Читать книгу Vom Killer gejagt: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 31
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„Wie lange wirst du bleiben, Ede?“
„Nur ein paar Tage, Ronny! Bis sich der Ärger gelegt hat, in den ich hineingeraten bin.“
Ede Gerighauser stellte seine Sporttasche auf den Boden und blickte sich kurz um. Er trat zum Fenster. Aus Ronny Vincentes Wohnung im fünften Stock hatte man einen weiten Blick auf die Gleise der S-Bahn. Ede fühlte den Druck der großkalibrigen Automatik, die er unter seiner Jacke verborgen im Hosenbund trug.
„Hey, du weißt, dass ich schon eine Ewigkeit nicht mehr in unserem Viertel“, sagte Ronny. „Wie ist das? Gibt es eigentlich die ‚Killer Bandoleros’ noch? Bei denen war doch immer so ein gerne großes Arschloch, das sich ‚Der King’ nannte! Toller König!“ Ronny grinste.
Aber Ede erwiderte dies nicht.
Ihm war der Humor in letzter Zeit gründlich vergangen.
„Ja, die gibt es noch“, sagte er tonlos.
„Aber mit denen hast du nicht zufällig Ärger, oder?“
„Ronny, willst mich ausfragen oder mir aus der Patsche helfen, in dem du mir für ein paar Tage erlaubst, in deiner Bude zu schlafen?“
„Ist ja schon gut!“, sagte Ronny Vincente beschwichtigend und hob die Hände dabei.
Ronny Vincente und Ede Gerighauser waren zusammen in aufgewachsen. Aber Ronny hatte den Absprung aus dem Crack-Sumpf geschafft. Mit 14 hatte man ihn mit einer beträchtlichen Menge Rauschgift erwischt, woraufhin er die nächsten Jahre in einem Erziehungsheim verbracht hatte. Ein Förderprogramm für Hochbegabte in Kombination mit einem Stipendium für Benachteiligte hatte ihm ein Studium ermöglicht. Inzwischen arbeitete er in der Kreditabteilung einer Bank in Berlin Mitte. Mit seiner Herkunft und dem Leben vom Drogenverkauf hatte er abgeschlossen. Seinen Vater hatte er ohnehin nie gekannt. Ein italienischer Gastarbeiter, der am Tag nach Ronnys Geburt vom Gerüst gefallen und gestorben war. Und nachdem seine Mutter der Crack-Konsum dahingerafft hatte, hatte es auch keinerlei Anlass mehr für Ronny gegeben, diesen Stadtteil aufzusuchen.
Der Besuch von Ede Gerighauser kam zwar überraschend, aber Ronny freute sich ehrlich, den Freund von damals wiederzusehen.
„Ich wette von den feinen Leuten, denen du heute Kredite gibst, weiß keiner, dass wir zusammen früher mal etliche Autos geknackt haben“, meinte Gerighauser. „Weißt du noch? Zehn in einer Nacht, das war der Rekord!“
„Ja, das waren noch Zeiten“, murmelte Ronny.
„Liegt für dich alles ziemlich weit weg, oder?“, brachte es Ede auf den Punkt. Er gab Ronny einen freundschaftlichen Stoß gegen den Oberarm. „War 'ne ziemlich harte Zeit damals für mich, nachdem sie dich hops genommen hatten!“, erinnerte er sich.
„Für mich auch“, meinte Ronny. „Aber letztlich war es mein Glückstag, als die Handschellen klickten. Ich dachte, diese verdammten Bullenschweine verderben dir den Deal deines Lebens - aber ich glaube, sie haben es mir in Wahrheit gerettet, indem sie mich aus dem Verkehr zogen.“
„Hey, Mann! Weißt du, dass ich ganz in der Nähe war und alles beobachtet habe?“
„Nein.“
Ede lachte. „Ich konnte immer schneller rennen als du, deswegen haben sie dich gekriegt und mich nicht. Scheiße, ich könnte jetzt auch in einem Anzug durch die Bank flanieren, wenn ich ein bisschen lahmere Beine gehabt hätte, Ronny!“
„Schon möglich.“
„So etwas nennt man wohl Schicksal, was?“
Ede Gerighauser blickte von plötzlicher Hektik erfüllt auf die Uhr. Dann griff er unter seine Jacke und holte sein Handy hervor. Ein Piepton ertönte. „Der Akku ist fast leer. Kann ich dein Telefon benutzen?“
„Bitte! Steht da drüben!“
Ede ging zum Apparat und wählte eine Nummer, während Ronny im Nebenraum verschwand.
Nervös tickte Ede mit den Fingern auf der Kommode herum, während das Freizeichen ertönte.
Dann kam endlich die Verbindung zu Stande.
„Herr Maybaum?“, vergewisserte sich Ede.