Читать книгу Sagenbuch der Bayrischen Lande - Alexander Schöppner - Страница 6
Kapitel 3
Оглавление41. Die Isenbrechen.
Mitgeth. von A . v . B ö h n e n . – I s e n b r e c h e n
(Eisenbreche) im O s t r a c h t h a l bei H i n d e l a n g .
A . C . C a m m e r e r Naturwunder, S. 40.
Unfern Hindelang im Allgäu, ist eine wilde Gebirgsschlucht,
die Isenbrechen genannt. Dahin sind die verstorbenen
Landammänner gebannt, welche im Leben
ungerechtes Gericht gehalten. An Sonn- und Festtagen
sieht man sie wohl auf den nahegelegenen Alpen
auf- und abgehen in ihren rothsammtnen Wamsen und
großen Perücken. Die schlimmsten aber aus ihnen
sind zu ewiger Nacht verurtheilt und hausen, in
scheußliche Kröten verwandelt, zwischen den Felsklüften,
durch welche die Ostrach fließt. Männer, welche
zur Triftzeit in die Schlucht hinabgelassen werden,
um das angestauchte Holz weiter zu schaffen,
haben sie oft bemerkt und ihre glotzenden Augen gesehen,
die so groß sind, wie Salzbüchseln. Sie können
aber Niemanden mehr ein Leid thun.
42. Schwank von Balderschwang.
B a l d e r s c h w a n g , im Landg. I m m e n s t a d t im
A l l g ä u . – Denkwürdigk. a. Bayern im Kal. für kath.
Christen. Sulzbach 1851, S. 8.
Von den Balderschwangern gehen mancherlei Sagen
und Geschichten im Land. So hat einmal eine gottesfürchtige
Mutter ihr Söhnlein vermahnet, wie es vor
jedem Krucifixe nicht nur das Käpplein abziehen,
sondern auch, wo es gerade sein könnte, dasselbe andächtig
küssen sollte. Das ließ sich der Sohn nicht
zweimal gesagt sein, und ging mit guten Vorsätzen
seines Weges. Da sah er von ungefähr auf dem Felde
ein eisernes Ding, wie ein Krucifix, es war aber eine
Mausfalle. Alsogleich entblößte das Büblein ehrerbietig
sein Haupt und warf sich nieder, das Kreuzbild zu
küssen. Aber wehe! Die Mausfalle schlägt zu und
nimmt dem frommen Büblein die halbe Nase hinweg.
Das hat sich aber dessen nicht allzusehr gegrämt, sondern
nur verwundert ausgerufen: »O g'rechter Herrgott,
wie g'schnell bist Du!«
43. Die »Haiden«1 zu Kettershausen.
K e t t e r s h a u s e n unweit B a b e n h a u s e n in
S c h w a b e n . – Augsb. Unterhaltungsbl. 1843. N. 43.
S. 170.
Zu Kettershausen vor dem Ort liegt in einem Hohlweg
des Wagners Haus. Vor Zeiten ist es nicht mit rechten
Dingen zugegangen, denn die »Haiden« haben in der
Nähe gehauset in einem Berge, und sie kehrten oft
beim Wagner ein und halfen der Wagnerin in ihrem
Hauswesen. Zu Nachts, wenn die Wagnersleute geschlafen,
sind sie insgeheim in's Haus gekommen,
und haben Wasser getragen, die Stube ausgekehrt,
den Stall gemistet. Und so ist es in allen Dingen gewesen.
Dafür wußte aber auch die Wagnerin es drauf
anzulegen, die »Haiden« bei gutem Muthe zu erhalten;
denn alle Abende legte sie ein Brödlein unter die
Thür, und stellte ein Krüglein mit Wasser dazu; und
so oft etwas mehr zu thun war im Hauswesen, gab sie
drei Brödlein und drei Krüglein, und man hat allezeit
reinen Tisch gefunden. So ist es viele Jahre gewesen.
Aber plötzlich sind sie ausgeblieben und nicht wieder
gekommen; wahrscheinlich hat die Wagnerin das
Ding ausgeschwätzt, und so etwas können sie nicht
leiden, die »Haiden«, wie man dieß aus vielen andern
Geschichten weiß.
Fußnoten
1 Wichtelmännchen.
44. Der betrogene Geiger.
Von A. S c h ö p p n e r . – Sage von B l o n n h o f e n ,
unweit K a u f b e u e r n in Schwaben. C . v .
F a l k e n s t e i n das Buch der Kaisersagen, Burg- und
Klostermährchen. S. 123. Volksbüchlein von
A u e r b a c h e r , II., 178.
Es zog einmal des Weges sacht
Vom nahen Kirchweihschmaus
Ein Geigerlein um Mitternacht
Gen Blonnhofen nach Haus.
Urplötzlich wird es lichterhell
Und laut im finstern Wald, –
Das schönste Wirthshaus steht zur Stell',
Daraus der Lärmen schallt.
Ein Wirthshaus, das mein Geigerlein
Sein Lebtag nicht gesehn,
Was tuhn? Ein Musikantenbein
Kann nicht vorübergehn.
»Ei! Ei! du lieber Fiedelmann,
Du kommst uns eben recht,
Nun fiedle wacker drauf und dran,
Wir zahlen dir nicht schlecht.«
Da streicht auf seiner Violin'
Mit Lust der Musikant;
Für jedes Stückchen lohnet ihn
Ein Goldstück auf die Hand.
