Читать книгу Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane - Alfred Bekker - Страница 48

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Sunfrost verließ die STERNENKRIEGER zusammen mit Ukasi durch eine der Außenschleusen des Raumschiffes.

Die Luft war nicht nur atembar, sondern nach irdischen Maßstäben auch ausgesprochen gut, das hatten die Messungen bereits ergeben. Der Sauerstoffgehalt war hoch, die Schadstoffbelastung gering. Irgendwelche schädlichen Keime hatten nicht festgestellt werden können.

Sunfrost nahm einen tiefen Atemzug und blickte dabei hinauf zum Himmel, an dem die gelbliche Sonne stand, die alles überstrahlte. Die Wärme dieses Zentralgestirns inmitten der Kugelsphäre war deutlich zu spüren. Robert Ukasi war ebenfalls überwältigt von dem Anblick, der sich ihnen bot.

Ein nicht enden wollender heller Himmel war erfüllt von Flugobjekten aller Art. Bizarre Gebäude, deren Architektur jegliche Naturgesetzen zu widersprechen schienen, reckten sich weit empor - ähnliche Konstruktionen, von denen man glauben konnte, dass sie jeden Moment in sich zusammenstürzen müssten, die aber auf eine geheimnisvolle Weise vom Einfluss der Schwerkraft befreit zu sein schienen. Das Hauptgebäude des Raumhafens fiel in diese Kategorie. Sunfrost bemerkte eine schwebende Plattformen in der Nähe des Hauptgebäudes, auf der Dutzende von Yroa standen und interessiert beobachteten, was es wohl mit dem fremden Schiff auf sich haben mochte, das gerade bei ihnen im Raumhafen gelandet war. Ihre Aufmerksamkeit gehörte dabei einzig und allein der STERNENKRIEGER. Für das Schiff von Fairoglan und Shafor hatten sie hingegen kaum einen Blick. Aber das war ja auch ein Yroa-Schiff und deshalb für sie auch nichts Ungewöhnliches. Nichts, was sie besonders hätten beachten müssen.

Fairoglan war inzwischen ebenfalls aus dem Schiff gekommen.

Wie hat er es nur geschafft, seinen Klonzweitling davon abzuhalten, ihn zu begleiten?, ging es Sunfrost durch den Kopf. Oder ist der massige Choleriker Shafor einfach desinteressiert an uns?

Ein Gedanke antwortete Sunfrost.

Genauso ist es!

Fairoglan näherte sich ihnen.

“Sie und Ihre Besatzung haben großes Glück gehabt, die Auseinandersetzung mit den Canyaj überlebt zu haben.”

“Ja, das sehen wir auch so” sagte Sunfrost. “Und wir wissen, dass wir Ihnen zu großem Dank verpflichtet sind.”

“Wäre es nach meinem Klonbruder Shafor gegangen, dann hätte ich Sie Ihrem Schicksal überlassen.”

“Dann können wir uns glücklich schätzen, dass Sie ihn überzeugen konnten”, sagte Sunfrost.

“Es war ...”

“... schwierig?”

“Sie sagen es.” Fairoglans Mund verzog sich ein wenig und Sunfrost hatte beinahe den Eindruck, ein Lächeln zu sehen. Natürlich war ihr bewusst, dass das täuschen konnte. Selbst bei körperlich sehr menschenähnlich wirkenden Extraterrestriern konnten sich einzelne Merkmale der Mimik in ihrer Bedeutung sehr stark unterscheiden.

“Wir sollten zur Sache kommen”, meinte Robert Ukasi. “Sie haben uns gerettet und ich nehme an, das Sie dafür eine Gegenleistung erwarten.”

“Was sicher nicht unbillig wäre, oder?”, entgegnete Fairoglan.

“Nein, absolut nicht.”

“Gut, dass wir uns in diesem Punkt einig sind.”

“Übrigens muss ich Ihnen ein Kompliment für die Taktik machen, die Sie im Kampf gegen die Canyaj angewendet haben.”

“Mister Ukasi ist unser Taktikoffizier”, erklärte Sunfrost. “Und ich kann Ihnen sagen, dass es nicht gerade leicht ist, seine Anerkennung auf diesem Gebiet zu erwerben.”

Fairoglan neigte leicht den Kopf. “Ich habe getan ... was notwendig war”, sagte er. “Und Sie sollten jetzt tun, was notwendig ist.”

“Was genau meinen Sie damit, Fairoglan?”, fragte Sunfrost.

