Читать книгу Autonome Moral und christlicher Glaube - Alfons Auer - Страница 15
4.3. Die besondere Bedeutung der Humanwissenschaften
ОглавлениеDie Frage nach dem Verhältnis von Humanwissenschaften und philosophischer Anthropologie ist für diese Sequenz eminent wichtig. Das lässt sich an allen Arbeiten Auers zu konkreten ethischen Problemen zeigen.28 Für die Studierenden, die Auers „Wende“ vom Glaubensethiker (mit einem heilsgeschichtlichen und sakramentalen Ansatz, den er 1955 bis 1966 gegenüber dem eher „autonomen“ Ansatz seines Lehrers Steinbüchel29 für notwendig hielt) zur „Autonomen Moral“ Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger Jahre miterlebten und mitvollzogen, war das Studium der Humanwissenschaften das eigentliche Abenteuer. Während die Philosophie sich damals immer mehr von der Anthropologie entfernte und bis heute kein integrierendes Konzept für Detailerkenntnisse der Humanwissenschaften entwickelte (sieht man einmal von der Sonderentwicklung einer „philosophy of mind“ ab), erhielten die Human- und Sozialwissenschaften in der Tübinger katholisch-theologischen Fakultät ein gewisses Heimatrecht. So wurde 1972 der Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre in „Theologische Ethik unter besonderer Berücksichtigung der Gesellschaftswissenschaften“ umbenannt und ein Dauer-Lehrauftrag für „Human- und Sozialwissenschaften“ wurde mit Hilfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart eingeführt. Hatte das Interesse der Studierenden diese Entwicklungen über 30 Jahre hinweg gefördert, so nahm es in dem Ausmaße wieder ab, als die philosophische Ethik durch ihre regen Anstrengungen der letzten Jahrzehnte mit Recht, aber nicht ohne Verlust, diese Aufmerksamkeit für sich vereinnahmte. Die auf die Wissenschaften vom Menschen bezogene Aufmerksamkeit, die Auers Konzeption mittrug, wanderte in die interdisziplinären Bemühungen zwischen den Fakultäten ein und stand damit an der Wiege des heutigen interfakultären „Zentrums für Ethik in den Wissenschaften“. Es wäre ein Leichtes, hier „mutatis mutandis“ die Zusammenhänge zwischen einem Konzept der Ethik als „integrierender Sinnwissenschaft“ und dem Konzept in „Ethik in den Wissenschaften“, welches, wie der Titel schon sagt, eine induktive Komponente vertritt, herzustellen.