So lärmte die Gesellschaft lang,
Bis von dem nahen Ort
Der Morgenglocke Ave klang, –
Husch! war das Völkchen fort.
Und husch! mein armes Geigerlein
Dort unter'm Galgen saß,
Und zählte seine Goldstücklein –
Glasscherben waren das.
45. Der Hüllenweber.
A u e r b a c h e r u. F a l k e n s t e i n a.a.A.
Unter dem Galgen von Blonnhofen liegt ein Schatz.
Eines Tages thaten sich vier Männer aus dem Ort zusammen,
die wollten ihn heben; und als sie tief genug
gegraben hatten, kamen sie auf den Schatz. Auf dem
Schatz aber saß ein feuriger Hund, der sagte: »Eins,
zwei, drei, vier; und einer gehört mir; und einer muß
des Teufels sein, und soll's der Hüllenweber sein!«
Der Hüllenweber erschrak, und sagte: »Gott will nit!«
Und in dem Augenblick ist der Schatz verschwunden.
46. Die Schlacht auf dem Lechfeld.
Von G e o r g R a p p . – Um das geschichtliche
Ereigniß hat sich die Sage eingefunden.
Es wimmelt schwarz vom Hügel,
Durch Rauch und Brand einher,
Die Flamme weht als Flügel
Falb um das Ungarheer.
Der Lech, er kommt gezogen
Voll Leichen, grimm und bleich,
Die soll er niederwogen
Dem Ungar in sein Reich.
O Augsburg, Augsburg, mitten
In ihrem Schlachtenruf!
Sie kommen angeritten,
Sie traben Huf an Huf;
Sie jagen Mähn' an Mähne,
Nach deiner Pracht gewandt,
Die Pfeile an der Sehne,
Die Pfeile in der Hand.
Der Kaiser Otto kümmert
Sich heut' zum erstenmal,
Daß er im Stahle flimmert
Hinaus zur Todeswahl.
Verlierer und Bezwinger
Hat er ein Leid zum Lohn:
Der Räuberhorden Bringer
Ist sein empörter Sohn.
Drum klagest du so bange,
O alte Stadt, empor,
Im tiefen Orgelklange
Aus deinem Münsterchor.
Nur Einer unverzaget
Stellt sich noch ein für dich:
Als Licht im Dunkel taget
Dein Bischof Udalrich.
Er betet am Altare,
Er ringt, der Gottesmann,
Bis er von Gott erfahre,
Was dich erretten kann.
Dann hat er sich bewehret,
Das Kruzifix gefaßt:
»Jetzt hat er uns erhöret,
Der einst am Kreuz erblaßt!«
Auf seinem weißen Zelter,
In seiner Priestertracht,
So trägt er den Vergelter
Im Fluge nach der Schlacht.
Und seine Diakone,
Sie fliegen durch die Luft,
Mit dem Posaunentone,
Mit Fahn' und Weihrauchduft.
Da kommt der Herr geflossen
In jede Brust mit Macht,
Da hat er sich ergossen
Als Richter in der Schlacht;
Die Arme seiner Streiter
Mit seinem Arm berührt,
Und weiter, immer weiter
Sie in den Feind geführt.
Den haben sie gelichtet
Und abgehauen gar,
Er liegt umher geschichtet,
Zum Fraß der Rabenschaar.
Vor seines Sohnes Leiche
Der Kaiser Otto steht,
Da hoch aus seinem Reiche
Der Siegesjubel weht.
47. Der Schuster zu Lauingen.
Nach C r u s i u s , Z e i l e r , M . A .
P a p p e n h e i m : G r i m m d.S. II., 162.
Auf dem Hofthurm der Stadt Lauingen findet sich folgende
Sage abgemalt. Zur Zeit, als die Heiden oder
Hunnen bis nach Schwaben vorgedrungen waren,
rückte ihnen der Kaiser mit seinem Heere entgegen
und lagerte sich unweit der Donau zwischen Lauingen
und dem Schloß Faimingen. Nach mehreren vergeblichen
Anfällen von beiden Seiten kamen endlich Christen
und Heiden überein, den Streit durch einen Zweikampf
entscheiden zu lassen. Der Kaiser wählte den
Marschall von Calatin (Pappenheim) zu seinem
Kämpfer, der den Auftrag freudig übernahm und
nachsann, wie er den Sieg gewiß erringen möchte.
Indem trat ein unbekannter Mann zu ihm und sprach:
»Was sinnst du? ich sage dir, daß du nicht für den
Kaiser fechten sollst, sondern ein Schuster aus Henfwil
(später Lauingen) ist dazu ausersehen.« Der Calatin
versetzte: »Wer bist du? Wie dürfte ich die Ehre
dieses Kampfes von mir ablehnen?« »Ich bin Georg,
Christi Held,« sprach der Unbekannte, »und zum
Wahrzeichen nimm meinen Däumling.« Mit diesen
Worten zog er den Däumling von der Hand und gab
ihn dem Marschall, welcher ungesäumt damit zum
Kaiser ging und den ganzen Vorfall erzählte. Hierauf
wurde beschlossen, daß der Schuster gegen den Heiden
streiten sollte. Der Schuster übernahm es, und besiegte
glücklich den Feind. Da gab ihm der Kaiser die
Wahl von drei Gnaden sich eine auszubitten. Der
Schuster bat erstens um eine Wiese in der Nähe von
Lauingen, daß diese der Stadt als Gemeingut gegeben
würde. Zweitens, daß die Stadt mit rothem Wachs siegeln
dürfte, welches sonst keinem mittelbaren Ort verstattet
war. Drittens, daß die Herren von Calatin eine
Möhrin als Helmkleinod führen dürften. Alles wurde
ihm bewilligt, und der Daumen St. Georgs sorgfältig
von den Pappenheimern aufbewahrt, die eine Hälfte in
Gold gefaßt zu Kaisheim, die andere zu Pappenheim.
