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Frankfurt am Main Donnerstag nach St. Hubertus 27. September Anno Domini 1509

Geheiligt sei Jesus Christus. Ich grüße Euch, Herr Pfefferkorn.“ Thomas Ulrepforte deutete eine Verbeugung an.

Johannes Pfefferkorn blickte von seinem Tisch auf und schob das Talglicht und sein Schreibzeug beiseite. „In Ewigkeit Amen, Frater Thomas. Tritt näher.“

Thomas Ulrepforte machte drei Schritte auf Johannes Pfefferkorn zu und faltete die Hände vor dem Bauch. „Ich bin glücklich, Euch endlich in Frankfurt zu wissen. Der Herr sei gepriesen. Meine Mitbrüder und vor allem ich selbst können es kaum mehr erwarten, Euch und Eurer Sache endlich tatkräftig dienlich zu werden.“

Johannes Pfefferkorn fuhr ausdruckslos die Konturen seiner wulstigen Lippen mit der Spitze der Schreibfeder ab. „Ja, Bruder Thomas, auch ich sehe dem mit Inbrunst entgegen. Die Bischöfe sind schwach, der Heilige Vater ist unstet und weit fort. Keine Weisung erreicht uns aus Rom, nur ausweichendes Gewäsch. Es ist nun an uns, ein Zeichen zu setzen und diesem Judenpack endlich ihre Gotteslästerung und Häresie angemessen zu quittieren.“ Pfefferkorn nahm seine schwarze Mütze vom Haupt und legte sie vor sich auf den Tisch. „Der Herr ist für uns. Hier bei den Dominikanern weiß ich unsere Sache gut aufgehoben. Der einzig wahre Orden und seit jeher der Bewahrer der kirchlichen Grundfesten. Wie ich höre, ist es auch um die finanziellen Mittel gut bestellt?“

Eifrig trat Thomas Ulrepforte ganz an Pfefferkorns Tisch. „Ja, Herr Pfefferkorn, auch das. Der Frankfurter Orden selbst steht Euch zur Verfügung, doch seine Gelder sind natürlich begrenzt.“

„Natürlich.“ Pfefferkorn lächelte zynisch.

„Aber“, fuhr Ulrepforte fort, „ich habe einige vermögende Männer, darunter sogar einen Stadtrat, anwerben können, die hinter unserer Sache stehen und uns mit entsprechendem Kapital versorgen.“

Pfefferkorn erhob sich und ging im Zimmer umher. Er dachte nach. Schwarze Beinkleider, schwarzes Wams, schwarze Schuhe, alles an ihm war schwarz. Dunkel wie ein Abgrund, in den der falsche Glaube hineingezogen wurde. Thomas Ulrepforte hatte, wenn auch keine Furcht, so doch Respekt vor diesem Mann. Er strahlte etwas Mächtiges aus. Er hatte Macht, auch wenn er keine Krone trug. Herr der Straße, Herr der Massen. Pfefferkorn drehte sich zu Thomas Ulrepforte um, machte einen Schritt auf ihn zu und fuchtelte energisch mit dem Zeigefinger umher.

„Am Sonntag soll es sein. Am Sonntag werden wir in der Judengasse ein Exemplum für Frankfurt und Kurmainz statuieren.“ Pfefferkorn kam noch einen Schritt auf Ulrepforte zu. „Höret ihr Juden, höret, ihr Verräter und Kreuziger von Gottes Sohn. Eure Hetze hat ein Ende. Hier und heute. Heraus mit Euren Schriften, heraus mit Schmähungen, Lügen und lästerlichem Druckwerk. Heraus und in die Flammen damit!“ Jetzt stand Pfefferkorn mit funkelnden Augen vor dem Dominikaner und stach ihm im Rhythmus seiner Worte mit dem Zeigefinger in die Brust. „In die Flammen. Die reinigenden Flammen. Ja, ihr Flammen, leckt danach und fresst die Lügen, verdaut sie und scheißt sie als Asche in den Wind, der Gottes Atem ist. Er wird sie fortblasen, als wären sie nichts.“

Thomas Ulrepforte schaffte unweigerlich etwas Abstand zwischen sich und dem stechenden Finger und zog sein Habit glatt. Pfefferkorn glaubte, was er sagte und was er sagte, das war Glauben. Das war seine Macht.

„Recht so, Herr Pfefferkorn. Ja, wir werden Gottes Werk verrichten. Gott kann sich glücklich schätzen, einen so wackeren Streiter wie Euch für seine gerechte Sache auf Erden zu wissen. Wir sind bereit.“

Pfefferkorn ließ den Finger sinken. Noch immer tobte sein Herz vor Eifer und schlug ihm bis zum Hals. Das ansonsten so blasse, fleischige Gesicht hatte sich mit einem zarten Rosa durchzogen. „Ich werde es verkünden. Geht nur rasch zu Abt Burkhardt von Ilbing und teilt ihm mit, dass ich wünsche, dass sich alle Brüder vor der Komplet im Refektorium einfinden mögen. Ich werde sie für den morgigen Abend genau instruieren. Dann werden wir gemeinsam beten.“

Thomas Ulrepforte nickte. Auch wenn ihm oft nicht gefiel, wie Johannes Pfefferkorn mit ihm umsprang, es war das Wunder, das dieser Mann in sich trug, welches ihn fesselte und ihn darüber hinwegsehen ließ. Pfefferkorn hatte nicht die Position, um einem Dominikaner – und sei es auch bloß ein Novize – Weisungen zu erteilen. Er war doch selbst bloß ein Werk der Kölner Brüder. Hätten sie ihn nicht vom jüdischen Irrglauben auf den rechten Weg gebracht, so wäre er verdammt wie die, gegen die er nun selbst vorging und die er so sehr hasste. Und doch war er ein Fischer. Die Leute liefen ihm nach und wer ihm gefiel, der gefiel auch dem Pöbel. So einfach war das. Man stand lieber mit ihm im Boot, anstatt sich in seinem Netz wiederzufinden.

„Ich werde es Abt von Ilbing mitteilen und gewiss wird er Eurem Wunsch entsprechen.“

„Davon ist auszugehen“, nickte Johannes Pfefferkorn selbstgefällig. Er nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. „Sagt dem Abt, dass ich sehr wohl zu schätzen weiß, hier, in diesem Haus Gottes, Aufnahme gefunden zu haben. Dankt ihm auch dafür, dass er mir seine eigene Kammer für meine Vorbereitungen überlassen hat. Ich werde nun meine Ansprache erarbeiten.“

Als Thomas Ulrepforte merkte, dass Johannes Pfefferkorn sich seinen Texten widmete und ihm keine Beachtung mehr zu schenken schien, ging er aus dem Zimmer. Morgen also, dachte er, werden wir ein Feuer machen. Und wenn Gott will, dann werde ich den Schuldschein, den Benisch Stoltzer begehrt, vor diesen Flammen bewahren können. Ich werde dafür noch mehr Geld für die gerechte Sache des Herrn Pfefferkorn erhalten. Gold und Feuer haben die gleiche Farbe und sie werden mir auf dem Weg zur Erleuchtung der wahren Lehre dienen. Gepriesen sei der Herr. Lächelnd schob er die Hände in die weiten Ärmel seiner Kukulle und schritt bedächtig durch das kalte Gemäuer.

Der Fluch des Mechanicus

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