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Kapitel 6
Оглавление101. Peter Ecker von Eck.
Von A. S c h ö p p n e r . – Schloß Eck unweit
M e t t e n in Niederb. Die Begebenheit eine der
hochtragischen bayrischer Geschichte, sichtlich von der
Sage gestaltet. P e t e r v. E c k , Feldhauptmann Kaiser
Ludwigs, später Vizedom zu Straubing. Um 1347 fielen
die Böhmen von K a r l gesandt, verheerend in Bayern
ein. B r u s c h u. E r t l bei H o r m a y r , Taschenb.
1831. S. 246. Ein Gedicht von T h . M ö r t l . A.
M ü l l e r u. B. G r u e b e r , der bayer. Wald S. 230.
Aus Böhmen zog ein wütendes Heer,
Die bayrischen Lande zu drängen, –
Dem Strome gleich, der entfesselt braust,
So ward im Bayerwalde gehaust
Mit Rauben und Morden und Sengen.
»Frisch auf! mein Sohn, was säumest du lang,
Zu eilen mit Rossen und Mannen?
Schon zogen die tapfersten Ritter, bereit
Dem König zu helfen im blutigen Streit,
Mit reisigen Schaaren von dannen!«
Wie flammte dem alten Ecker von Eck
Das Wort vom zürnenden Munde;
Er selber an Jahren und Thaten reich
Vermochte nimmer mit kräftigem Streich
Zu versetzen die tödtliche Wunde.
Wie Blitz durchzuckte des Sohnes Sinn
Die schneidende Rede des Alten;
Den Panzer umgürtet er sich zur Stell',
Der Damascener er blitzt so hell,
Die böhmischen Schädel zu spalten.
So tritt er gerüstet zur Gattin ein,
Von der lieben und treuen zu scheiden;
»Wohin?« so fleht sie, »o Trauter, wohin?« –
»Mich ruft die Pflicht, gen Böhmen zu ziehn,
Für Herd und König zu streiten.«
»O Gott, was hör ich? Gen Böhmenland
Und gegen Vater und Brüder?
So kühle zuerst blutdürstenden Mut
In meinem eigenen Böhmenblut,
Dann stoße den Bruder darnieder!«
Sie sprach's und sank in der Zofe Arm
Besiegt von Jammer und Schmerzen;
Im Herzen des Ritters da kocht es und wallt,
Die Liebe so heiß, die Pflicht so kalt
Sie kämpfen im blutenden Herzen.
Schon tönt Trommetengeschmetter im Hof,
Schon klirren die Waffen im Schlosse, –
Nicht länger schwanket der Ritter mehr,
Er eilet hinaus zum harrenden Heer
Und hebt sich gewappnet zu Rosse.
Bei Furth im Walde stunden zum Kampf
Bereit die böhmischen Horden,
Da brauset wie Wetter der Ecker daher,
Es rasseln die Schwerter, es klirret der Speer
Zu blutigem Schlachten und Morden.
Und mitten im heißesten Waffengedräng
Wen schaut der Ritter mit Zagen?
Der Gattin Bruder, ein junger Gesell
Er naht sich dem Ecker verwegen zur Stell',
Den Kampf mit dem Helden zu wagen.
Der Ecker gewahrt es und bebet zurück
Und ruft mit warnenden Worten:
»Hinweg von mir, Bethörter, hinweg!
Nicht zog zum Kampfe der Ecker von Eck,
Den eigenen Schwäher zu morden.«
Und heftig drückt er dem bäumenden Roß
Den zürnenden Sporn in die Weichen,
Und flüchtet von dannen und flüchtet in Hast,
Wie wenn ihn Wahn der Verzweiflung erfaßt,
Die heimische Burg zu erreichen.
Zu Straubing saß der Alte von Eck
Als Vizedom zu Gerichte,
Da nahet ein Schreckensbote zur Stund',
Und kündet dem Ecker mit bebendem Mund
Des flüchtigen Sohnes Geschichte.
Es wanket der Alte, es starret der Blick,
Das Blut gerinnt in der Ader:
»Zum Amt, ihr Richter, mahnet die Pflicht,
Ich fordre von euch des Verräthers Gericht –
Der unglückseligste Vater!«
Und rings im Kreise da wird es still,
Es fühlen die Richter Erbarmen,
Da hebt sich der E c k e r so bleich und kalt
Und von dem donnernden Munde hallt
Das Todesurteil dem Armen.
Nach dreien Tagen blitzte das Beil
Des Henkers zum tödtlichen Streiche;
Es schaute der Ecker mit kaltem Mut
Des pflichtvergessenen Sohnes Blut
Entstrahlen dem Rumpfe der Leiche.
102. Aelteste Sage von Regensburg.
Aus des H a n s S a c h s »Lobgedicht auf Regensburg«
in Verh. des hist. Ver. v.Q.u.R. Bd. IX., 1845, S. 5. Vgl.
A n d r . P r e s b . Chronik von Bayern in v.
F r e y b e r g s Sammlg. hist. Schriften II., 374.
Regensspurg die alte berühmte Reichsstat
Tyberius Nero erbauet hat,
Ein Stiffsohn Kaysers Augusto,
Nachdem er ihn ausgesendet do
Mit einem großen gerüsten Heer
Dem Feind zu thun stark Gegenwehr,
In der Norckhauer und Beyern Krieg.
Als nun man gewahn glücklichen Sieg,
Fing er an zu bauen die Stat,
Die erstlich nach ihm den Namen hat:
Tyberiana genennet wurd
Um die Zeit des Herrn Geburt
Jesu Christi unsers Heiland,
In der Gräntze, das Norca genannt,
Die lang hernach den Namen hat:
Quadrata die viereckigte Stat.