48. Der Mohrenkopf im Lauinger Wappen.
Von S c h ö p p n e r . – Variante der vor. Sage. S. das
Sagenbuch der Städte Gundelfingen, Lauingen etc.
Augsburg 1849.
Ein Schuster war zu Lauingen, im Frieden flickt' er
Schuh,
Im Kriege schlug er ritterlich mit seiner Klinge zu.
Da kamen die Hungaren von Osten in das Land
Auf ihren schnellen Rossen mit Morden und mit
Brand.
Bei Augsburg auf dem Lechfeld geschah die große
Schlacht,
Da hat der Kaiser Otto den Hunnen warm gemacht.
Da war auch unser Schuster von Lauingen dabei,
Der schlug gar manchen Schädel auf einen Hieb
entzwei.
Ein Goliath der Andre im Hunnenheer sich fand,
Wohl mancher deutsche Degen erlag von seiner Hand.
Da kam der wackre Schuster von Lauingen daher:
»Ei! lasset mich zusammen mit diesem alten Bär'.«
Nun ging ein scharfes Klingen der blanken Schwerter
los,
Es dröhnten Schild und Panzer von manchem harten
Stoß.
Ein Hieb durchbrach den Schädel, er stürzt: Victoria!
Da lag der große Esel in seinem Blute da.
Und lauter Jubel schallte durch's ganze deutsche Heer,
Der Kaiser selber eilet auf seinem Roß daher.
Und eine goldne Kette, ein Mohrenkopf daran,
Die hängt der deutsche Kaiser dem braven Schuster
an.
Darnach beschloß zu Lauingen ein hochwolweiser
Rath,
Zu ehren eines Lauinger Schuhmachers Heldenthat:
»Es soll derselbe Mohrenkopf hinfort im Wappen
stehn.«
Und also ist zu selber Stund' in Lauingen gescheh'n.
49. Ursprung des Pferdemarktes zu München
und Keferlohe.
Historisches Schatzkästlein f. Bayern. I., 18.
Als Kaiser Otto der Große mit den Hunnen auf dem
Lechfelde stritt, neigte sich anfangs der Sieg auf die
Seite der auf kleinen, windschnellen Rossen sich gar
leicht bewegenden Feinde. Den Deutschen gebrach es
an leichter Reiterei, daher sie plötzlich in große Fährlichkeit
kamen, so daß der Kaiser selbst einen Augenblick
den Tag verloren gab und ausrief: »Dawider
vermögen Menschen nichts, da muß Gott helfen!« Um
so größer war seine Freude, als er die Bayern mit
ihren vielen und zahlreichen Pferden herankommen
sah. Mehrere Anführer schlug er zu Rittern, ob sie
gleich nur Bauernkittel trugen, auch soll er das Volksfest
der Wettrennen, sowie den Münchner und Keferloher
Pferdemarkt gestiftet haben. Zwei Hauptleute
jenes Tages sollen eifersüchtige Nebenbuhler gewesen
seyn. Niklas und Balthauser waren ihre Namen. Einer
wollte es dem Andern bevorthun an Pracht der Waffen
und der Rosse, des Hauses und des Kirchganges,
der Knechte und Marställe. Der Wetteifer entartete in
Neid und Haß. Zuletzt wollten sie einander nicht einmal
mehr in der Kirche erblicken. Jeder baute sein ei-
genes, jener das Jakobs-, dieser das Niklaskirchlein.
Ein dritter Nachbar auf der Georgenschwaige zu Milbertshofen,
der Keferloher, ließ sich beiden zum Trotz
einen Pflug von purem Silber machen aus der unermeßlichen
ungarischen Beute. Er spannte die schönsten
vier Pferde dran, und setzte den Silberpflug mit
dem Viergespann in sein Wappenschild.
50. Vom heiligen Ulrich, dem Lechfeldhelden.
Sagen- und Geschichtsbuch von Burgau, Günzburg etc.
(Von M i t t e r m a i e r . ) 1851. S. 129.
Die Geschichte erzählt, welchen Antheil der heilige
Ulrich an dem Siege über die Hunnen auf dem Lechfelde
nahm. Die Sage meldet Denkwürdiges aus seinem
übrigen Leben. Dieser fromme Held, von edlem
Stamm entsprossen, wohnte als Knabe auf dem
Schlosse seines Vaters zu Wittislingen. Von hier aus
besuchte er täglich das nahegelegene Dillingen.
Manchmal verirrte er sich in dem Ried, Söfe genannt,
und darum ließ seine Mutter Thietberga um neun Uhr
ihm zum Zeichen regelmäßig ein Glöcklein läuten. An
einem Herbstabende hatte er sich verspätet, und um
auf dem von Regen erweichten Boden leichter fortzukommen,
zog er einen Grenzpfahl aus und bediente
sich dessen als Stütze, um über die Gräben zu kommen.