Für einen Moment begegnete sie dem Blick des Yroa. Irgendwie rechnete sie eigentlich damit, dass er ihr Gedanken sandte. Aber das tat er nicht. Sein Blick blieb rätselhaft.

“Zunächst möchte ich Sie beide fragen, weshalb die Canyaj Sie verfolgt haben.”

“Wer sagt, dass sie uns verfolgt haben?”, fragte Sunfrost.

“Das glaubt mein Klonzweitling Shafor. Und wenn ich mir unsere Begegnung im System des Flare-Sterns nochmal vor Augen führe, dann kann ich eigentlich sagen, dass er vermutlich Recht hat.”

“Wir besitzen nichts, was für die Canyaj interessant sein könnte”, erklärte Sunfrost. “Vergessen Sie nicht, dass unser technischer Standard weit unter dem dieser anorganischen Spezies liegt. Unsere Raumschiffe sind nicht einmal ansatzweise vergleichbar manövrierfähig. Und wenn Sie uns nicht gerettet hätten, wären wir den überlegenen Waffensystemen unserer Gegner zum Opfer gefallen.”

“Eben daran zweifelt Shafor - und ich inzwischen auch.”

“Wir hätten uns nicht mehr lange halten können und waren zweifellos kurz davor, von den Canyaj vernichtet zu werden.”

“Es sah eher danach aus, als wollten die Canyaj Ihr Schiff entern”, widersprach Fairoglan. “Und wenn Sie ehrlich sind, dann haben Sie das auch erkannt.”

Einige Augenblicke herrschte Schweigen.

Hat er meine Gedanken gelesen? Oder Shafor? Vielleicht auch beide ... Sunfrost dachte angestrengt nach. Sie hatte bei dieser Begegnung mit Fairoglan bisher keinerlei telepathische Berührung gespürt. Aber das heißt vielleicht nicht, dass es diese Berührung nicht gegeben hat!, dachte Sunfrost. Vielleicht will er nicht, dass ich es bemerke ...

“Die Frage bleibt unbeantwortet”, sagte Fairoglan: “Was haben die Canyaj an Bord Ihres Schiffes gesucht?”

“Ich kann mir nichts vorstellen, was für die Canyaj von Wert gewesen sein könnte”, erwiderte Sunfrost.

“Sie sind eins von insgesamt drei Schiffen des Space Army Corps der Humanen Welten, die es in diese Region der Galaxis verschlagen hat. Sie können nicht zurück, weil das Wurmloch, das Ihnen die weite Reise aus Ihrem Heimatsektor erlaubte, inzwischen aus Ihnen unbekannten Gründen nicht passierbar ist. Nachdem Sie zunächst mit Ihrem Schwesterschiff, der SONNENWIND, auf die Suche nach dem Ursprung mysteriöser Lichtsonden gemacht haben, trennten Sie sich schließlich. Die SONNENWIND sollte sich zu dem mutmaßlichen Ursprung des sogenannten Rufs begeben, der die Etnord und andere Spezies dieses Sektors erreicht und dazu veranlasst hat, sich an einen bestimmten Ort zu begeben und dabei die von Ihnen zuvor eroberten Welten aufzugeben.” Fairoglan hob den Kopf. “Habe ich das in etwa richtig zusammengefasst?”

“Wir haben ...”

“... bei unseren Begegnungen nie darüber gesprochen?”

“Zumindest nicht in dieser Ausführlichkeit.”

“Sie haben die Informationen auf ... anderem Weg gewonnen, nicht wahr?”

“Der Großteil davon wurde durch Shafors überragende Fähigkeiten auf diesem Gebiet erlangt, Captain Sunfrost. Ich selbst konnte aufgrund meines geringen Talents nur einen kleinen Beitrag dazu leisten, wie ich zugeben muss. Und im Übrigen ...” Er zögerte, ehe er weitersprach. Er begann dann, in seiner eigenen Sprache zu formulieren. Da Sunfrost ihren Translator nicht aktiviert hatte, vermochte sie nichts zu verstehen. Fairoglan schien das zu bemerken und fuhr dann in der Standard-Sprache der humanen Welten fort: “Ich bevorzuge grundsätzlich eine Kommunikation, bei der die Kommunikationspartner Informationen freiwillig austauschen.”

“In diesem Fall schien Ihnen dieser Grundsatz nicht ganz so wichtig gewesen zu sein.”