103. Sankt Emmeram.
Von A. S c h ö p p n e r . – O e f e l e II., 752.
H o c h w a r t I., c. 6. u.A.
Sankt Emmeram der Gottesmann ergriff den
Pilgerstab,
Zu wandeln nach Italia zu der Apostel Grab.
O Heiliger! du wandelst fürbaß in deinen Tod:
Die bösen Geister wüten, die That der Hölle droht.
Des Bayernfürsten Tochter, die schöne U t a war
Der jungfräulichen Würde durch einen Ritter baar.
Was sollte sie beginnen? Schon reift der Sünde
Frucht,
Bald wird von ihrem Vater der Sünderin geflucht.
Da keimt ein Rath der Hölle in ihrem Sinn empor,
O Gott die wahnbethörte, sie leiht ihm willig Ohr.
»Du trittst vor deinen Vater und klagst den frommen
Mann,
Der jetzt gen Rom gepilgert, des Ehrenraubes an.
Wie kann's dem Pilger schaden, der fern von hinnen
weilt,
Den nicht so leicht die Rache im fremden Land
ereilt?«
Dem bösen Rathe folget die unglücksel'ge Maid,
So wird der fromme Bischof der Lasterthat gezeiht.
Wie das der Herzog höret, er traut den Ohren kaum,
Doch rasch gewinnt der Argwohn in seinem Herzen
Raum,
Und wie ein Tiger wütet L a n d p e r t , des Herzogs
Sohn:
»Weh dir, verfluchter Pfaffe! Du sollst empfah'n den
Lohn!«
Es schwingt der Wutentflammte zur Stunde sich auf's
Roß,
Mit Sturmeseile sauset hinaus der wilde Troß.
Und schäumend fliegen Reiter und Roß durch Flur
und Wald,
Bei H e l f e n d o r f erjagen den heil'gen Mann sie
bald.
Da ward nicht lang gerichtet, da zuckten Schwerter
blank,
Von Landperts Stahl getroffen der Heil'ge niedersank.
Er sank, den Blick zum Himmel erhoben mild und
rein,
Um's Haupt der Unschuld Leuchten wie
Abendsonnenschein.
Sein Blut, das reich geflossen, es ward ein
Frühlingssaft,
Dem Baum der Christuslehre zu neuer Triebeskraft.
104. Emmeramskapelle bei Helfendorf.
H e l f e n d o r f unweit M ü n c h e n . – P a n z e r s
Beitrag S. 220.
Der heilige Emmeram wollte nicht an der Stelle seines
erlittenen martervollen Angriffes den Geist aufgeben.
Er wurde bei Helfendorf auf einen Karren gelegt, an
welchem zwei Ochsen gespannt, sich selbst überlassen
waren. Diese kamen mit ihrer heiligen Ladung bis
an den bezeichneten Platz eine Viertelstunde von
Feldkirchen, in der damaligen Gemeinde Aschheim,
wo sie Rast machten. Die Kunde hiervon verbreitete
sich, man erkannte den entstellten Leichnam des heiligen
Emmeram, der bei seinem Hinscheiden das Haltmachen
des Gespannes veranlaßte. Derselbe wurde
nun nach Aschheim gebracht und in der dortigen St.
Peterskirche beigesetzt. Vierzehn Tage ruhte hier die
irdische Hülle des Heiligen, aber eben so lange regnete
es ununterbrochen. Dieses wurde für eine Mißbilligung
der Ruhestätte aufgenommen, und ohne zu wissen,
wie hiergegen Rath zu schaffen wäre, wurde der
Karren mit den beiden Ochsen wieder bespannt, der
heilige Leichnam aufgelegt, und den Ochsen überlassen,
wohin sie denselben führen wollten, oder welche
Leitung ihnen die Vorsicht nach dem Wunsche des
heiligen Bischofes geben werde. Also kam der Zug an
die Isar, an jene Stelle, wo bei Oberföhring bis in die
neueste Zeit ein Kirchlein stand und auch ein die
Schule haltender Eremit lebte, was nun in ein Wirthshaus
verwandelt worden ist. Von da konnte das Fuhrwerk
nicht mehr weiter; aber es war angedeutet, daß
der Entseelte auf dem Wasser an seinen bischöflichen
Sitz nach Regensburg gebracht werden wollte, was
dann auch geschehen ist.
105. Das Evangelienbuch von St. Emmeram.
Codex aureus zu München. A r n o l f de mir. B.
Emmer. I., 6. E r t l rel. II., 125. H u n d metrop. I.,
191. O e f e l e I, 548. P. Colom. S a n f t l ' s Abh.
Regensburg 1786. Vat. Mag. 1841. S. 229 u.A.
Nach alter Sitte zog der König Conrad nach St. Emmeram,
um zu beten an den Gräbern seiner Vorfahren
im Reiche, der beiden letzten Carolinger, Arnulf und
Ludwig. Er legte den zehnten Theil des Regensburger
Zolles als Seelgeräth auf den heiligen Altar. Gleichwohl
führte er, von einem gelehrten Hofkaplan angeregt,
im Schilde, dem Kloster seine schönste Zierde
zu rauben, das kostbare Evangelienbuch, das Karl der
Kahle nach St. Denys geschenkt hatte, und das darauf
nach St. Emmeram gediehen war. Die Mönche, fürchtend
die mächtige Bitte, fragten Tuto, den Bischof.