Er wunderte sich, daß er heute die Glocke nicht
höre, und zu gleicher Zeit fiel ihm ein, daß er sehr unrecht
gethan, den Pfahl herauszuziehen, weßhalb er
mühsam die Stelle, wo er selben genommen, suchte,
und wieder befestigte. Und jetzt hörte er auch das
Glöcklein, und kam in Kurzem im Schlosse an, wo
Niemand geläutet haben wollte, denn es war schon
Nachts zwei Uhr. Zur Erinnerung an die Begebenheit
wurde fortan um zwei Uhr in der Nacht ein Zeichen
mit der Glocke gegeben.
51. Der heilige Ulrich mit dem Fisch.
B e r n o vita S. Udalr. in M. V e l s e r opp. p. 617.
K h a m m Hierarch. Aug. I., 130.
Einmal saß der heilige Ulrich in stiller Zelle des St.
Afrastiftes zu Augsburg, vertieft in dem Lesen der
heiligen Schriften. Da läutete es an der Pforte des
Hauses, und Konrad, des Bischofs lieber Bruder von
Konstanz, ward angemeldet. Freudigen Herzens umarmte
ihn der Bischof, weil er ihn lange nicht gesehen,
und unterhielt sich mit ihm in vertraulichen Gesprächen.
Auch wurde ein mäßiges Mahl bereitet, den
willkommenen Gast zu erfrischen. Während sie noch
bei Tische saßen, kam ein Bote des Herzogs von Bayern,
welcher ein Schreiben seines Herrn überbrachte.
Der Bischof befahl, den Boten auf's beste zu bewirthen
und ließ ihm, im Augenblicke nicht bedenkend,
daß Fasttag war, gebratenes Fleisch vorsetzen. Der
Bote ließ sich das schmecken, und nahm auch soviel
davon mit auf die Reise, als er konnte. Unterwegs
aber bedachte er, wie er den frommen Bischof von
Augsburg in der guten Meinung und Achtung seines
Herzogs herabsetzen sollte. Also begab er sich mit
dem noch übrigen Stück von Braten an den Hof und
zeigte es seinem gnädigen Herrn mit den Worten:
»Sehet doch her, das sind die Fastenspeisen des from-
men Ulrich zu Augsburg!« In dem Augenblick aber,
da ihm das Wort entfahren hielt er keinen Braten,
sondern einen gebratenen Fisch in Händen, also daß
er selbst vor Bestürzung kaum seinen Augen traute.
Der Herzog aber erkannte wohl das Gottesgericht,
wodurch die Ehre des frommen Bischofs gerettet, die
Schande des Verläumders aber aufgedeckt worden.
Der Diener bereute es jedoch von Herzen, einen Heiligen
Gottes gelästert zu haben, und bat den Herzog
kniefällig um Verzeihung.
Zum Angedenken an diese Begebenheit wurde der
heilige Ulrich allezeit auf Bildwerken mit einem
Fischlein in der Hand vorgestellt.
52. Was ein Vaterunser werth ist.
Von T h e o d o r H o l s c h e r . – Mündlich, u. B.
M e r t e l u. G. W i n t e r Gesch., Sagen u. Leg. d.
Bayerlandes I., 64.
Zu Augsburg an dem Palast des Bischofs steht ein
Mann,
Dem wird jedweden Mittag die Pforte aufgethan.
Dann reicht der Küchenmeister auf seines Herrn
Gebot
Dem greisen Bettelmann ein reichlich Mittagbrod.
Und dieser nassen Auges verzehret das Geschenk,
Und betet drei Vaterunser des Gebers eingedenk.
Einst drang manch trübe Mähre bis zu des Bischofs
Ohr,
Daß er darob den Frohsinn und alle Ruh verlor.
Er wandelte, um sich zu erheitern, hinaus in den
duftigen Mai,
Da führt ihn seine Straße an dem greisen Bettler
vorbei.
»Sieh da,« so sprach Sankt Ulrich, »wie geht es dir
mein Gast?«
»Wie immer, Euer Hochwürden,« sprach der Alte
ernst und gefaßt.
»Mir geht es nicht wie immer,« entgegnet Jener, »mir
kam
So manche Kunde gestern, die alle Ruh mir nahm.
Vergessen hast du sicher zu beten gestern für mich
Die heiligen Vater unser, doch speis ich täglich dich.«
Der Bettler sprach: »o Vater, ich betete gestern nicht,
Denn euer Küchenmeister der machte ein finster
Gesicht,
Als ich erschien, und murrte und wies mich von der
Thür:
Such' heut' dein Brod wo anders, heut' findest du
nichts hier.«
Und zornig kehrt der Bischof zurück in den Palast,
Beschied vor sich zur Strafe den Küchenmeister in
Hast,
Und sprach: »Sieh' an, welch Elend und welches
schwere Kreuz
Du über mich gehäufet durch deinen bösen Geiz!«
Der Küchenmeister trotzig und allzudreist fragt frei,
Ob an einem Vaterunser so viel gelegen sei.
»Was?« ruft entrüstet der Bischof, »du fragst noch
also kühn?
Wohlan, du sollst mir nach Roma zum heiligen Vater
ziehn,
Den sollst du fragen, wie viel wohl ein Vaterunser sei
werth.
Und seine Antwort bringst du, dann sei dir
Verzeihung gewährt.« –
Und als er kommt nach Roma in vieler Pilger Chor,
Geht er zum heiligen Vater und legt die Frag ihm vor:
Wie viel ein Vaterunser an Gelde wohl sei werth?