“Ich gebe zu, dass in diesem Punkt der Einfluss meines Klonzweitlings Shafor ausschlaggebend gewesen ist. Allerdings muss ich zugeben, dass uns das jetzt viel überflüssige Kommunikation erspart. Ich weiß, was Sie wollen und ich weiß, wie Ihre Situation ist und wie man eventuell zu einer Übereinkunft kommen kann.”

“Übereinkunft?”, echote Sunfrost.

Fairoglan ließ diesen Einwurf zunächst unbeantwortet. Möglicherweise hat das mit sprachlicher Unzulänglichkeit zu tun, und er hat eigentlich etwas anderes gemeint, dachte Sunfrost. Aber etwas anderes erschien ihr dann wahrscheinlicher. Wir werden wohl kaum Hilfe bekommen, wenn wir nicht irgendeine Art von Gegenleistung liefern!, war ihr plötzlich klar.

“Wenn Sie so viel über uns wissen, weshalb stellen Sie mir dann immer wieder die Frage danach, was die Canyaj wohl bei uns gesucht haben.”

“Weil es trotz all unserer Anstrengungen bisher nicht möglich gewesen ist, das zweifelsfrei herauszufinden und ich mir durch das Gespräch mit Ihnen erhoffe, in diesem Punkt etwas mehr an Erkenntnis zu gewinnen.”

“Dann sage ich es Ihnen jetzt noch einmal: Ich habe keine Ahnung und kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass irgendetwas an Bord der STERNENKRIEGER für die Canyaj von Nutzen gewesen sein könnte.”

“Dann ist es Ihnen vielleicht tatsächlich nicht bewusst ...”

“So wird es sein.”

“Die Lichtsonden, nach deren Ursprung sie suchen, werden von Ihnen in einem Zusammenhang mit den Hinterlassenschaften einer Spezies gesehen, die als die Erhabenen oder die Alten Götter bezeichnet werden.”

“Das ist richtig.”

“Sie haben sich darum bemüht, technisches Wissen der Alten Götter zu sammeln und mit Ihren eigenen Erkenntnissen zu verbinden. Da die Canyaj ebenso wie jeder sonst in diesem Universum versucht, in den Besitz dieses Wissens zu gelangen, könnte es sein, dass die Anorganischen in der Technik Ihres Raumschiffs und Ihren Datenbanken Spuren des Alte-Götter-Wissens entdeckt haben.”

“Und dann haben sie Blut geleckt”, meinte Robert Ukasi. “Das klingt logisch.”

Fairoglan sah Ukasi etwas irritiert an. “Ich glaube ehrlich gesagt kaum, dass die anorganischen Canyaj wissen, was Blut sein könnte”, sagte der Yroa.

Sunfrost sah Fairoglan aufmerksam an. “Darf ich Sie etwas fragen, Fairoglan?”

“Bitte!”

“Was ist denn Ihre Erklärung für die Lichtsonden? Und nun erzählen Sie mir nicht, dass Sie die nicht auch bemerkt und sich Gedanken darüber gemacht haben! So, wie Sie sicher auch eine Theorie dazu haben, was die Etnord veranlasst hat, ihr erobertes Reich aufzugeben und sich mit nahezu jedem einsatzfähigen Raumfahrzeug auf einen Exodus mit unbekanntem Ziel zu begeben!”

Fairoglan zögerte kurz. “Die Lichtsonden sind ein Quantenphänomen”, erklärte er.

“Diesen Verdacht hatten wir auch schon. Ich dachte eigentlich, dass Sie mir zusätzliche Informationen geben könnten.”

“Wir gehen wie Sie davon aus, dass es sich um ein Phänomen handelt, dass auf die Alten Götter zurückgeht beziehungsweise durch eine Technologie verursacht wurde, die von den Alten Göttern geschaffen wurde.”

“Aber Sie wissen es nicht.”

Fairoglan ging darauf nicht weiter ein. “Was die Etnord und ihren Rückzug betrifft, gibt es dazu unterschiedliche Theorien. Und das verstärkte Auftauchen von Canyaj in diesem Sektor spricht wohl dafür, dass das alles Teil eines größeren kosmischen Umbruchprozesses ist, von dem wir bisher weder Ursache noch Ergebnis sicher erkennen können. Aber es ist durchaus möglich, dass die Bewohner DIESER Kolonie dazu weitergehende Erkenntnisse besitzen und uns der Aufenthalt hier beide klüger macht.”

“Sie stammen nicht von hier?”

