Читать книгу Autonome Moral und christlicher Glaube - Alfons Auer - Страница 16
4.4. Anthropologie und Sinnvertrauen in Rationalität
ОглавлениеDie philosophische Anthropologie hat für Auer das zentrale Gewicht, sofern „die radikalen, metaphysischen und religiösen Entscheidungen“ noch nicht eingeschlossen sind, wie er mit J. Girardi darlegt (S. 30).30 Für Auer ist vielmehr entscheidend: „Aus der Mitte seiner eigenen Existenz tritt ihm (dem Menschen) der unabdingbare Anspruch der vorgegebenen Wirklichkeit entgegen. […] Wenn die ethischen Vorstellungen und Verhaltensweisen gegen das eigentlich Menschliche – früher sagte man gegen die Wesensstruktur des Menschen – verstoßen, verfehlt er den Sinn seines Daseins und frustriert sich selbst“ (S. 30). Damit dieses Kriterium einer essentialistisch verstandenen Anthropologie überzeugen kann, bedarf es nach Auer eines „Urvertrauens in den Gang der Geschichte und seines persönlichen Daseins“. Das heißt: „Allen Anfechtungen zum Trotz unterstellt er, daß es sinnvoll ist, zu leben und Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen. Er unterstellt weiterhin, daß auf dem Grunde der Welt eine Ordnung waltet, und daß er durch ein vielmaschiges Netz von Beziehungen in diese Ordnung einbezogen ist und von ihr getragen wird. Er weiß zwar, daß die Wirklichkeit und unser eigenes Leben nicht bis ins Letzte hinein aufhellbar sind. Aber die undurchdringlichen Irrationalitäten stehen im Horizont einer – aus welchen Gründen auch immer – für sicher gehaltenen Rationalität“ (S. 32). Dieses Urvertrauen kann auch als Sinnvertrauen bezeichnet werden. Freilich macht sich das Sinnvertrauen nicht einfach an der gegebenen Realität fest, sondern entfaltet sich im Horizont der Hoffnung auf die in der gegebenen Realität anwesenden, aber in ihr noch nicht eingelösten Möglichkeiten. „Die Wirklichkeit (ist) auf die Ermöglichung einer fruchtbaren menschlich-geschichtlichen Existenz angelegt“ (S. 33). Zwar ist „Welt etwas Gestaltloses, das der menschlichen Durchformung harrt“, aber in der Welt selbst und im gestaltenden Menschen ist „potentielle Rationalität vorgegeben“ (S. 35f). Das Vertrauen in die Potentialität ist durch einen Blick auf die Geschichte gegeben. „Die progressive Differenzierung der ursprünglichen Formen normativer Explizierung von Sinn und Ordnung der Welt entspricht unverkennbar dem Entwicklungsgesetz menschlichen Gemeinschaftslebens“ (S. 37).