Der spricht: »ein Vaterunser eines güldnen Pfennigs
ist werth.«
Der Küchenmeister brachte Sankt Ulrich den
Bescheid,
Der fragt: »Der gülden Pfennig, wie breit ist er, wie
breit?«
So muß nach Roma wieder der Küchenmeister zurück
Und geht zum heil'gen Vater und fragt mit trübem
Blick:
»Wie breit ist der güldne Pfennig, der ein Vaterunser
werth?«
Der Papst versetzt: »er ist wohl so breit wie die ganze
Erd.«
Als das Sankt Ulrich hörte, sprach er mit ernstem
Blick:
»Doch kannst du mir auch sagen, der güldne Pfennig
wie dick?«
Da murrte der Küchenmeister, doch weil er es nicht
wußt,
Hat er zum dritten Male gen Roma wandern gemußt.
Und als den Papst er fraget: der Pfennig von Golde
rein
An Werth ein Vaterunser, wie dick der müsse sein?
Da tönt's: »So weit der Himmel entfernt ist von der
Erd,
So dick sei der goldne Pfennig, der ein Vaterunser
werth.
Denn was der Mensch gewinnt, woran er labet den
Muth,
Ein andächtig Vaterunser ist besser als alles Gut.«
Beschämet kehrt zum Bischof der Küchenmeister
zurück
Und bringt ihm diese Antwort mit
niedergeschlagenem Blick.
Da sprach der heilige Ulrich und hub zu reden an:
Nun siehe, solchen Schaden hast du mir angethan;
Drum geh' und schätze künftig ein Vaterunser mehr
Und gieb dem Bettler wieder die Gabe zu Gottes Ehr,
Daß er andächtig bete, so oft er das Geschenk
Genießt, drei Vaterunser, des Gebers eingedenk.
53. Radiana zu Wellenburg.
Die Augsb. Geschichtschreiber S t e n g e l , K h a m ,
G u l l m a n n u.A. – P. B r a u n Lebensgeschichten, S.
183. F r . L o e maler. Skizze, S 20 v. R a i s e r
Antiquar. Reise von Augusta nach Viaca, S. 34.
Ein Stündlein von Augsburg entfernt, liegt auf einer
Anhöhe das alte Schloß Wellenburg1, vormals dem
edlen Geschlechte der Portner gehörig. Dort lebte um
das Jahr 1290 eine fromme Magd, Radiana oder Radegundis
mit Namen. Nicht weit vom Schlosse an der
Stelle, wo später die St. Radegundis-Kapelle stand,
war ein Siechenkobel (Spital). Dahin richtete die
fromme Jungfrau alltäglich ihre Schritte, sobald sie
die Geschäfte ihres Dienstes abgethan hatte. Alles,
was sie selbst am Munde ersparen konnte, Milch und
Butter, Brod und Fleisch, trug sie den armen Kranken
unbemerkt in ihrem Körblein zu. Dennoch wurde sie
von arglistigen Augen beobachtet und bei ihrem
Herrn des Diebstahls bezüchtiget. Also stellte sich
dieser eines Tages auf die Lauer, die untreue Dienerin
auf der That zu betreten. Nichts Böses ahnend, kam
sie daher, ein Körblein am Arm, in welchem sie abermals
das von ihrem Munde Ersparte den Kranken zutrug.
»Wohin mit Deinem Korbe? wohin Du Treulose
mit gestohlenem Gut?« so donnerte ihr das Wort des
Gebieters entgegen. Betroffen erwiederte Radiana, sie
trage nur Kamm und Bürste zur Reinigung der Kranken
in ihrem Korbe. Zornerfüllt befiehlt ihr jener den
Korb zu öffnen, mit Widerstreben und Zittern gehorcht
Radiana. Doch siehe, was Lüge ersonnen, hat
sich im Korbe wunderbar zugetragen. Anstatt des
Brodes und der Butter sind nur Kamm und Bürste zu
sehen. Zufrieden läßt der Herr die Geprüfte des
Weges ziehen, allein diese sollte die Strafe der Lüge
hart erstehen. Denn, als sie des Abends wieder nach
Hause wandelte, ward sie plötzlich von gierigen Wölfen
angefallen und so jämmerlich zugerichtet, daß
man sie für todt in die Wellenburg brachte. Dort ist
sie nach drei Tagen eines seligen Todes entschlafen.
Die Portner, damals Besitzer der Wellenburg, wollten
den Leichnam der frommen Magd in ihr Familienbegräbniß
nach Augsburg bringen, allein das vorgespannte
Zugvieh blieb bei dem Siechenkobel stehen
und konnte nicht weiter gebracht werden, worauf Radiana
dahin begraben worden.
Fußnoten
1 Urkundlich stets W e l l e n b u r g ; nicht W ö l -
l e n b u r g .
54. Otto Seemoser, der Thorwart zu Freising.
C . M e i c h e l b e c k hist. Frising. II., 9. J . v .
O b e r n b e r g Reisen II. 448 u.A.
Rechts beim Eingange in den Freisinger Dom, befindet
sich an einer Seitenkapelle aufgestellt der Grabstein
des frommen fürstbischöflichen Thorwarts Otto
Seemoser, auf welchem er lebensgroß mit einem Laib
Brod abgebildet ist. Dieser alte Diener war ein Wohlthäter
der Armen, nur spendete er oft reichlicher, als
seines Herrn Gerold Willen war. Einmal begegnete
ihm Gerold, als er eben drei Brode, welche er unter
dem Kleide barg, den Armen zutragen wollte. Der Bischof
fragte, was er da trüge? »Steine!« entgegnete
der betroffene Thorwart. Und siehe, die Brode waren
Steine, als er sie vorzeigen mußte, darnach aber wieder
Brode, als die Gefahr vorüber war.
