wellen höher,

Wo einst die Mühle versank,

Gar mancher ist hier ertrunken,

Der sonst kein Wasser trank.

Drum beten auch alle Schiffer,

Beim unterirdischen Haus

Ein andächt'ges Vaterunser

Zum heil'gen Nicolaus.

260. Die eingemauerte Nonne.

Von F . J . F r e i h o l z .

Bei dem Kloster Himmelspforten

Sieht ein Kreuz der Wandersmann

Dort ist eingemauert worden

Eine Nonne, die gethan,

Was ihr Schwur und Pflicht verbot,

Darum litt sie diesen Tod.

Und im Volke geht die Sage,

Naht dem Kreuz ein Wandersmann

Mit der neugiervollen Frage:

»Nonne, was hast du gethan,

Daß du schuldig des Gerichts?«

Horch! da spricht die Nonne – nichts!


Sagenbuch der Bayrischen Lande

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