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4.1. „Autonome Moral“ als Hervorhebung der philosophischen Anthropologie
ОглавлениеAlfons Auer räumt in seiner Programmschrift „Autonome Moral und christlicher Glaube“20 der Anthropologie eine zentrale Stellung ein. Es ist für ihn keine Frage, dass es sich dabei um die philosophische Anthropologie handelt. Die Grundbestimmung der Existenz des Menschen steht der Rationalität des Menschen, seiner Selbstreflexion, offen. Es ist freilich die Aufgabe der philosophischen Anthropologie, nicht nur die Frage nach dem Menschen, „woher er kommt, wohin er geht“ (Max Scheler), aufzuwerfen und ihr nachzugehen, sondern auch die spezifischen humanwissenschaftlichen Kenntnisse über die reale Gesamtsituation des Menschen zusammenzuführen. Diese Kenntnisse beruhen auf objektivierenden Methoden der korrespondierenden Einzeldisziplinen, z.B. der Humanbiologie, der Psychologie und der Sozialwissenschaften. Objektivierende Methoden sind stets sektoral ausgerichtet. Sie gehen nicht aufs Ganze, oder sie sehen das Ganze nur aus einer bestimmten Perspektive, die ihre Exaktheit aus ihrer Begrenzung durch einschränkende Rahmenbedingungen gewinnt. Löst man diese Begrenzung auf, dann gerät alles mit allem in Verbindung. Probleme können nicht mehr isoliert und in diesem Rahmen erklärt werden. Sie geraten hingegen in allgemeine Kontexte, wo es darum geht, Zusammenhänge zu verstehen und nicht nur darum, etwas in einem Bezugsrahmen zu erklären. Der offene Horizont und die Unabschließbarkeit der Kontexte sind Kennzeichen einer philosophischen Reflexion, die darum weiß, dass ihr Gegenstand, insbesondere der nicht-objektivierbare Mensch, zwar befragbar ist, aber doch den Antworten in gewisser Weise entzogen bleibt.
Die Frage nach dem Menschen ist in diesem Sinne für den Theologen Auer nicht als philosophische Frage abschließbar. Die Offenheit für den Transzendenzbezug hat er immer auch als philosophische Position vertreten. Für die Ethik hält er jedoch an einer Unterscheidung zwischen autonomer Vernunft und Glaubensüberzeugung fest. Er versteht diese Unterscheidung nicht als Trennung, sondern als eine Möglichkeit „reziproker“ Lernprozesse.21 Die Unterscheidung dient nicht der Abspaltung, sondern einer Bereicherung der Perspektiven, die eine wechselseitige Korrektur und eine immer wieder neu zu gestaltende Bindung ermöglicht.