55. Das Brod des heil. Kastulus.
Lexikon von Bayern. Ulm 1796., II., 119. G r i m m d.S.
I., 326.
In der dem heiligen Kastulus geweihten Hauptkirche
zu Landshut, hängt mit silberner Einfassung ein runder
Stein in Gestalt eines Brodes, in dessen Oberfläche
sich vier kleine Höhlungen befinden. Davon geht
folgende Sage. Kurz vor seinem Tode kam der heilige
Kastulus als ein armer Mann zu einer Wittwe in der
Stadt, und bat um ein Almosen. Die Frau hieß ihrer
Tochter das einzige Brod, das sie noch übrig hatten,
dem Dürftigen reichen. Die Tochter, die es ungern
weggab, wollte vorher noch eilig einige Stücke abbrechen,
aber in dem Augenblick verwandelte sich das
dem Heiligen schon eigene Brod in Stein, und man erblickt
noch jetzt darin die eingedrückten Finger deutlich.
56. Der versteinerte Ritter.
Sage von C h a m m e r a u unweit C h a m im
B a y e r w a l d e . B . G r u e b e r u. A. M ü l l e r
der bayerische Wald. S. 296.
Der Ritter von Chammerau hatte sein Auge auf die
schöne Tochter eines Müllers im Regenthale geworfen,
fand aber bei der sittsamen Maid kein williges
Gehör. Eines Tages, als er in gewohnter Weise von
seiner Veste auf Raub auszog, überraschte er die
Jungfrau auf der Wiese ihres Vaters, wo sie das Linnen
bleichte. Straks faßte er den Entschluß, mit Gewalt
zu nehmen, was ihm nicht in Gutem gegeben
wurde, und lenkte sein Roß vom Wege ab auf den
Grasplatz hin. Das Mädchen aber merkte noch zeitig
genug des Ritters bösliche Absicht und suchte sich
durch die Flucht zu retten. Wie ein gescheuchtes Reh
lief es über die Fluren hin; nicht lange jedoch, so
stand es an dem Ufer des Regen, über welchen an
jener Stelle weder Brücke noch Steg führt. Vor ihr der
Tod im Flusse, hinter ihr Entehrung und Schande; die
Wahl war kurz, denn schon sprengte der Ritter mit
seinem Trosse näher heran. Mit dem Rufe: »Gott genade
meiner Seele!« stürzte sich die Jungfrau in die
Fluthen. Diese waren barmherziger als die Menschen,
und trugen sie nach einer Untiefe hin, wo sie festen
Fuß fassen konnte. Doch war sie noch nicht nicht gerettet,
denn der Verfolger setzte ihr auch in den Fluß
nach, und bald hörte sie dicht hinter sich das Schnauben
der Rosse und das Hohngelächter der wilden
Schaar. Mit einem Male aber war Alles still, und als
die Jungfrau sich umwendete, sah sie weder Ritter
noch Knappen mehr, wohl aber eine lange Reihe ungestalter
Felsblöcke, die vom Ufer bis über die Mitte
des Flusses sich erstreckte. Die Hand Gottes hatte
strafend den Wüstling und seine Helfershelfer erreicht.
Die Steine liegen noch heute im Regen, und
man sieht sie, wenn man von Chammerau nach Roßbach
hinunter geht.
57. Der Jungfernsprung bei Dahn.
Von F r a n z W e i ß . – D a h n in der P f a l z .
Nach Andern diente die Stelle zu Gottesurtheilen. Eine
angeklagte Jungfrau habe durch einen Sprung vom
Felsen ihre Unschuld bewiesen. Wo sie aufsprang, soll
die noch fließende Quelle hervorgesprudelt sein. J . K .
B r u c k n e r , das Haardtgebirge. S. 164. F. W e i ß ,
die mal. u. rom. Pfalz. S. 36.
»Unheimlich ist's in eurer Nähe,
Und Furcht und Grauen faßt mich an,
Wenn ich euch vor mir stehen sehe,
In euerm wilden Liebeswahn.«
»Nie wird mein Herz euch Liebe spenden:
Es hasset euch, und wird hinfort
Sich stets mit Abscheu von euch wenden,
Dies sei für euch mein letztes Wort!«
Die Jungfrau spricht's, und Rache tobet
Wild in des Jägers schnöder Brust;
Mit fürchterlichem Eid gelobet
Er sich zu stillen seine Lust.
In weichem Purpurscheine blühen
Die Berge von des Morgens Hauch,
Und tausend Demanttropfen glühen
Hellfunkelnd rings an Busch und Strauch.
Da wandelt in der duft'gen Frühe
Die Jungfrau zur Kapelle hin,
Sie scheuet nicht des Weges Mühe,
Zum fernen Gnadenschrein zu zieh'n.
Schon hält die Waldnacht sie umfangen,
Da hemmt sie angstvoll ihren Schritt,
Als plötzlich, lüsternes Verlangen
Im Blick, der Jäger vor sie tritt.
»Willkommen hier in meinem Reiche!«
Spricht er mit arger Freundlichkeit;
»Hier darf ich schlürfen bis zur Neige
Den Becher eurer Lieblichkeit.
Hier endlich wird sich mir erschließen
Der Liebe Quell an eurer Brust!