Der befahl ihnen, das Buch auf den Altar zu legen,
und sprach zum Könige: »Der, so dies Buch dem
Kloster entzieht, den wird der Heilige zu Rede stellen
am großen Tage des jüngsten Gerichtes, wenn ihn
nicht früher noch des Himmels Strafruthe züchtiget.«
Der König, der unsanften Mahnung zürnend, befahl
das Buch gleich vom Altar zu nehmen, verließ das
Gotteshaus und stieg zu Pferde. Die Trabanten reichten
ihm das Kleinod. Aber er fühlte plötzlich einen so
nagenden Schmerz in den Eingeweiden, daß er augenblicklich
vom Pferde mußte, mächtig gerührt in sich
ging und das Buch wieder zurücktragen ließ. Doch
blieb ihm ein beständiges Nachgefühl dieses Wehes
bis an seinen, nur zwei Jahre darauf, zwei Tage vor
der Weihnachtsfeier, erfolgten Tod. – Dem Bischof
Tuto aber ging das Wunder, so er gewirkt, und seines
Fluches rasche Erfüllung nicht minder zu Herzen. Er
ließ St. Emmeram einen Altar von Goldblech machen
und durch einen berühmten Meister aus Griechenland
mit Perlen und Edelsteinen gar herrlich verzieren. Das
Buch aber ziert jetzo König Ludwigs Bücherschatz in
München.
106. Hans Dollinger.
Die Literatur der Sage in: das Königr. Bayern. München
1846, II., 74. Dazu: Kurzgefaßte Nachrichten usw.
Regensburg 1723, S. 172. E r t l r e l a t . S. 72.
M e r i a n top. Bav. S. 52. H o r m a y r Taschenb.
1835, S. 337. S o l t a u hist. Volksl. XXX.
1.
Es rait ein Turk aus Türckhen-Landt,
Er rait gen Regenspurg in die stat
Da Stechen ward von Stechen war im wohlbekhannt.
Da rait er fuer des Kaisers Thuer
Ist niemant hie der kumb herfuer
Der stechen well um Leib und Seel und Gut umb Ehr
Und das dem Teuffl die Seel wer.
Da warn die Stecher all verschwiegen
Kainer wollt dem Türckhen nit obligen
Dem laidigen Mann
Der so freflich Stechen khan.
Da sprach der Kayser zornigklich,
Wie steht mein Hof so lästerlich
Hab ich kain Man
Der Stechen khan
Umb Leib umb Seel umb guet umb Ehr
Und das unsern Herrn die seel wer.
Da sprang der Dollinger herfuer
Wol umb wol umb ich mues
Hinfuer an den laidigen Mann
Der so freflich Stechen khan.
Das erste reuten, das sie da theten.
Sie fuerten gegen einander zway scharffe Speer
Das ein ging hin das ander ging her
Da stach der Türckh den Dollinger ab
Das er an dem rückhen lag.
O Jhesu Christ steh mir jetz bey
Steck mir ein zwey sind Irer drey
Bin ich allain1 und fuer mein Seel
In das Ewig himmelreiche,
Da rait der Kayser zum Dollinger so behenndt
Er fuert ein Kreuz in seiner Hendt
Er strichs dem Dollinger über sein mundt
Der Dollinger sprang auf war frisch undt gsundt.
Das ander raiten, das sie theten
Da stach der Dollinger den Türckhen ab
Das er an dem ruckhenn lag.
Du verheuter Teufl nun Stehe ihm bey
Seid irer drey bin ich allain
Und fuer sein Seel in die bitter helle Beyn.
Fußnoten
1 Zur Seite Hunnen ritten zwei schwarzgepanzerte
Helfer, das sah Dollinger im Spiegel des blanken
Schildes.
107. Der Dollinger.
2.
Von A d e l h . v. S t o l t e r f o t h .
Nach Regensburg am Donaustrand
Kam einst ein Riese hingerannt;
Craco war er geheißen
Und trug einen Helm von Eisen,
Der hat gewogen zwanzig Pfund;
Sein ehrner Schild war groß und rund,
Sein breites Schwert drei Ellen lang,
Ein Baum die Lanze, so er schwang,
Und einen Panzer hatt' er an,
Da stunden spitze Schuppen d'ran.
Sein Koller war ohn' alle Zier,
Die Haut vom Elephantenthier.
Der Ries' war gräulich anzuschaun,
Und Keiner mochte sich getrau'n
Mit ihm zu halten einen Reih'n,
Weil er ein Zaub'rer sollte sein,
Gefei't und fest, so wunderbar,
Als einst zu Worms Herr Siegfried war.
Da trieb er denn mit Allen Spott,
Schlug Mensch und Vieh, verlästert' Gott,
Und forderte den Kühnsten 'raus,
Mit ihm zu kämpfen blut'gen Strauß.
Doch alle Recken blieben stumm
Und wandten ihre Häupter um.
Darüber höhnte Craco sehr,
Rief: »keinen Tapfern gibt es mehr
In Kaiser Heinrich's ganzem Heer!«
Dies freche Wort aus Heidenmund
Ward auch dem Hans Dollinger kund;
Der aber saß in Kerkerhaft,
Weil er Verrath am Herrn geschafft.
Da ließ er nun ihn bitten sehr,
Daß er ihn doch um Deutschlands Ehr'
Sollt' aus dem Kerker lassen geh'n
Mit Gott den Zweikampf zu besteh'n;
Gleich käm' er wieder dann zurück,
Erwartend sein verdient Geschick.
Als nun der tapfre Kaiser hört,
Daß der allein den Kampf begehrt,
Sn läßt er gleich ihn freudig los,
Gibt ihm ein Roß auch, stark und groß,
Und ehr'nen Schild und blankes Schwert;
Doch was zumeist im Kampf ist werth,
Das bringt der Ritter selber mit –
Der Andre ließ ihn warten nit.
