Читать книгу Sechs Krimis: Ferienkiller - Alfred Bekker - Страница 36
30
ОглавлениеWladimir Bykow blickte in den Spiegel. Sein Gesicht hatte sich stark verändert. Er trug eine aschblonde Perücke und einen künstlichen Oberlippenbart. Bykow war mit dem Ergebnis zufrieden. Die Veränderung seiner optischen Erscheinung entsprach den neuen Passbildern, die er gemacht hatte. In Zukunft musste er aufpassen kein Detail seiner Maskerade zu vergessen.
Bykow hielt in der Linken einen auf den Namen Ian Van Bronk ausgestellten Pass der Republik Südafrika und verglich sorgfältig jedes Detail mit dem darin enthaltenen Foto.
Geht so!, dachte er.
In diesem Augenblick stutzte er.
Von draußen war das Geräusch eines Wagens zu hören.
Bykow steckte den Pass in die Brusttasche seines Hemdes und griff zu der Automatik, die hinter seinem Hosenbund steckte.
Es handelte sich um eine SIG Sauer P226. 15 Patronen steckten im Magazin, eine im Lauf. Trotz dieser überlegenen Feuerkraft mochte Bykow die Waffe nicht. Er schwor auf die Makarow, die er wegen ihrer Zuverlässigkeit schätzte.
Aber auf die Schnelle war eine Waffe dieses Typs nicht aufzutreiben gewesen.
Und Bykow brauchte eine fabrikneue, völlig unbelastete und irgendwo registrierte Pistole. Schließlich war er gerade dabei sämtliche Brücken zu seinem vergangenen Leben abzubrechen.
Ihm blieb keine andere Wahl, wenn er überleben wollte.
Bykow verließ das Bad und blickte aus einem Fenster. Das kleine Holzhaus, das Bykow für zwei Wochen gemietet hatte, lag an einem der mecklenburgischen Seen. Es hatte einen eigenen Steg, an dem ein Anglerboot lag. Ansonsten war es von Wald umgeben.
Ein Geländewagen hatte in der Einfahrt gehalten. Die Scheiben waren getönt.
Die Fahrertür öffnete sich und eine junge Frau stieg aus.
Bykow atmete tief durch.
Er ging zur Haustür, öffnete und wartete dort.
Die junge Frau trat auf ihn zu und stutzte, als sie Waffe in Bykows Hand sah.
„Hey, was soll das?“
„Bist du allein?“
„Natürlich bin ich allein. Tu die Waffe weg! Der Wagen ist auf deinen neuen Namen zugelassen. Außerdem habe ich noch einen Führerschein mitgebracht, der dazu passt.“
„Wer hat ihn gefälscht?“
„Kurelin. Der war doch der erste, den ich ansprechen sollte. Es ist eine hervorragende Arbeit, genau wie der Pass, den du schon hast.“
Sie reichte ihm den Führerschein. Bykow nickte schließlich und steckte ihn ein. „Du hast Recht, Nora. Eine hervorragende Arbeit.“
„Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, weshalb du nicht einfach einen Flieger nimmst und dich an irgendeinem angenehmen Ort niederlässt.“
„So einfach ist das nicht“, sagte Bykow. „Und vor allem habe ich vorher noch ein paar Dinge zu erledigen.“
„Was?“
„Zum Beispiel muss ich sicher sein, dass wirklich keine Spur mehr zu mir führen kann. Die Leute, die mich umbringen wollen, haben ehemalige KGB-Verbindungen.“
„Die hast du auch“
„Ja, aber ich habe das Gefühl, dass mit diesen Verbindungen im Moment eher gefährlich werden können, als sie mir nützen. Da geht einiges hinter den Kulissen vor sich – sowohl in St. Petersburg, als auch in Berlin...“
„Ich habe alles, was du mir gesagt hast, eingekauft. Die Sachen liegen im Wagen. Du kannst ja mal schauen, ob alles dabei ist.“
„Danke.“
„Lass uns ins Haus gehen“, sagte sie.
„Hör zu – die Tatsache, dass mir geholfen hast, heißt nicht, dass wir wieder ein Paar sind“, sagte Bykow kühl.
Nora schluckte. „Das weiß ich.“
Sie gingen zurück ins Haus.
„Bringst du mich nachher noch zurück?“, fragte sie. Sie sah ihn überrascht an und blickte in die Mündung der Waffe, die er plötzlich wieder auf sie gerichtet hatte. „Soll das ein Witz sein, Wladi?“
„Tut mir leid, Nora. Aber ich sagte dir ja, dass ich noch das eine oder andere zu erledigen habe. Ich muss wirklich alle Brücken hinter mir abbrechen.“
Nora machte eine Bewegung auf ihn zu. Bykow drückte ab.
Sie presste die Hände gegen die Schusswunde, versuchte vergeblich die Blutung zu stillen und starrte Bykow verständnislos an. Er sah seelenruhig zu, wie sie auf den Boden fiel. Er hatte darauf geachtet, dass sie auf dem Teppich stand.
Auf dem Rücken war die Austrittswunde der Kugel zu sehen.
Bykow steckte die Waffe weg.
Er ging zur Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, holte ein Schweizer Taschenmesser aus einer Hosentasche und kratzte damit das Projektil aus dem Holz.