Wohlauf, mein Lieb', laß uns genießen
Der flücht'gen Stunde süße Lust!«
Und schon mit schreckenden Gebärden
Streckt er nach ihr die rohe Hand.
Wer soll ihr nur ein Retter werden,
Vom Himmel gnädig ihr gesandt?
Rasch hat sie sich zur Flucht gewendet;
Doch wie ein wutherfülltes Thier
Ihr nach der Jäger, bald geendet
Wird sein der Wettlauf, wehe ihr.
Schon fühlt sie ihre Kraft ermatten,
Und jeder Hoffnungsstrahl entschwand
Als sie, entflohn des Waldes Schatten,
Sich sieht an eines Abgrunds Rand.
Sie starrt, als ob der Tod ihr riefe,
Und schaudernd blicket sie hinab,
Wo in der schreckenvollen Tiefe
Sich öffnet ein gewisses Grab.
Und niederstürzt sie auf die Knie,
Und hebt die Hände himmelan;
»Der Unschuld Schützerin, Marie,
Nimm gnädig deiner Magd dich an.«
Sie ruft's, und zwischen Tod und Schande
Hat sie getroffen schnell die Wahl,
Und muthig springt sie von dem Rande
Der Felsenwand hinab zu Thal.
Doch sieh, vom sanften Rosenlichte
Erglänzt die Tiefe hell und hehr,
Und von des Himmels Angesichte
Ergießet sich ein Düftemeer.
Die Himmelsmutter hat vernommen
Das Flehen ihrer treuen Magd,
Und ihre Engel sind gekommen,
Ob ihr zu halten sich're Wacht.
Und leichten Fluges schwebt sie nieder,
Zur Seiten ihr der Engel Schaar,
Die als der Unschuld treue Hüter
Vor Tod sie schützen und Gefahr.
Noch steht das Kreuz, des Wunders Zeichen,
Auf steiler Felsenstirn erhöht,
Oft in der Nächte stillem Schweigen
Von lichtem Heil'genschein umweht.
58. Die stoaner' Agnes bei Reichenhall.
Erzählt von F . v . K o b e l l .
Wann d' vo' Reichehall auf Hallthurn hi' gehst, da
sichst 'es Lattngebirg mit 'n Dreisesselberg. Da drobn
ist vor alti Zeitn a' wunderbari G'schicht' gschegn und
die will 'Enk verzähln, wier i' s' g'hört ho'.
Es is selm a jungi Sennderinn auf der Alm gwest, a'
gar a' sauberni und frumm und brav aa' dabei, wie's es
nit allewei' geit. In aller Frua wann d' Sunn aufganga
is und hat der Luft frisch abagwaht vo' die Boifn, na'
hat ma s' wandln segn durch dees thauigi Gras und hi'
auf an' Eck, wo ma' weit hat 'rumschaugn kinnt, und
selm is a' Kreuzl gstandn und da hat s' na' 'bet't. Und
wie dees gschegn gwest is, hat s' a'fanga singa und
juchezn und is fröhli' der Arbeit nachganga, bis 's
Nacht worn is, da hat s' wieder bei'n Kreuz betn
mögn. Es is halt scho' a' recht a' guats Diendl g'wen,
dees d' Leut all' gern ghabt hamm. Schau, just auf selleni
macht der Teufi am liebstn sei' Jagd und grad bei
die probirt er zum erschtn seini Künstn, denn die andern,
die koan' frumma Wandl führn, die arbetn ihm
scho' selm in d' Händ', da braucht er ihm nit viel
plagn. Und drum is er auf die Sennderinn scho' b'sunders
verpicht' gwest und hat g'moant, wann er d i e
fanget, so hätt' er aar amal ebbas Fei's dawischt für
sei' Hofhaltung, wo ihm die grausinga Schlangen und
Gaankerln und sei' andri loadigi Gsellschaft leicht an
diem zwider worn is. Na hat er allerhand probirt und
is bald als a' junga Hüatabua in ihra Hüttn kemma
und hat gsagt, er hätt' ihm bei'n Schafsuacha verirrt,
oder als a' Wurzngraber, der geign kinnt hat und Winterszeit
bei die Hochzetn aufgspielt und hat d' Fidl aa'
bein ihm ghabt, daß er sei' Kunst nit vergißt und hat
ihr halt a so fürgschwatzt, und geigt und Gschpaßln
gmacht und recht o'draaht tho', daß se si' verliebn
sollt in ihm und a so furt. Aber 's Diendl hat aus sein'
Redn bald g'mirkt, daß er nix Guats nit in Sinn hat,
und hat ihm nit viel Aacht gebn und z'letzt hat 's allzeit,
wann a so oana kemma is, vo' die andern Sennderinna
oani herg'ruafa und is nit alloa dabei 'bliebn.