Und als nun die Trommet' erklang,
Ein Jeder seine Lanze schwang.
Die Rosse bäumten sich empor,
Den Bügel Dollinger verlor,
Er stürzte nieder in den Sand,
Erhob sich aber gleich gewandt.
D'rauf nahm man andre Lanzen an,
Doch Keiner hat was Rechts gethan.
Das Drittemal mit Löwenkraft
Schwingt Dollinger der Lanze Schaft,
Die saust dem Riesen durch's Visier
Und theilet Helm und Schädel schier.
Da jubeln alle Franken laut,
Und Alles auf den Sieger schaut;
Der aber kniet und danket Gott,
Daß er gesiegt ob Heidenspott.
Dann macht er wieder sich bereit,
Zu geh'n in Kerkernacht und Leid.
Da ruft der Kaiser: »Hans, wohin?
Ich hab' von Herzen dir verzieh'n:
Zieh' nur dem Feind die Waffen aus
Und häng sie in ein Gotteshaus.«
108. Der Dollinger.
3.
Von F r a n z S c h m i d t .
Wer denkt wol auf dem Heidplatz im grauen
Regensburg
Noch, wie der Heide Craco wild ritt die Straßen
durch.
Mit rohem Hohngelächter rief er: all Christenkind
Bewähr mit mir im Kampfe, was Christengötter sind.
Er kam an Körperlänge nah einem Reiterspeer,
Gleich einer Hand an Breite war seine Seitenwehr.
Die Haut vom Elephanten umzog ihm Hals und
Brust,
Er schwang die Eisenstange, als übt er Jägerlust.
Es dröhnten bang die Straßen von seines Rosses Huf,
Es weinten Kind und Mutter, erscholl sein Todesruf.
Da klirrten auf die Riegel von eines Bürgers Haus –
Es ritt hervor mit Muthe Hans Dollinger zum Straus.
Sie haben hart gerungen, mit Stoßen, Hieb und Stich,
Bis Hansens Adern floßen, und er wie leblos wich.
Es scholl der Heiden Jubel, bang schwieg die
Christenschaar –
Als zwischen beiden Streitern man ward ein Kreuz
gewahr
Von frommer Hand erhoben, wie
Mondenflimmerlicht.
Da bäumt sich Cracos Märe, und seine Lanze bricht.
Vom Christenspeer getroffen sank er erblaßt und
schrie:
»Daß ich der Christen Götter zum Kampf gefordert
nie!«
Ihr Regensburger Bürger, die ihr am Heidplatz wohnt,
Merkt euch, wie Gottvertrauen stets unser Heiland
lohnt.
109. Wie Gunthar Bischof von Regensburg
ward.
O e f e l e I., 175. H u n d metrop. I., 192.
H o c h w a r t l. II., c. 13. A d l z r e i t e r l. XIV. p.
328.
Als man zählte neunhundert und achtunddreißig Jahre
von des Herrn Geburt, waltete Otto, der Deutschen
Kaiser, zu Regensburg in der Stadt. Da fand es sich,
daß der Bischofsstuhl gerade erledigt war, dieweilen
Konrad das Zeitliche gesegnet. Nun gedachte Herr
Otto, einem andern Hirten den erledigten Stab in die
Hand zu geben. Da ward ihm im Traum befohlen,
denjenigen an des Verstorbenen Statt zum Hirtenamte
zu rufen, welcher ihm früh Morgens auf seinem Kirchengange
zuerst begegnen sollte. Wie er nun des andern
Tages seinen gewohnten Weg nach St. Heimeram
ging, öffnete ihm ein schlichter, frommer Bruder,
Gunthar mit Namen, die Pforte des Klosters. Da fragte
ihn der Kaiser: »Mönchlein! was gibst du mir,
wenn ich dir heute den Bischofsstab überreiche?« Ob
solchem Worte lächelte der Bruder Gunthar und
sprach: »Wenn's euch genügt, Herr Kaiser: der Schuhe
kann ich entbehren, die solltet ihr haben von mir.«
Wie das der Kaiser hörte, lächelte er freundlich und
that seinem Worte nach. So ist Gunthar Bischof von
Regensburg geworden.
110. Kaiser Heinrichs Traumgesicht.
Von G u s t a v S c h w a b . – A r n p e k h chron.
l. IV. c. 11. A d l z r e i t e r l. XV. p. 358.
B r u n n e r II., 147. C o e l e s t i n Mausol. p. 55.
L u d e w i g script. Bamb. II., 222.
1.
Herzog Heinrich war's von Bayern,
Der sich in der Mitternacht,
Wo die frömmsten Brüdern feiern,
Hin zur Kirchen aufgemacht.
Ernste Bilder nach ihm fassen,
Treiben ihn zum Beten an,
Durch die Regensburger Gassen
Geht er nach Sankt Heimeran.
Junges Heldenantlitz betend
Möcht' ein schöner Anblick sein!
Dieser zum Altare tretend
Kniet umnachtet und allein.
Vor den Augen gar die Hände,
Drückend jedes Bild zurück,
Fleht er um ein sel'ges Ende,
Nicht um irdisch Heil und Glück.
Als er aufstand, schien's vom Rücken
Ueber ihm, als wie ein Licht,
Staunend thät er um sich blicken,
Sieht ein heil'ges Angesicht.
Hochaltar und Kreuz verklärend
Dort ein lichter Bischof stand,
Der mit hoher Hand wie schwörend,
Zeiget nach der Kirchenwand.
Mit den Fingern, wie mit Kerzen,
Leuchtet er auf eine Schrift,
Wo der Fürst mit bangem Herzen
Auf ein römisch Sechse trifft.
