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Christine Wistanow ging in Begleitung ihres Anwaltes Karlheinz Bandella die Stufen des Gerichtsgebäudes hinunter. Bandella war ein untersetzter Mann mit hoher Stirn und ziemlich beleibt. Sein Hals war so dick, dass er den obersten Hemdknopf stets offen und die Krawatte gelockert tragen musste. Aber vor Gericht pflegte Bandella äußerst überzeugend und sehr energisch aufzutreten.

„Eigentlich können Sie mit dem Verlauf zufrieden sein – und die Kaution bewegt sich doch in einem annehmbaren Bereich.“

„Wenn ich sie selbst bezahlen müsste, wäre ich ruiniert!“, erwiderte Christine.

Karlheinz Bandella lächelte breit. „Jetzt übertreiben Sie aber, Christine! Ich soll Ihnen übrigens Grüße von Herr Farkas ausrichten.“

„Danke...“

Ein blauer Ford hielt vor dem Gerichtsgebäude. Zwei Männer stiegen aus. Einer von ihnen war flachsblond, der andere dunkelhaarig.

„Frau Christine Wistanow?“

„Wer zum Teufel ist das denn?“, fragte Karlheinz Bandella.

Die beiden Männer kamen auf Christine Wistanow und ihren Anwalt zu.

„Jürgen Carnavaro, BKA“, sagte der Blonde und hielt seinen Ausweis sowohl Christine als auch Bandella entgegen.

„Sie schon wieder?“, schimpfte die junge Frau.

„Meinen Kollegen Oliver Medina kennen Sie bereits ebenfalls!“, sagte Jürgen.

„Das grenzt schon an Schikane, was Sie hier machen!“, ereiferte sich die junge Frau. „Erst nehmen Sie mich mit fragwürdiger Begründung fest, lassen mich eine Nacht in einer Ihrer Gewahrsamszellen schmoren und von penetranten Idioten verhören, ehe ich endlich vor einem Richter stehe, der mich freilässt – und jetzt tauchen Sie schon wieder auf! Soll das ganze Spiel vielleicht von vorne beginnen!“

„Beruhigen Sie sich, Frau Wistanow. Den Grund dafür, dass Sie festgenommen wurden, kann Ihnen Ihr Anwalt erklären.“

„Ich bin Karlheinz Bandella und möchte, dass Sie meine Mandantin bis zur Verhandlung in Ruhe lassen. Sie hat alles, was es zur Sache zu sagen gibt, zu Protokoll gegeben. Im Übrigen tut es ihr ausdrücklich leid, Sie in irrtümlicher Notwehr attackiert zu haben, Herr Carnavaro, was ich hiermit im Auftrag meiner Mandantin vortragen möchte.“

„Wir möchten Miss Wistanow ein paar Fragen stellen, die im Zuge neuer Ermittlungsergebnisse aufgetaucht sind.“

„Meine Mandantin braucht sich nicht selbst belasten und wird keine Aussage machen“, erklärte Karlheinz Bandella.

„Ihre Mandantin behauptet, die Lebensgefährtin von Herr Thorben Rademacher gewesen zu sein, aber es scheint ihr ziemlich gleichgültig zu sein, was mit Rademacher geschehen ist.“

„Ich beantworte Ihre Fragen, wenn Sie mich dann in Ruhe lassen!“, entschied Christine Wistanow.

„Ich habe Ihnen davon abgeraten!“, stellte Bandella noch einmal klar. „Aber Sie müssen ja wissen, was Sie tun.“

„Der .22er Revolver, den wir Ihnen abgenommen haben, wurde bei einer Schießerei im Club ‚El Abraxas’ verwendet - genau wie die Waffe, mit der Rademacher ermordet wurde.“

„Worauf wollen Sie hinaus? Dass meine Mandantin etwas mit dem Tod Ihres Kollegen Rademacher zu tun hat? Es handelt sich um unterschiedliche Waffen, wenn ich das richtig verstanden habe und mir ist schleierhaft, wie Sie da einen Zusammenhang konstruieren können, Kommissar Carnavaro!“

„Zwei Waffen mit einer Gemeinsamkeit. Da glaube ich nicht an einen Zufall, Frau Wistanow. Sie sind wegen mehrerer Delikte vorbestraft und haben als Prostituierte gearbeitet...“

„Das tut nichts zur Sache“, behauptete Bandella.

„Das tut sehr wohl etwas zur Sache“, widersprach Jürgen. „Es wäre nämlich denkbar, dass die Beziehung zwischen Ihrer Mandantin und Herrn Rademacher keineswegs eine reine Liebesbeziehung war, sondern Frau Wistanow auf Rademacher angesetzt wurde.“

„Wer sollte so etwas tun? Und aus welchem Grund?“, ergriff nun Christine Wistanow das Wort und verzog ihren Mund zu einem geschäftsmäßigen, kalten Lächeln. „Das ist doch alles vollkommen absurd, Kommissar Carnavaro. Ich habe einen Mann verloren, bei dem ich gerade geglaubt habe, die Liebe meines Lebens zu finden und Sie behandeln mich wie einen potentiellen Täter. Dabei bin ich ein Opfer.“ Sie schluckte. Ihr Gesicht wurde dunkelrot. Sie bedeckte kurz die Augen mit der Hand und fasste sich im nächsten Moment wieder.

„Wenn das der Wahrheit entspricht, dann gibt es doch keinen Grund, uns nicht zu sagen, von wem Sie die Waffe haben.“

Sie schluckte.

„Diese Waffen werden unter der Hand verkauft. Sie wissen doch, wie das ist.“

„Sagen Sie keinen Ton mehr, die wollen Sie nur hereinlegen!“, mischte sich Bandella ein. „Die haben nichts gegen Sie in der Hand!“

„Illegaler Waffenbesitz ist keine Kleinigkeit“, sagte Jürgen. „Wenn Sie uns weiterhelfen, dann wird sich das sicher günstig auswirken und Ihnen vielleicht eine Bewährung einbringen. Trotz Ihrer Vorstrafen!“

„Ich kann Ihnen dazu nichts sagen“, erklärte sie.

„Meine Mandantin hat alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt!“, fügte Bandella hinzu. Er hakte sich bei ihr unter und führte sie davon.

Jürgen atmete tief durch. Er wandte den Kopf in Ollis Richtung, der nur mit den Schultern zuckte.

„Einen Versuch war es wert“, meinte unser Kollege.

„Christine Wistanow muss die Waffe von jemandem aus dem Umkreis von Benny Farkas bekommen haben. Jemandem, der irgendetwas mit der Schießerei damals zu tun hatte.“

„Ach, Jürgen, du weißt, über viele Ecken diese illegalen Schießeisen oft verkauft werden!“

„Es lohnt sich vielleicht trotzdem, in Farkas' Umgebung herumzustochern.“


Vom Killer gejagt: 7 Strand Krimis

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