“Habe ich das je behauptet? Es ist lange her, dass mein Klonzweitling und ich die Kolonie Kala-Dar zuletzt aufgesucht haben. Und davon abgesehen gibt es so viele Yroa-Kolonien ... Sie sind zahllos und wahrscheinlich kennt niemand alle von ihnen, zumal es auch Kolonien in parallelen Universen und Zeitlinien gibt ...”

“Kolonien in parallelen Universen?”

“Denken Sie nicht zu lange über meine unbedachte Bemerkung nach, Captain Sunfrost. Sie hat für unser gegenwärtiges Gespräch keine Bedeutung.”

“Das mag sein.”

“Sehen Sie die Tatsache, dass ich viel über Sie weiß, als Vorteil. Ich weiß so auch sehr gut, wie man Ihnen helfen kann. Sie brauchen jemanden, der Ihr Schiff instand setzt. Sie möchten vermutlich Kontakt mit den anderen Schiffen Ihres Verbandes aufnehmen, was Sie bisher weitgehend vermieden haben, um nicht die Aufmerksamkeit Ihrer Feinde zu erregen - was ich durchaus verstehen kann.”

“Heißt das, Sie wären in der Lage, einen derartigen Kontakt herzustellen, ohne dass die Gefahr bestünde, dass unsere Feinde davon erführen?”

Fairoglan ging darauf nicht weiter ein.

Es schien für ihn selbstverständlich zu sein und keiner weiteren Erläuterung zu bedürfen.

Er fuhr fort: “Sie werden außerdem in Folge der Kampfhandlungen, die hinter Ihnen liegen, Verletzte an Bord haben. Möglicherweise benötigen Sie fortgeschrittene medizinische Hilfe, die Ihre derzeitigen Fähigkeiten übersteigt.”

“Sie haben anscheinend ein umfassendes Bild von dem, was wir brauchen”, stellte Sunfrost fest. Die Yroa haben sich offenbar intensiv mit unserer Situation beschäftigt und sie analysiert, ging es ihr durch den Kopf. Das Ganze scheint am Ende auf eine Art Handel hinauszulaufen ... Ich bin nur gespannt, wo der Pferdefuß bei der ganzen Angelegenheit ist!

So fantastisch die Kolonie Kala-Dar in den Augen eines Menschen der Erde auch erscheinen mochte, ein Schlaraffenland war sie mit Sicherheit nicht.

“Darüber hinaus nehme ich an, dass Sie gerne sämtliche Informationen hätten, die Ihnen bei der Erledigung Ihrer Aufgabe, das Rätsel der Lichtsonden und aller mit ihnen in Verbindung stehenden Ereignisse der letzten Zeit in diesem galaktischen Sektor zu lösen, helfen könnten.”

“Sie klingen wie jemand, der für etwas Werbung machen will”, sagte Sunfrost.

“Werbung?”, echote Fairoglan. “Ich kann mit diesem Begriff nicht allzu viel anfangen, obwohl ich die Grundbedeutung kenne. In dem Zusammenhang, in dem Sie allerdings von diesem Begriff sprechen, erscheint er mir ... irritierend.”

“Es war nicht meine Absicht, Sie zu irritieren, Fairoglan.”

“Anscheinend haben wir nicht nur auf linguistischer Ebene noch ein paar Verständnisprobleme. Aber dafür, dass wir erst eine relativ kurze Zeitspanne einen kommunikativen Kontakt hatten, finde ich, dass das schon ganz gut klappt.” Fairoglan machte eine Pause. Er wandte einen kurzen Blick in Robert Ukasis Richtung. Ob der Yroa zu erfassen vermochte, dass Ukasis Gesicht skeptisch wirkte, war zu bezweifeln. “Sie können all das bekommen, was ich gerade aufgezählt habe.”

“Das ist sehr großzügig und mehr als wir zu hoffen gewagt haben”, sagte Sunfrost.

“Wie Sie sich denken können, gibt es kaum irgendwo eine Leistung ohne Gegenleistung.”

Jetzt kommt er also auf den Punkt, dachte Sunfrost. Diesen Moment hatte sie lange erwartet.

“Was wollen Sie von uns als Gegenleistung?”, fragte Sunfrost.

“Die höchste Währung, mit der in allen Yroa-Kolonien gehandelt wird, ist Information.”

“Nun, die Information, die Sie von mir haben wollten, konnte ich Ihnen nicht geben. Ich weiß nicht, was die Canyaj an Bord der STERNENKRIEGER gesucht haben.”