Will mich Gott so bald erhören?
Herr, ich glaub's auf Eure Hand,
Hebt sie nicht so ernst zum Schwören!
Sprach der Held, und alles schwand.
Wie sechs Stunden sind vergangen,
Harrt er fromm auf seinen Tod;
Doch es schien ihm auf die Wangen
Lebenshell das Morgenroth.
Wie der sechste Tag gekommen,
Er bereit und fertig ist;
Doch es gibt der Herr dem Frommen
Neue heit're Lebensfrist.
Darum hält er an mit Beten,
Bis der sechste Mond erscheint,
Würd'ger stets vor Gott zu treten;
Doch es war nicht so gemeint.
Aber ernste Todsgedanken
Wandeln mit ihm immerdar,
Und so lebt er sonder Wanken
Heilig bis in's sechste Jahr.
Und in hoher Kirche stand er
Leuchtend um das sechste Jahr,
Und auf seinem Haupte fand er
Röm'sche Königskrone gar.
König Heinrich war's der Zweite,
Herr von allem deutschen Land,
Der von dort an ward bis heute
Stets der Heilige genannt.
Zwei und zwanzig Jahre heilig
Herrscht' er ohne Fluch und Spott;
An die röm'sche Sechse treulich
Dacht' er und an Tod und Gott.
Weil er fertig war zum Sterben,
Hielt ihn Gott des Lebens werth,
Weil den Himmel er konnt' erben,
Ward ihm auch das Reich bescheert.
111. Heinrich der Heilige.
Von F r a n z K u g l e r .
Er stieg den Herzogstuhl herab:
»Du goldner Reif! du goldner Stab!
Du edles Hermelingewand!
Nun ist kein andrer Herr im Land!« –
Und nächtens war es ihm, im Schlaf,
Als ob ein Wort das Ohr ihm traf,
Ihm dünkt, als ob sich aus der Wand
Hervorhub eine Riesenhand,
Die mit dem Finger Zeichen schrieb: –
»Nach sechsen« – und dann stehen blieb.
Verwirrt fuhr er vom Schlaf empor,
»Nach sechsen« dröhnt's in seinem Ohr,
Nach sechsen! – Menschensohn, das ist
Der Tod! Sechs Tage nur sind Frist.
Da beugt er seinen stolzen Sinn,
Da warf er sich in Demuth hin
Vor dem, der einzig hält Gericht;
Und als des sechsten Morgens Licht
Das Erdenrund begann zu färben,
War willig er, bereit zu sterben.
Der Tag ging hin, die Nacht brach an, –
Die sechste Woche kam heran, –
Der sechste Mond, – er blieb ergeben,
Noch fristete der Herr sein Leben,
Und als das sechste Jahr entflohn,
Ward ihm verliehn der Kaiserthron.
112. Heinrichs des Heiligen Stuhl zu
Regensburg.
E r t l relatt. cur. Bav. S. 87.
Kaiser Henricus der Zweite, Herzog in Bayern, hat
sich nit geschämt, zu Regensburg in den öffentlichen
Prozessionen mit entblößtem Haupt und Füßen das
heilwerthe Kreuz voranzutragen. In den von ihm erbauten
Klöstern, vierundzwanzig an der Zahl, welchen
er vor dem Kirchenportal jedem einen andern
Buchstaben aus dem Alphabet, etliche Pfund feines
Gold schwer, eingraben lassen, hat er zum öftern mit
den Ordensbrüdern zu psalliren und die Lectiones mit
heller Stimm abzulesen sich gewürdiget. Als er auf
eine Zeit zu Abach ober Regensburg an der Donau
seinen Aufenthalt genommen, pflegte er alle Nacht
von diesem Ort zehntausend Schritte weit nach der
Stadt auch im strengsten Winter zu gehen und allda in
St. Emmerams Gotteshaus mit andern Ordensmännern
die Metten zu singen. Man sieht noch bis auf diese
Stund einen sehr großen Stein als Sessel ausgehauen,
auf welchem der damals noch junge Fürst auszuruhen
gepflegt, bis die Kirchenthore eröffnet worden, welchen
Dienst mehrmalen die heiligen Engel verrichtet,
damit er desto ehender seiner Andacht abwarten konn-
te.
113. Die Regensburger Brücke.
Von A. S c h ö p p n e r . – Die steinerne Brücke zu
Regensburg. Stadtamhof 1821. S. 13, wo nebst dem
Hund noch zwei H ä h n e als Opfer des Teufels genannt
sind. N o r k Myth. d. Volkss. S. 1050. Lexikon v.
Bayern, Ulm 1796 II., 741. Ein Ged. v. Th. M ö r t l .
Ein Herzog hub zu bauen an die Regensburger
Brücke,
Doch hatte selber Ehrenmann die sonderbarste Tücke.
»Elf Jahre, lieber Meister mein, sind euch zum Bau
vergonnen,
Doch wisset: ist des Werkes Frist im elften Jahr
verronnen
Und steht der Brücke Bau nicht da, vollendet fix und
fertig,
So seid bei meinem Barte mir des Eselritts gewärtig.«
Wie rührte da der Meister sich, wie richteten die
Metzen,
Wie regten die Gesellen sich mit Hauen und mit
Setzen.
So schlich das elfte Jahr herbei, die Brücke noch nicht
fertig,
Es war der gute Meister schier des Eselritts gewärtig.
Und immer näher dräuet schon des Jahres letzte
Stunde –
Da ruft er in Verzweifelung den Teufel an zum
Bunde.