Jetz is der Teufi no' fuchtiger wor'n und hat ihm a'
Stückl ausdenkt, daß er s' weglocket auf an' oa'sama
Platz. Na hat er ihr a' weißi Kua wegtriebn und allewei
furt bis auf an Alm, die mar Almgartn hoaßt, sie
g'hört auf St. Zeno. Jetz' hat halt 's Diendl um sei'
Kua g'suacht und sicht s' endli' weit weg auf derselln
Alm, wo niem'd drobn gwest is. Ganz verwundert,
wie die Kua dort hi' kemma ko', schleunt se si' auf den
Platz und wie s' na' dazua kimmt, steht der Teufi in an
grean' Jaagagwand vor ihra und hat feurigi Augn
g'macht und g'sagt, wann s' nit mit ihm geht, so
z'reißt er s' auf'n Fleck. Da hat 's Diendl an' Schroa
tho' und is in größtn Schricka davo g'loffa und aber
der Teufi nach und hat s' auf a' Gwänd von' Rothofa
hi'triebn, wo s' g'segn hat, daß s' ninderscht mehr aus
ko. Da hat s' laut aufg'schrien. »O heiligi Muatta Gottes
hilf! hilf!« und da hat si' die ganz' Wand ausenanda
tho' und sie is durchg'rennt in die oa' Seit'. Aber
der Teufi hat oanaweg nit auslassn und sie hat 'n
nachkeucha hörn durch die Schlucht. Da hat s' no' zu
unsern Herrgott bitt' und is auf d' Knie hi'g'falln und
da san zwoa weißi Engl daherg'flogn und hamm s' in
'Himmi aufitragn. Und wie der Teufi auf den Platz
hi'kemma is, hat er statt ihra a' s t o a n e r n i Sennderinn
g'fundn und die is heunt no' da und hoaßt die stoanern
A g n e s , weil sie aar a so ghoaßn hat.
Dees is g'schegn um Johanni am Sunnwend und
daß 's dem Diendl dabei guat ganga is und no' guat
geht, da hat mar a' bsunderin Zoagschaft dafür wann
mar oani bräucht', denn alli Jahr' hört ma' s' juchezn,
wann's gschicht, daß d' Sunna grad durch denselln
Felsnspalt, der 's Teufisloch hoaßt, durchscheint und
dees is am Sunnwend um die Zeit, wo s' der Teufi verfolgt
hat und wo ihr unser Herrgott und unser liebi
Frau g'holfa hamm.
59. Die drei Jungfrauen auf dem Kirnberg bei
Berchtesgaden.
F r . P a n z e r , Beitrag zur deutschen Myth. S. 10.
Auf dem Kirnberg bei Berchtesgaden sind drei Felsenspitzen,
welche man die drei Jungfrauen heißt.
Diese flochten einander die Haare, als zur Wandlung
geläutet wurde; sie bekreuzten sich nicht und eine
sagte: »Wandlung hin, Wandlung her!« drauf sind
alle drei zu Stein geworden.
60. Die stoanern Jager.
Von F . v . K o b e l l . – Sage vom S t a u f e n bei
R e i c h e n h a l l .
Zwoa Jager steig'n in an Gwänd',
'S red't koana nit a Wort,
Sie steig'n langsam nach der Höh',
Es is a schiecher Ort.
Und wie s' jetz kemma gegen d' Schneid,
Da rastn s' auf an Eck,
Sie segn schier zum Ferchtn aus,
So barti, wild und keck.
Just graut der Tag, der Nebi liegt
No' tief herunt' in Thal,
Von selln Platz, da sicht ma schö'
Viel' Dörfer aufamal.
Und wie s' a weil so rast'n thien,
So hörn s' Kirche'gläut,
In d' Fruhmeß ruft a Glöckl' zamm,
Dees Läute hört man weit.
Da stopft der oa a Pfeif' Tabak,
Der ander putzt sei' Bix
Und Branntwein trinkn s' aar an Schluck,
Aber betn thien s' nix.
Und wieder üb'r a kloani Weil,
Da läut't dees Glöckl drunt,
»Jetz wandeln s' erscht, lacht da der oa,
Wir wandeln scho' zwoa Stund'.«
»Ja Wandeln hin und Wandeln her,
Hat wild der ander gsagt,
A Gamsbock ischt mer allweil mehr,«
Und hat sein Stutzn 'packt.
Und weiter steign s' über 's Eck
Und schaug'n in Graben 'nei.
Da steht a starker Gamsbock drinn,
Der werd bald ihna sey'.
Da schießt der oa', er fallt no' nit,
Der ander aa zünd't o',
Und auf die Schuß, da hat's an Hall,
Als wie a Dunner tho'.
Als schlüg a Weterstroach grad ei',
Was dees bedeut'n soll?
Die Schützn rumpin in anand,
'S is ihna nimmer wohl.
Denn schau der Bock in Grabn drunt'
Werd zozet wie a Bär,
Die Krikln werrn großi Horn
Und feuri' schaugt er her.
Dees is koa Gamsbock gnad' da Gott,
Dees muaß der Teufi sey', –
Da packn gschwind die Jaga 'zamm
Und laafa woltern fei.
Auf oamal aber laßn s' aus,
Es werrn d' Füß so schwaar,
Und grad als wann der jüngsti Tag
Auf Erdn komma war,
So ziegt a Nacht im Weter 'rei.
Koa Schrittl kinnes geh',
Und' Blut is worn so kalt und starr,
Als sollt's auf ewi' steh'.
Und horch in Weterstum da hallt
A Schroa weit über's Land, –
Da war a grausi Wandlung gschegn,
Verhängt von Gottes Hand. –
Wohl wieder drunt zum Betn läut't
Dees Glöckl aus der Fern',
Die drobn aber warn Stoa',
Sie kinne's nimmer hör'n.
Bei Salzburg steht a hocher Berg,
Der Staufn, wer'n kennt,
Da san zwoa langi Fels'n obn,
Die stoanern Jager gnennt.
Die Fels'n stenga heut no' da,
Als Zoacha von den G'richt, –
Der Kruag, schau, geht so lang zum Brunn',
Bis er amal dabricht.