“Das war eher eine Information, die Shafor und mich interessiert hätte. Aber diejenigen, die Ihnen helfen werden, möchten eine andere Art von Information von Ihnen.”

“Was für Informationen?”

“Die Information, die in den genetischen Codes Ihrer Besatzungsmitglieder enthalten ist.”

“Unsere DNA? Wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie von all unseren Besatzungsmitgliedern DNA-Proben entnehmen?”

“Nein, das ist nicht notwendig. Die DNA Ihrer Crew ist längst gescannt worden. Aber es widerspricht unseren Gesetzen, diese Codes zu nutzen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen.”

“Dann sind Sie eine Spezies von DNA-Händlern?”, warf Ukasi ein.

Fairoglans Gesicht blieb vollkommen ungerührt. “Man könnte das so bezeichnen. Höchstmögliche genetische Diversität ist ein hohes Gut in unserer Kultur. Da wir uns üblicherweise durch Klonen vermehren, ist das ein nicht zu unterschätzender Aspekt, wenn es darum geht, unsere Zivilisation entwicklungsfähig zu halten und vor Fehlentwicklungen zu bewahren.”

“Was geschieht mit diesen Daten, die sie ja offenbar bereits in Ihrem Besitz haben?”, fragte Sunfrost.

“Nicht ich habe diese Daten in Besitz, sondern die Kolonie. Ihr Schiff wurde beim Einflug in die Kugelsphäre komplett im Hinblick auf genetische Informationen hin gescannt. Das geschieht routinemäßig. Wir haben auch solche Scans durchgeführt, als wir Ihrem Schiff zum ersten Mal begegneten, allerdings nicht ganz so umfassende. Und zudem kam Shafor zu dem Ergebnis, dass die Gen-Codes Ihrer Besatzungsmitglieder uninteressant sind und uns keine Provision einbringen.”

“Provision?”, echote Sunfrost.

Anscheinend basierte die Zivilisation der Yroa tatsächlich auf den Handel mit Gen-Daten. Wahrscheinlich haben wir gar keine andere Wahl, als uns auf diesen Deal einzulassen - was immer er letztlich auch für uns bedeuten mag, ging es Sunfrost durch den Kopf. Denn eins steht fest: Wir sind in jeder Hinsicht auf die Hilfe der Yroa angewiesen. Und wenn sie uns aus ihrer Kugelsphäre hinausjagen, dann warten vermutlich schon die Canyaj-Schiffe darauf, uns doch noch in ihre Fänge zu kriegen - aus welch geheimnisvollem Grund auch immer!

Fairoglan fuhr indessen fort: “Dem Sammler einer neuen Gen-Information steht eine Provision zu, wenn die Daten einer Kolonie zugeführt werden.”

“Und ich nehme an, Sie sehen sich in diesem Fall als der Sammler an.”

“Ich und mein Klonzweitling Shafor - ja! Denn durch uns gelangte die Gen-Information in die Kolonie.”

“Das ist also der Grund dafür, dass wir gerettet wurden!”

“Nein, das ist nicht der Grund”, widersprach Fairoglan.

“Das müssen sie mir erklären.”

“Mein Klonzweitling Shafor war strikt dagegen, Ihnen zu Hilfe zu kommen. Ihre Gen-Informationen hielt er für wertlos. Und die Canyaj hätten uns gefährlich werden können. Sie sind unangenehme Gegner.”

“Was ich nur bestätigen kann. Wie konnten Sie sich gegen Ihren Klonzweitling durchsetzen? Ich dachte, er sei in jeder Hinsicht ...”

“... stärker?”

Sunfrost nickte. “Das beschreibt es wohl zutreffend, oder?”

“Bei Ihren ist es üblich, den Kopf nach vorn zu beugen, um Zustimmung zu signalisieren, nicht wahr? Sie nennen das nicken.”

“Es gibt Kulturen innerhalb der menschlichen Spezies, bei denen nicken genau das Gegenteil bedeutet”, sagte Sunfrost. “Aber mir scheint, Sie weichen der Beantwortung meiner Frage aus.”

Fairoglans Gesicht zeigte jetzt eine Regung, die Sunfrost allerdings beim besten Willen nicht zu interpretieren wusste. Was sie sah, erschien ihr wie eine groteske Mischung aus einem Lächeln und einer Grimasse. Außerdem wurden die Augen des Yroa etwas größer.