Wie flog der Meister Urian herbei mit
Blitzesschnelle:
»Die Brücke da, mein lieber Mann! vollend' ich euch
zur Stelle;
Doch weil die Arbeit Lohnes werth, so sei die Seele
dessen,
Der auf die Brücke geht zuerst, als Preis mir
zugemessen.«
Dem Meister macht die Forderung das Herz im Leibe
beben,
Doch drängt der Schicksalsstunde Schlag, sein Ja zum
Pakt zu geben.
Und eh' das elfte Jahr verstrich, erhub sich hoch und
mächtig
Mit Pfeilern und mit Bogen schwer die Brücke stolz
und prächtig.
Und von dem hohen Dome her in festlichem Ornate
Zum Weihespruch des Werkes zog der Bischof mit
dem Rathe.
Es sieht der gute Meister schon das Volk zur Brücke
drängen, –
O Gott! es will dem Armen schier das Herz im Leibe
sprengen.
Da zuckt ihm durch die Seele schnell ein Rath zu
gutem Glücke:
Er reißt den Hut von seinem Kopf und wirft ihn auf
die Brücke,
Und husch! sein Pudel hinterdrein, den Hut zu
apportiren
Und husch! der Teufel diesem nach, den Pakt zu
exequiren.
Da stöhnt entsetzliches Geheul aus des Betrognen
Munde,
Er bricht in seinem Höllengrimm den Hals dem armen
Hunde,
Und raffte sich im Augenblick von der verwünschten
Brücke
Und ließ den dicksten Schwefeldampf und
Höllenstank zurücke.
Es mahnt der Pudel ohne Kopf zu Regensburg noch
heute,
Wie sehr der dumme Teufel dort den Brückenbau
bereute.
114. Das Männlein am Dome zu Regensburg.
Ertl relatt. S. 98. Coelestin Ratisp. pol. S. 197. Die
steinerne Brücke zu Regensburg. Stadtamhof 1821. S.
12. J . R . S c h u e g r a f a.a.O. II., 56 u.A.
Wer dieses Männlein nicht gesehen hat, ist nicht zu
Regensburg gewesen. Dasselbe befindet sich am äußern
Chor gegen Norden, unweit des Eselsthurmes1,
hält einen Topf über den Kopf und steht im Begriffe,
sich herabzustürzen. Dieses Männlein stellt den Dombaumeister
vor, der mit dem Baumeister der steinernen
Brücke eine Wette machte, daß derjenige, welcher
seinen Bau früher vollendete, dem Besiegten eine Leibesstrafe
auflegen dürfte. Als die Brücke nun früher
vollendet war, so ließ ihr Baumeister dem Dombaumeister
zum Hohne auf einem Häuschen in Mitte der
Brücke ein steinernes Männchen setzen, welches, die
eine Hand über die Augen haltend, und gegen den
Dom schauend, in der andern einen Zettel mit der Inschrift
hielt: »s c h u c k , w i e h e i ß . « Wegen dieses
Schimpfes gerieth der Dombaumeister in Verzweiflung
und stürzte sich jählings vom unvollendeten
Dome herab.
Fußnoten
1 E s e l s t h u r m , weil in ihm ein Weg ohne Treppen
hinaufführt, worauf beim Dombaue die Steine
durch Esel hinaufgetragen worden.
115. Der Bienenkorb am Dome zu Regensburg.
Die vor. Schrift II., 66. G r i e n e w a l t Beschr. der
Stadt Regensburg I.c. 15.
Zu den Zeiten des gelehrten Karthäusers Hieremias
Grienewalt (1615) setzte man einen zuhöchst des
Domes und zwar gegen den Domfriedhof zu befindlichen
Bienenkorb unter die Wahrzeichen von Regensburg,
so daß man sagte, wer ihn nicht gesehen, auch
Regensburg nicht gesehen habe. Es sollen nämlich die
Bienen in diesem steinernen Häuslein (der Spitze
einer Pyramide) oftmals ihre Wohnung gesucht und
zu Sommerszeit aus- und eingeflogen sein, wobei zu
wundern, wie sie sich in einem so harten und kalten
Stein haben behelfen können, und wo sie ihre Nahrung
gefunden.
116. Was weiter vom Dome zu Regensburg
gesagt wird.
Die vor. Schrift. S. 61.
Im Einwärts der beiden Flügelthüren des großen
Domportales gegen Westen, befinden sich in den beiden
Nischen Steinbilder, welche den Teufel vorstellen.
Er ist auf der linken Seite mit einer Mönchskappe
in einem Thore oder Nische vorgestellt, wie er auf die
Ein- und Ausgehenden lauert; sein Leib endigt in
einen Drachenschweif. Auf der andern Seite hat er die
Gestalt eines Drachen mit Ausnahme des Kopfes, der
hier mit rückwärts gekämmtem struppigem Haare bedeckt
ist. Beide Bilder scheinen den Teufel und seine
Großmutter vorzustellen.
Der Baumeister des Domes zu Regensburg liebte
eine Jungfrau, welche ihm untreu wurde. Er ließ sie
aus Rache vom Teufel holen, mit welchem sie denn
auch die Luftfahrt nach dem Blocksberg machen
mußte. Diese Begebenheit ist durch ein Steinbild vorgestellt,
welches zuhöchst des Domes gegen Südost
an der Thurmspitze der rechts liegenden Schneckenstiege
etwas versteckt, als Wasserrinne angebracht ist.
117. Die drei Scharfrichter zu Regensburg.
Von F . J . F r e i h o l z . – H o r m a y r Taschenb.
1832. S. 377.
Zu Regensburg der Donaustadt
Es einstmal sich begeben hat
Daß drei Verbrechern auf einen Tag
Ihr Todesurtheil der Richter sprach.
