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Günther Y. über die Treffen von Marie Lente und Walter Friedrichsen zwischen dem 16. und 18. Januar 1989 (aus seinem Brief von 2008 an Barbara Köhler)
ОглавлениеDas Schlafzimmer von Walter F. wurde eine wahre Fundgrube für uns, denn wir hatten sicherheitshalber vor dem Besuch auch die Küche und das Schlafzimmer in Walter F.s Wohnung bestückt. Allerdings muss ich sagen, dass ich es den beiden nicht zugetraut hatte, dass sie sich auf diese Weise füreinander interessieren würden, und hatte deshalb die Wanze im Schlafzimmer für überflüssig gehalten, aber der eifrige H. hat das einfach so gemacht.
Ja, wir erfuhren viel über die Künstlerszene in der DDR, auch wenn es sich bei vielem nur um Bestätigungen dessen handelte, was wir ohnehin wussten. Verstehen Sie, ich hatte in Potsdam an der Hochschule des MfS studiert und dort gelernt, wie wichtig es ist, dass man über dieselbe Person aus ganz verschiedenen Ecken etwas erfährt. Und es gab auch Neues. Besonders über Paul Z. Wir hatten nicht gewusst, dass er mit der Mutter von Walter F. ein so lange dauerndes Verhältnis hatte. Es hieß ohnehin über ihn, dass er „nichts anbrennen“ ließ, aber es tauchten immer wieder Frauen auf, mit denen er was hatte, von denen wir nichts wussten und eigentlich auch nicht aktenkundig machen durften. Meiner Ansicht nach war er ein unangenehmer Schürzenjäger.
Marie L.s Aktivitäten hatten vor und nach dem Jahreswechsel 1988/89 zugenommen. Sie hatte inzwischen mehr Leute aus der VVN interviewt, als auf ihrer Liste standen. Sie hatte auch bei uns nachgefragt, ob wir ein Gespräch mit Kurt Hager [3], dem Verantwortlichen für Kultur im ZK, vermitteln könnten, aber da hat unser guter Oberst abgewunken: der gebe ohnehin keine Interviews. Was übrigens nicht stimmte, aber gut so – an den kam sie nicht ran. Sie hat, da sind wir uns ziemlich sicher, auch mit Robert Junge Kontakt aufgenommen, der als feindlicher Schriftsteller nun überhaupt nichts mit der VVN oder dem „Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer“ zu tun hatte, schon wegen seines jugendlichen Alters. Aber sie haben nur in Cafés miteinander gesprochen oder in Parks zusammen gefroren.
Trotz ihrer Abfuhr beim ersten Mal ging Marie L. wieder zu den Z.s nach Hause. Es war ja klar, dass sie mit Paul Z. sprechen wollte, deshalb folgte ihr der sonst so fleißige H. auch nicht dorthin.