“Sie haben Recht”, sagte er. “Alles, was sich zwischen einem Yroa und seinem Klonzweitling abspielt, verlässt normalerweise die Sphäre beiderseitiger Privatheit nicht. Ich werde also über die genauen Umstände, die dazu geführt haben, dass im Endeffekt meiner Sichtweise gefolgt wurde, nicht sprechen.”

“Und was ist mit der Verwendung der Gen-Daten? Züchten Sie ... Klone aus uns?”

“Das könnten wir. Aber in der Praxis dürfte dies eher selten der Fall sein. Normalerweise werden die Gen-Daten von Kolonie-Besuchern verwendet, um Bewohner mit größerer genetischer Varianz für die noch unbesiedelten Areale der Kolonie zu erschaffen. Oder diese Daten werden Bewohnern eingepflanzt, um ihre jeweilige genetische Varianz zu erhöhen. Das hat eine ganze Reihe von positiven Auswirkungen, wie sich in dem langen Verlauf unserer Geschichte herausgestellt hat. Es gibt doch nicht irgendwelche Einwände dagegen?”

“Ich nehme an, Sie haben Recht und wir haben keine andere Wahl!”

“Mein Klonzweitling Shafor und ich stellen unsere Gen-Daten dieser Kolonie ebenfalls zur Verfügung - als Ausgleich für umfangreiche Versorgungsleistungen, die uns hier zuteil werden. Dann sollte Ihnen und Ihrer Besatzung das auch möglich sein.”

“Ich werde mich in diesem Punkt mit meiner Besatzung beraten”, erklärte Sunfrost.

“Es gibt anscheinend doch Einwände Ihrerseits ...”

“Nennen wir es ethische Vorbehalte, die mit unserer Kultur zusammenhängen ...”

“Dann haben Sie gar nicht die absolute Befehlsgewalt über Ihr Schiff und die Besatzung, wie ich bis jetzt annahm?”

“Drücken wir es so aus: Obwohl mir bewusst ist, dass wir kaum eine andere Wahl haben, als dem Ganzen zuzustimmen, werde ich die Besatzung zunächst konsultieren müssen.”

“Gut. Tun Sie, was immer notwendig sein sollte, Captain Sunfrost.”

“Danke.

“Ihnen stehen all die Leistungen, die ich bereits erwähnte, zur vollen Verfügung, wenn Sie mit der Gen-Datennutzung Ihrer Crew durch die Kolonie einverstanden sind.”

“Und falls nicht?”, fragte Sunfrost.

“Darüber wollen wir gar nicht erst nachdenken, Captain Sunfrost.”

“Ich auch nicht”, gab Sunfrost zu.

“Ich werde Sie jetzt, unabhängig davon, wie sich Ihre Crew entscheidet, noch über ein paar Regelungen und Gesetze informieren, die Sie und Ihre Leute beachten sollten.”

“Ich bin ganz Ohr”, sagte Sunfrost.

“Sie können sich innerhalb der Kolonie frei bewegen und alle öffentlichen Einrichtungen und Transportmittel benutzen. Sie bekommen einen Datensatz mit den Gesetzen der Kolonie, an die Sie sich halten müssen. Und beachten Sie, dass es autonome Enklaven innerhalb der Kolonie gibt, in der eigene Gesetze herrschen, über die Sie sich informieren müssen, bevor Sie diese Areale betreten.”

“Wie bekomme ich die Daten?”

“Durch eine Transmission in Ihr Bordsystem.”

“Gut.”

“Bedenken Sie, dass Aufzeichnen jeglicher Daten gestattet ist, insbesondere genetischer Daten. Die Benutzung dieser Daten unterliegt aber der Notwendigkeit einer gültigen Lizenzierung.”

“Unsere Biotechnologie ist im Vergleich zu den Möglichkeiten, über die man hier offenbar verfügt, noch in den Kinderschuhen”, stellte Sunfrost fest. “Insofern besteht wohl kein Anlass anzunehmen, dass wir derartige Daten benutzen könnten - zumindest nicht in dem Sinn, den das in Ihrem Sprachgebrauch hat.”

“Wie ich sehe, haben Sie verstanden, was ich Ihnen zu sagen versucht habe.”

“Die Voraussetzung ist unsere Zustimmung zur Nutzung unserer eigenen Gen-Daten, nicht wahr?”

“So ist es, Captain Sunfrost. Ohne diese Zustimmung wird für Sie und Ihre Crew hier in Kala-Dar nichts weitergehen. Geben und Nehmen. Dieses Prinzip gilt universell.”

“Ich verstehe”, murmelte Sunfrost.


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