Doch weil gerad zu jener Frist
Kein Scharfrichter da gewesen ist
So suchte man vor allen Dingen
Erst einen solchen aufzubringen.
Drum schrieb der hohe Rath sogleich
Die Botschaft aus im ganzen Reich
Daß männiglich erscheinen sollt
Wer des Scharfrichters Stelle wollt.
Es meldeten in kurzer Zeit
Sich drei zu dieser Stell bereit,
Und jeder gelobt' mit hohen Schwüren,
Er könnt' am besten das Richtschwert führen,
Da faßt ein hoher Rath den Schluß
Daß Jeder sich erst zeigen muß
Weil's drei Verbrecher zu gutem Glück,
Langt's auch für Jeden ein Meisterstück.
Als nun der Probetag erschien
Strömt alles Volk zur Richtstatt hin,
Gefüllt mit Menschen sind die Gassen
Will Kein's das Schauspiel gern verpassen. –
Und stolz mit siegsgewissem Schritt
Der Erste das Gerüst betritt,
Mit sorglos unbefangnem Blick
Besieht er des armen Sünders Genick;
Flugs langt er in die Tasch hinein
Bringt heraus einen Röthelstein,
Fährt damit um den Hals im Ring
Der so einen rothen Strich empfing
Dann hebt er hoch das scharfe Schwert
Das risch des Sünders Hals durchfährt:
Wie er den rothen Ring gezogen,
So ist das Haupt vom Rumpf geflogen. –
Der Zweite naht' dann mit Bedacht
Hat nicht der gaffenden Menge Acht,
Ihm dünkt es schier als stünd er oben,
Zur Kurzweil seine Kunst zu proben,
Des armen Sünders nackter Hals
Scheint ihm ein Krautstängel allenfalls;
Zwei Fäden aus der Tasch er bringt,
Die er fest um den Hals ihm schlingt
So nah zusammengerückt die beiden
Daß man sie kaum konnt unterscheiden;
Er prüft sein Schwert ob's scharf genug,
Dann holt er aus zum Todeszug
Und zwischen den Fäden in der Mitten
Hat er des Sünders Hals durchschnitten,
Am Kopf und Rumpfe kann man traun
Noch unverletzt die Fäden schau'n. –
Als das Gerüst der Dritt' besteigt
Ein Zweifel durch alle Lippen schleicht:
Wie soll denn dem der Sieg verbleiben,
Nicht höher kann die Kunst er treiben?
Ihm aber schien es ganz gewiß
Daß Keiner ihm den Sieg entriß;
Den Blick hat er emporgewandt,
Und mit dem Schwerte spielt die Hand,
Die zwei Gesellen eilen bei,
Zeigen ihm Kunstgriffe mancherlei,
Und suchen ihm mit falschen Tücken
Den ruh'gen Sinn wohl zu berücken,
Doch er schwingt rasch sein treues Schwert,
Das wie ein Blitz die Luft durchfährt,
Ab haute er mit einem Streich
Die Köpfe allen Drei'n zugleich.
Er hatt' das beste Stück vollbracht,
Und sich des Amtes werth gemacht.
Ob er's erhielt, das weiß ich nicht,
Weil davon nichts die Sage spricht.
118. Graf Babo von Abensberg.
Von F r a n z v. G a u d y . – K.H.v. L a n g schrieb
über »die Fabel« von des Grafen B a b o von
A b e n s b e r g 30 Söhnen, worauf R. Z i r n g i b l mit
Beweisen antwortete.
Als Kaiser herrschte im deutschen Land
Henricus, der Zweite zubenannt,
Der sprach: »Geendet ist der Krieg,
Gott und mein Recht erstritt den Sieg,
Von Eisenhelmes schwerem Druck,
Von gold'ner Kette schwererem Schmuck,
Von Krieges, von des Herrschens Last,
Sei mir gegönnt die kurze Rast.
Des Kaiserhofes Herrlichkeit
Erblühe wie in früh'rer Zeit,
Und des Regensburger Schlosses Halle,
Vereine die Großen des Reiches alle.«
Von Ost und West, von Nord und Süd
Herbei die Schaar der Edlen zieht:
Dorther, wo begränzend die Eider fließt,
Vom Ufer des Rheins, wo die Rebe sprießt,
Von der Donau königlichem Strom,
Weither aus dem ewig herrlichen Rom,
Sie nahen, die Fürsten, die Grafen, die Herrn,
Die Edelfrauen von nah' und fern.
Und zu dem mannlichen Turney
Strömt müß'ger Kämpfer Schaar herbei,
Den funkelnden Ring herabzustechen,
Mit befiedertem Pfeil' zu spalten das Ziel,
Den Speer an stählerner Brust zu brechen,
Des Armes Kraft im Schwerterspiel
Zu proben vor der Schönheit Gericht –
Weß Edlen Herz begehrt es nicht?
Auf des Altans erhöhtem Rund
Gar oft aus lieblicher Frauen Mund
Ein bang Gelübd' gen Himmel steigt,
Wenn wohlbekannter Busch sich neigt;
Manch' ros'gen Mädchens Wang' erbleicht,
Wenn ihrer Farbe Träger weicht;
Gar manche dunkleres Roth umzieht,
Wenn beneideter Sieger vor ihr kniet,
Den Dank, erkämpft auf der Ehrenbahn,
Aus zitternden Händen zu empfah'n.
Hell klingt der silberne Pokal,
Hell Zink' und Pauk', im hohen Saal
Drängt sich das üppig bereitete Mahl,
Das laute Bankett in den fürstlichen Hallen.
Die Hand, die das Schwert so kräftig schwang,
Entlockt den Saiten zarten Klang,
Und die Frauen mit zärtlichem Wohlgefallen,
Sie lauschen dem zierlichen Minnesang.
Und der Kaiser sich rings umschauend spricht:
Nur einen der Edlen gewahr' ich nicht
In meines Hofes festlichem Kreis,
Den Grafen Babo, den trefflichen Greis,
Entsendet flugs den hurtigen Boten;
Zur Waidmannslust in Waldesgrün,
Die uns am Morgen soll erblüh'n,
Sei auch Graf Abensberg entboten.
Die junge Sonne schwingt sich herauf,
Da zieht der Jäger lärmender Hauf'
Dem Forste zu. Der Kaiser sprengt
Voran; der Schwarm der Ritter drängt
Sich hinterher. In grünem Gewand
Folgt langsam die Blüthe edler Frauen,
Norweg'sche Falken auf der Hand,
Mit Schellenkapp' und gefesselten Klauen.
Gefleckter Schweißhund durchkreuzt die Flur
Von Thau benetzt, auf des Wildes Spur,
Die Koppel zerrt an der hemmenden Schnur
Mit lautem Geheul. Der Jagdruf erschallt –
Es birgt sich das Wild im dichten Wald.
Und der Kaiser den Palatin befragt:
»Ein Haufen Reisiger zieht dort heran;
Wer ist der kecke Edelmann,
Der unsers Gebotes zu spotten wagt?
Jedwedem Herren folg' ein Knecht,
So will's das alte Waidmannsrecht,
Wer ist der Vasall, der sich erfrecht,
Mit Hunderten einher zu reiten,
Als gält' es gegen den Feind zu streiten?«
Die fremden Reiter sind zur Stell',
Der Führer schwingt vom Pferd sich schnell
Wie'n Jüngling behend, wenn gleich die Jahre
Versilbert die dünn geringelten Haare
Und beugt vor dem Kaiser das Knie zur Erde;
Der spricht mit zürnender Geberde:
»Seid ihr's, Graf Babo, der das Mandat
So arg verletzt? Wohl bessern Rath
Hätt' ich verseh'n von grauem Haar;
Wozu der Knecht' unbillige Schaar?«
Darauf der Graf: »Des Kaisers Wort
Befolgt' ich getreulich immerfort,
Nach eurem Gebote bin ich hier,
Und einer der Diener nur folgte mir;
Dort jenen Junkern, den dreißig und zwei'n
Ein Knecht zieht Jedem hinterdrein,
Die zwei und dreißig allzusamm
Sind aber Sprossen von Einem Stamm,
Es sind meine Söhne lieb und werth,
Die mir des Himmels Gunst gewährt,
Die will ich dem Dienste meines Herrn
Gewidmet haben freudig und gern.
Nehmt meine Knaben, nehmt sie all',
Treu halten die Abensberger Wacht,
Der Kaiserbrust ein eiserner Wall,
Im Frieden, im Getümmel der Schlacht.«
Mit Staunen vernimmt die seltsame Kunde
Der Kaiser aus des Grafen Munde,
Mit Staunen erblickt er der Brüder Schaar,
Wie gleiche Bildung wunderbar
Sich stellt im Knaben, im Manne dar.
Dann bricht er das Schweigen und spricht: »Ihr habt
Den Kaiser kaiserlich begabt,
Wo lebt ein Fürst, der solchen Bann
Um seine Fahne sammeln kann?
Habt Dank, habt Dank, mein treuer Vasall,
Habt Dank für eure Söhne all',
Und nehmt mein kaiserliches Wort:
Der Söhne Sorg' ist mein hinfort.
Und wenn der edle Stamm verdorrt,
Der sprossenreiche, so entsteige
Ein neuer Stamm jedwedem Zweige!«
119. Die Töchter des Abensbergers.
Verh. des hist. Ver. f.O.u.R. 1838. 2. u. 3. H.S. 389.
Im Weltenburger Nekrolog kömmt der Graf Babo von
Abensberg mit dreißig Söhnen und nur sieben Töchtern
vor, während alle andern Nachrichten ihm acht
solche zuschreiben. Das Volk erzählt sich, Graf Babo
habe, so oft ihm ein Kind geboren worden, einen
Thurm an der Stadtmauer aufrichten lassen und dabei
zu seinen Kindern gesagt, daß dasjenige lebendig in
den Thurm eingesperrt und von dem Hunger aufgezehrt
werden solle, welches ausarten würde. Es sei
aber geschehen, daß eine der Töchter sich verfehlt und
die angedrohte Strafe sich wirklich zugezogen habe.
Deßhalb wäre noch wirklich einer der Thürme vermauert,
während die übrigen offen sind. Wahrscheinlich
haben die Weltenburger Mönche von dieser Sage
gehört, und derselben eingedenk, mögen sie in ihrem
Todtenbuch diese ausgeartete achte Tochter nicht bemerkt
haben.
120. Die Templer zu Altmühlmünster.
A l t m ü h l m ü n s t e r , Pfarrdorf zwischen
R i t e n b u r g und D i e t f u r t in der O b e r p f a l z .
S. Verhandl. des hist. V.f.O.u.R. 1838. 2. u. 3. H.S. 205.
Vor Alters war Altmühlmünster ein Ordenshaus der
Tempelherren. Noch erzählt das Volk, es seien einmal
mitten in der Nacht Bewaffnete gekommen und hätten
die dahier wohnenden Templer gefesselt fortgeführt.
Sie sollen der Nüchternheit nicht sehr beflissen gewesen
sein, daher sich das Sprichwort erhalten hat: »Du
saufst wie ein Templer!«